Leitsatz

1. Hat der Mieter dem Vermieter eine Einzugsermächtigung erteilt, so ist dieser verpflichtet, die Miete im Lastschriftverfahren einzuziehen. Der Mieter muss lediglich dafür sorgen, dass sein Konto eine ausreichende Deckung aufweist. Solange dies der Fall ist, kommt der Mieter nicht in Verzug. Dagegen tritt Verzug ein, wenn die Abbuchung mangels Kontodeckung scheitert.

2. Hinsichtlich der künftig fällig werdenden Mieten gilt dies nur dann, wenn die Anhaltspunkte für eine mangelnde Deckung so konkret sind, dass es treuwidrig wäre, wenn sich der Mieter weiterhin auf die bestehende Einzugsermächtigung berufen könnte. Ein vorübergehender Liquiditätsengpass reicht hierfür ebenso wenig aus wie der Umstand, dass vorangegangene Versuche zum Einzug der Miete gescheitert sind.

(Leitsätze der Redaktion)

 

Normenkette

BGB §§ 286 Abs. 4, 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3

 

Kommentar

Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über Ladenräume zum Betrieb eines Metzgereifachgeschäfts zu einer Monatsmiete von zuletzt ca. 10.000 EUR. Die Bezahlung der Miete erfolgte über mehrere Jahre problemlos über eine dem Vermieter erteilte Einzugsermächtigung. Ab Februar 2007 traten beim Mieter Liquiditätsprobleme auf, die zur Folge hatten, dass sein Konto nicht mehr die zur Bezahlung der Miete erforderliche Deckung aufwies. Deshalb kam es in der Zeit von Februar bis Mai 2007 zu Lastschriftrückgaben. Der Mieter hat die Mieten für diese Monate (verspätet) per Überweisung bezahlt. Hinsichtlich der Mieten für die Monate Juni und Juli 2007 hat der Vermieter von der Einzugsermächtigung keinen Gebrauch gemacht. Stattdessen hat er das Mietverhältnis im Juli 2007 fristlos wegen Zahlungsverzugs gekündigt und den Mieter auf Räumung und Herausgabe in Anspruch genommen. Das Gericht hatte zu entscheiden, ob die Kündigung trotz der noch bestehenden Einzugsermächtigung wirksam ist.

Es hat die Kündigung für unwirksam erachtet und die Räumungsklage abgewiesen: Die rechnerischen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB lagen zwar am 3. Werktag des Juli 2007 zweifelsfrei vor, weil zu diesem Zeitpunkt die Mieten für Juni und Juli 2007 rückständig waren. Fraglich ist allerdings, ob die Verzugsvoraussetzungen gegeben sind. Nach § 286 Abs. 4 BGB kommt der Schuldner nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Grundsätzlich hat der Mieter die Miete dem Vermieter an dessen Wohnsitz zu übermitteln (sog. Schickschuld, § 270 Abs. 1 BGB). Hat der Mieter dem Vermieter aber eine Einzugsermächtigung erteilt, ist dieser verpflichtet, die Miete im Lastschriftverfahren einzuziehen; die Schickschuld wandelt sich dann in eine Holschuld um (BGH, Urteil v. 7.12.1983, VIII ZR 257/82, NJW 1984, 871 unter Ziff. 3a). Der Mieter muss lediglich dafür sorgen, dass sein Konto eine ausreichende Deckung aufweist. Solange dies der Fall ist, kommt der Mieter nicht in Verzug. Dagegen tritt Verzug ein, wenn die Abbuchung mangels Kontodeckung scheitert.

Fraglich ist, ob der Vermieter in diesem Fall auch hinsichtlich der künftigen Mieten von der Verpflichtung zum Einzug entbunden ist. Das Gericht geht davon aus, dass die Verpflichtung des Vermieters fortbesteht. Eine Ausnahme gilt, wenn die Anhaltspunkte für eine mangelnde Deckung so konkret sind, dass es treuwidrig wäre, wenn sich der Mieter weiterhin auf die bestehende Einzugsermächtigung berufen könnte. Ein vorübergehender Liquiditätsengpass reicht hierfür ebenso wenig aus wie der Umstand, dass vorangegangene Versuche zum Einzug der Miete gescheitert sind.

Hiervon ist die Frage zu unterscheiden, ob der Vermieter eine Vereinbarung über eine Lastschriftabrede einseitig widerrufen kann. Das Gericht hat diese Frage offengelassen. Ein Widerruf setzt jedenfalls nicht nur einen wichtigen Grund, sondern auch die "unmissverständliche Mitteilung" voraus, dass der Vermieter von der Möglichkeit des Lastschriftverfahrens künftig keinen Gebrauch mehr machen werde. Eine solche Erklärung hat der Vermieter aber nicht abgegeben.

Anmerkung

Die Verpflichtung des Mieters zur Erteilung einer Einzugsermächtigung ist auch durch Formularvertrag wirksam, soweit es sich um regelmäßig in gleicher Höhe wiederkehrende Beträge (also um die Grundmiete und die Betriebskostenvorauszahlungen) handelt (BGH, Urteil v. 10.1.1996, XII ZR 271/94, NJW 1996, 998). Aus Gründen der Rechtsklarheit sollte in einem solchen Fall geregelt werden, dass die Vereinbarung aus wichtigem Grund widerrufen werden kann. Kommt es beim Einzug der Mieten aufgrund mangelnder Kontendeckung zu Problemen, sollte der Vermieter zunächst die Widerrufserklärung abgeben. Erst dann ist es Sache des Mieters, für eine Überweisung der Miete zu sorgen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Urteil vom 02.06.2008, 5 U 20/08OLG Stuttgart, Urteil v. 2.6.2008, 5 U 20/08, ZMR 2008, 967

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