1. Ausgangslage

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 30.6.2016 befasst sich mit der konkreten Bedarfsberechnung beim Kindesunterhalt und mit der Frage der Abzugsfähigkeit von Kosten, die ein berufstätiger Elternteil für die Betreuung der gemeinsamen Kinder aufwenden muss.

2. Inhalt der Entscheidung

Aus der im Jahr 2005 geschlossenen Ehe der Antragstellerin, die als Leiterin Key Account Management im Umfang von 34 Wochenstunden arbeitet, mit dem Antragsgegner, der als Vertriebsleiter ein monatliches Nettoeinkommen von 7.877 EUR erzielt, sind die Söhne H C, geboren am 5.8.2006, und K W, geboren am 11.5.2008, hervorgegangen. Die Kinder besuchen die Grundschule. Im Juni 2009 stellten die Eltern eine Kinderfrau ein, die zum 1.10.2011 durch eine ausgebildete Kinderkrankenschwester als Kinderfrau ersetzt wurde. Beide wurden zunächst auf den Namen des Antragsgegners bei der Minijob-Zentrale angemeldet. Im April 2014 kündigte der Antragsgegner von dem gemeinsamen Konto der Beteiligten ausgehende Daueraufträge, darunter auch denjenigen für die Kinderfrau und die Wohnungsmiete. Seither trägt die Antragstellerin die Kosten für die Kinderfrau.

Seit Mai 2014 leben die Beteiligten endgültig getrennt. Die Antragstellerin verblieb mit beiden Kindern in dem ehelichen Haus. Unter dem 12.5.2014 errichtete der Antragsgegner vor dem Jugendamt Düsseldorf für jedes Kind drei Jugendamtsurkunden über die Verpflichtung zum Unterhalt: eine über die Zahlung von 160 % des Mindestunterhalts abzüglich des anrechenbaren hälftigen Kindergeldes für die Zeit ab dem 1.6.2014, eine weitere über die Zahlung eines monatlichen Krankenkassenbeitrags von 200 EUR, ebenfalls für die Zeit ab dem 1.6.2014, und eine dritte über die Zahlung hälftigen Schulgeldes von monatlich 75 EUR, und zwar für H C für die Zeit ab dem 1.6.2014 2014 und für K W für die Zeit ab dem 1.8.2014.

Die Antragstellerin begehrt Kindesunterhalt. Sie hält auf der Grundlage des monatlichen Nettoeinkommens des Antragsgegners von 7.877 EUR und einer konkreten Bedarfsbemessung einen Elementarbedarf je Kind von monatlich insgesamt 1.262 EUR für gerechtfertigt, weil sich ein erhöhter Bedarf hinsichtlich der Bedarfsposten Wohnkosten, Wohnnebenkosten einschließlich Putzfrau, Bekleidung, Freizeit, Bildung, Beherbergung einschließlich Urlaubsreisen, Waren und Dienstleistungen sowie im Hinblick auf die Kosten des Schulessens ergebe. Die Aufwendungen von monatlich 495,04 EUR je Kind für die Kinderfrau seien als Mehrbedarf der Kinder zu werten. Der Antragsgegner habe angesichts der Relation der Einkünfte der Beteiligten zwei Drittel, mithin 330,03 EUR zu tragen. Anderenfalls habe sie insoweit jedenfalls einen Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich.

Das Amtsgericht hat der Antragstellerin – unter Berücksichtigung des mit den Jugendamtsurkunden titulierten Unterhalts – je Kind Elementarunterhaltsansprüche für die Zeit von Mai 2014 bis einschließlich Juli 2015 in Höhe monatlicher 1.006 EUR und ab August 2015 in Höhe monatlicher 1.025 EUR zuerkannt und das weitergehende Begehren der Antragstellerin zurückgewiesen. Die Aufwendungen für die Kinderfrau zählten nicht zum Bedarf der Kinder, sondern seien berufsbedingte Aufwendungen der Antragstellerin. Ein Anspruch auf Innenausgleich unter Gesamtschuldnern bestehe nicht, weil für die Zeit nach der Trennung eine gemeinsame Beauftragung der Kinderfrau durch beide Beteiligte nicht ersichtlich sei.

Auf die Beschwerden beider Beteiligter hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel die Entscheidung des Amtsgerichts dahingehend abgeändert, dass es der Antragstellerin hinsichtlich der Aufwendungen für die Kinderfrau einen Gesamtschuldnerausgleich in Höhe der hälftigen Kosten sowie in Abänderung der Jugendamtsurkunden für jedes der bei den Kinder unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes Elementarkindesunterhalt für die Zeit von Mai 2014 bis Juli 2015 i.H.v. je 838 EUR, für die Zeit von August bis Dezember 2015 i.H.v. je 853 EUR sowie ab Januar 2016 i.H.v. 860 EUR zugesprochen hat.

3. Einordnung der Entscheidung

a) Kinderbetreuungskosten

Den Kosten der Kindesbetreuung kommt nach dem seit dem 1.1.2008 geltenden Unterhaltsrecht verstärkte praktische Bedeutung zu, weil sowohl der getrennt lebende Ehegatte bei längerer Trennung nach § 1361 BGB als auch der geschiedene kindesbetreuende Elternteil nach § 1570 BGB gehalten ist, die Möglichkeiten einer außerhäuslichen Betreuung zu nutzen, um seinen Bedarf durch eigene Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise sicherzustellen. Bei getrennt lebenden Ehegatten nähern sich mit zunehmender Verfestigung der Trennung die unterschiedlichen Maßstäbe der Erwerbsobliegenheiten bei Trennung und Scheidung aneinander an.[1]

Lange Zeit umstritten war die Frage, wie die Kosten für die Betreuung unterhaltsrechtlich zu behandeln sind. Der BGH hat am 4.10.2017[2] entschieden, in welchen Fällen die Kosten für eine Kinderbetreuung beim Kindesunterhalt als Mehrbedarf der Kinder[3] und wann beim Ehegattenunterhalt als beru...

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