Längere Kündigungsfristen, die in sog. Altmietverträgen, d. h. in Verträgen, die vor Inkrafttreten der Mietrechtsreform am 1.9.2001 geschlossen wurden, enthalten sind, galten nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB aus Vertrauensschutzgründen weiter, wenn die Fristen zwischen den Parteien seinerzeit "durch Vertrag" vereinbart worden sind. Hierzu hat der BGH entschieden, dass in diesem Fall auch der Mieter an die längeren Fristen gebunden bleibt – unabhängig davon, ob diese individuell vereinbart, d. h. ausgehandelt wurden, oder lediglich in einer vorgedruckten Klausel des Formularmietvertrags enthalten sind, die letztlich nur die früher geltenden gesetzlichen Kündigungsfristen wörtlich oder sinngemäß wiedergibt.[1]

Diese Rechtsprechung wurde durch den Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des EGBGB vom 26.5.2005[2] unterlaufen. Danach gelten bei Kündigungen durch den Mieter, die dem Vermieter nach dem 1.6.2005 zugegangen sind, die längeren Kündigungsfristen des § 565 Abs. 2 BGB a. F. (6 bis 12 Monate) nur noch dann, wenn sie seinerzeit individuell vereinbart, d. h. ausgehandelt wurden. Sind die längeren Fristen dagegen lediglich in einer vorgedruckten Klausel eines Formularmietvertrags enthalten, liegt keine wirksame Vereinbarung vor. In diesem Fall muss der Mieter auch bei der Kündigung eines Altmietvertrags – unabhängig von der Mietdauer – immer nur die neue gesetzliche Kündigungsfrist von 3 Monaten einhalten.

 
Hinweis

Beweis des "Aushandelns" ist schwierig

Für die Praxis hat diese gesetzliche Regelung zur Folge, dass grundsätzlich nur noch die neue gesetzliche Kündigungsfrist von 3 Monaten zur Anwendung kommt, da der Vermieter den ihm obliegenden Beweis des "Aushandelns" der längeren Kündigungsfrist in aller Regel nicht erbringen kann.

Für die Vermieterkündigung sollen dagegen vertragliche Verlängerungen der Kündigungsfristen immer weiter gelten (z. B. bei der Eigenbedarfskündigung 12 Monate statt 9 Monate), unabhängig davon, ob der Vertrag vor oder nach dem 1.9.2001 abgeschlossen wurde und ob es sich um einen Formular- oder einen Individualvertrag handelt.[3]

Ferner liegt keine wirksame Vereinbarung über abweichende, z. B. zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende gesetzliche Kündigungsfristen vor, wenn eine Formularklausel in einem vor dem 1.9.2001 abgeschlossenen Wohnungsmietvertrag auf die "gesetzlichen Kündigungsfristen" und auf eine formularmäßige Fußnote verweist, in der den dort aufgeführten Kündigungsfristen der Zusatz "zurzeit (zzt.)" vorangestellt ist.[4]

Unbeschadet der kurzen gesetzlichen Kündigungsfrist von 3 Monaten, die seit Inkrafttreten der Mietrechtsreform (1.9.2001) grundsätzlich für die Kündigung eines Wohnungsmietverhältnisses durch den Mieter gilt, sind vertragliche Verlängerungsklauseln in Mietverträgen, die vor Inkrafttreten der Mietrechtsreform abgeschlossen wurden, weiterhin wirksam. Ein am 1.9.2001 bereits bestehendes Wohnungsmietverhältnis, das auf bestimmte Zeit abgeschlossen und bei dem vereinbart wurde, dass es sich mangels Kündigung (mit gesetzlicher Frist) jeweils um einen bestimmten Zeitraum (z. B. um jeweils 1 Jahr) verlängert, kann auch jetzt nur zu dem im Vertrag vereinbarten Ablauftermin gekündigt werden.[5]

Gleiches gilt für ein nach § 564c BGB a. F. begründetes Wohnraummietverhältnis mit Verlängerungsklausel, wonach sich dieses Mietverhältnis nicht verlängert, wenn eine der Parteien rechtzeitig widerspricht. Ein solches Mietverhältnis kann nur unter Einhaltung der Kündigungsvoraussetzungen der §§ 564b, 565, 565a BGB a. F. zum jährlich vereinbarten Ablauftermin beendet werden.[6]

 
Praxis-Beispiel

Altmietverhältnis

Bei einem Mietverhältnis, das am 1. August 1991 begonnen hat, auf die Dauer von 7 Jahren abgeschlossen worden ist und bei dem vereinbart wurde, dass es sich jeweils um 1 Jahr verlängert, falls es nicht mit der gesetzlichen Frist gekündigt wird, kann eine Kündigung (unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von 3 Monaten) nur jeweils zum 31. Juli eines Jahres erfolgen.

Insofern liegt auch kein Verstoß gegen § 565 Abs. 2 Satz 4 BGB a. F. vor, wenn eine Kündigungsmöglichkeit ausschließlich zum Ende eines bestimmten Kalendermonats besteht.[7]

Gleiches gilt sogar dann, wenn sich das Mietverhältnis nach der vertraglichen Verlängerungsklausel mangels Kündigung um jeweils 5 Jahre verlängert.[8] Eine solche Klausel widerspricht insbesondere nicht § 565 Abs. 2 BGB a. F., der eine Kündigungsfrist von höchstens 12 Monaten vorsah und abweichende Vereinbarungen für unwirksam erklärte, da die Vorschrift auf befristete Mietverhältnisse mit Verlängerungsklauseln nicht anwendbar ist. Ferner liegt auch keine unangemessene Benachteiligung des Mieters gem. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB vor, da ein mit der wiederkehrenden Befristung des Mietverhältnisses verbundener, vorübergehender, beiderseitiger Kündigungsausschluss keine grundlegenden Rechte des Mieters einschränkt. Schließlich benachteiligt eine solche Vertragsklausel den Mieter auch nicht unangemessen entgege...

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