Leitsatz

  1. Der Umstand, dass ein Steuerpflichtiger die Vermögenssituation von ihm akquirierter Kunden analysiert, um ihnen zu Krediten zu verhelfen, steht der Anerkennung einer von der Steuer befreiten Leistung der Vermittlung von Krediten im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der 6. EG-Richtlinie nicht entgegen, wenn die von diesem Steuerpflichtigen angebotene Leistung der Vermittlung von Krediten im Licht der vorstehenden Auslegungshinweise als die Hauptleistung anzusehen ist, zu der die Vermögensberatung eine Nebenleistung ist, sodass sie das steuerliche Schicksal der erstgenannten Leistung teilt. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob dies in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit der Fall ist.
  2. Der Umstand, dass ein Steuerpflichtiger zu keiner der Parteien eines Kreditvertrags, zu dessen Abschluss er beigetragen hat, in einem Vertragsverhältnis steht und mit einer der Parteien nicht unmittelbar in Kontakt tritt, schließt nicht aus, dass dieser Steuerpflichtige eine von der Steuer befreite Leistung der Vermittlung von Krediten im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der 6. EG-Richtlinie erbringt.
 

Problematik

Der Kläger ist auf der Grundlage eines Handelsvertretervertrags als selbstständiger Vermögensberater für die Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG) tätig. Die DVAG vermittelt Privatpersonen über ihren als Vermögensberater tätigen Untervertreter verschiedene Finanzprodukte wie etwa Kredite, deren allgemeine Bedingungen sie zuvor mit den kreditgebenden Finanzinstituten festgelegt hat.

Die Tätigkeit des Vermögensberaters besteht zum einen darin, Kunden in Bezug auf ihre Finanzsituation zu beraten, und zum anderen darin, darauf hinzuwirken, dass sie bei Bedarf einen Kreditvertrag abschließen. Für diese Tätigkeit erhält er als Vergütung einen Teil der von den kreditgebenden Finanzinstituten an die DVAG gezahlten Provision, wobei diese Vergütung davon abhängig ist, dass der Vermögensberater als Untervertreter der DVAG den Abschluss eines Kreditvertrags zwischen diesen Instituten und den von ihm akquirierten Kunden vermittelt.

Der EuGH bewertete die Beratungsleistung als Nebenleistung zur Vermittlung als Hauptleistung, zumal die Leistung des Untervertreters nur bei Abschluss eines Kreditvertrags vergütet wurde. Für die Kreditnehmer und kreditgebenden Finanzinstitute war die Kreditvermittlung ohnehin die Hauptleistung. So erhielt der Vermögensberater von der DVAG als Untervertreter eine Provision in Höhe von netto 267 EUR, nachdem er im ersten Quartal 2005 einen Kreditvertrag vermittelt hatte. Er ging von einem nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfreien Vermittlungsumsatz aus. Dagegen verneinte das Finanzamt eine Vermittlungsleistung, weil der Vermögensberater kein unmittelbares Vertragsverhältnis zum Kreditgeber hatte.

Die Fragen des Finanzgerichts zur Auslegung der Vermittlung i. S. v. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der 6. EG-Richtlinie richteten sich darauf, ob der Begriff der Vermittlung im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der 6. EG-Richtlinie voraussetzt, dass ein Vertragsverhältnis zwischen dem Dienstleister, der Kredite vermittelt, und einer der Parteien des jeweiligen Kreditvertrags besteht, und zum anderen, ob, wenn dies nicht der Fall ist, für den Anspruch auf die Steuerbefreiung nach Nr. 1 dieser Vorschrift ein unmittelbarer Kontakt zwischen dem Dienstleister und beiden Parteien des Kreditvertrags erforderlich ist.

Der EuGH ging davon aus, dass die 6. EG-Richtlinie den in Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 1 bis 5 verwendeten Begriff "Vermittlung" nicht definiert. Im Kontext von Nr. 5 dieser Bestimmung hat der Gerichtshof allerdings entschieden, dass sich dieser Begriff auf eine Tätigkeit bezieht, die von einer Mittelsperson ausgeübt wird, die nicht die Stellung einer Partei eines Vertrags über ein Finanzprodukt hat und deren Tätigkeit sich von den typischen vertraglichen Leistungen unterscheidet, die von den Parteien solcher Verträge erbracht werden. Denn die Vermittlungstätigkeit ist eine Dienstleistung, die einer Vertragspartei erbracht und von dieser als eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird. Zweck dieser Tätigkeit ist es insoweit, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, ohne dass der Vermittler ein Eigeninteresse am Inhalt des Vertrags hat. Dagegen handelt es sich nicht um eine Vermittlungstätigkeit, wenn eine der Vertragsparteien einen Subunternehmer mit einem Teil der mit dem Vertrag verbundenen Sacharbeit betraut[1].

Die Erforderlichkeit eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Vermittler und einer der Vertragsparteien verneinte der EuGH. Denn die nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der 6. EG- Richtlinie von der Steuer befreiten Umsätze werden durch die Art der erbrachten Dienstleistungen und nicht durch den Erbringer oder den Empfänger der Leistung definiert. Dies gilt auch für die Art der Beziehung zwischen dem Vermittler und den Vertragsparteien, da der Wortlaut von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der 6. EG-Richtlinie insoweit keinerle...

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