Grundsätzlich verleiht § 10 Abs. 2 WEG einen Anspruch auf Änderung einer Vereinbarung, wenn schwerwiegende Gründe dies rechtfertigen. Das Festhalten an einer Regelung muss unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere im Hinblick auf die Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer unbillig erscheinen. Die Eingriffsschwelle ist demnach erheblich. Ein Anspruch auf Änderung einer Vereinbarung bezüglich der Kostenverteilung ist erst ab einer Mehrbelastung von 25 % denkbar. Dies gilt unabhängig davon, ob die Kostenregelung von Anfang an verfehlt war oder aufgrund geänderter Umstände unbillig erscheint.[1] Vor diesem Hintergrund kann ein vereinbarter Kostenverteilungsschlüssel, nach dem ein Wohnungseigentümer gegenüber anderen Wohnungseigentümern in einer Größenordnung von 7,3 % mehr belastet wird, nicht als unbillig angesehen werden.[2] Eine Unbilligkeit, die einen Abänderungsanspruch begründen könnte, liegt auch bei einer Mehrbelastung von lediglich 13 % nicht vor.[3]

 

Seit Inkrafttreten des WEMoG ist zu differenzieren

Das am 1.12.2020 in Kraft getretene WEMoG hat die Rechtslage geändert, weshalb nunmehr zu differenzieren ist. Die früheren gesetzlichen Öffnungsklauseln des § 16 Abs. 3 und Abs. 4 WEG a. F. waren durch Vereinbarung nicht abdingbar. Bedeutung hatte der Anspruch auf Abänderung eines vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels lediglich in den Fällen, in denen ein Wohnungseigentümer eine dauerhafte Änderung der Kostenverteilung von Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung, der Modernisierung des Gemeinschaftseigentums oder einer baulichen Veränderung begehrte. Hier bestand nämlich keine Beschlusskompetenz. In allen übrigen Fällen hatte der Wohnungseigentümer, der eine Kostenverteilungsänderung durchsetzen wollte, eine Beschlussfassung auf Grundlage von § 16 Abs. 3 bzw. Abs. 4 WEG a. F. zu initiieren. Für den Fall, dass ein entsprechender Mehrheitsbeschluss nicht zustande kam, war im Zuge der Anfechtung des entsprechenden Negativbeschlusses ein Antrag auf Beschlussersetzung nach § 21 Abs. 4 i. V. m. Abs. 8 WEG a. F. zu stellen.

Der Gesetzgeber des WEMoG wollte die Vereinbarungskompetenz der Wohnungseigentümer weitestgehend nicht beschneiden. Insoweit ist die für die Kostenverteilungsänderung in erster Linie bedeutsame Bestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG durch Vereinbarung abdingbar. 2 Situationen sind zu unterscheiden, soweit insbesondere in der Gemeinschaftsordnung bestimmte Mehrheitsquoren für Beschlüsse über Kostenverteilungsänderungen vorgesehen sind:

  1. Altvereinbarung
  2. Neuvereinbarung

Altvereinbarung

Aufgrund der durch das WEG-Modernisierungsgesetz 2007[4] in das Gesetz eingefügten Öffnungsklauseln des § 16 Abs. 3 und Abs. 4 WEG a. F. und die in § 16 Abs. 5 WEG a. F. angeordnete Unabdingbarkeit dieser Beschlusskompetenzen, waren und sind abweichende Regelungen in Vereinbarungen der Wohnungseigentümer unwirksam geworden. Auch mit Inkrafttreten des WEMoG hat sich hieran nichts geändert und nicht etwa zum Aufleben der unwirksamen Regelungen geführt. Maßgeblich bleibt in diesen Fällen allein die Bestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG.

§ 10 Abs. 2 WEG ist für diese Fälle bedeutungslos. Fühlt sich einer der Wohnungseigentümer durch den geltenden Kostenverteilungsschlüssel benachteiligt, kann er einen Beschluss über eine Kostenverteilungsänderung initiieren. Findet dieser keine Mehrheit, kann er Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG erheben. Im Fall unbilliger Benachteiligung ersetzt dann das Gericht den Kostenverteilungsänderungsbeschluss.

Neuvereinbarung

Da die Bestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG abdingbar ist, können Vereinbarungen seit 1.12.2020 auch bestimmte Beschlussquoren in Abweichung von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG grundsätzlich oder für einzelne Kostenarten vorsehen oder gar eine Kostenverteilungsänderung ganz ausschließen. Für den letzten, aber wohl kaum praxisrelevanten Fall ist nun § 10 Abs. 2 WEG von Bedeutung, da keine Beschlusskompetenz zur Änderung der Vereinbarung besteht.

 

Anfechtung des Beschlusses über die Festsetzung der Nachschüsse auf Grundlage der Jahresabrechnung genügt niemals

Eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels kann nur durch entsprechende ausdrückliche Beschlussinitiative herbeigeführt werden, nicht aber lediglich durch Anfechtung des Beschlusses über die Festsetzung der Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG auf Grundlage der Jahresabrechnung.[5]

2.2.1 Kostenarten

Gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG hat jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung und insoweit auch einen Anspruch auf eine interessengerechte Kostenverteilung. Insowei...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge