Leitsatz

Der Verwalter ist nur dann berechtigt, im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie Prozesse zu führen, soweit er hierzu durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit ermächtigt ist.

 

Normenkette

WEG § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 7

 

Das Problem

  1. Die Wohnungseigentümer bestellen im Jahr 2010 Verwalter V wie folgt:

    Der bisherige Verwalter wird im gegenseitigen Einverständnis mit Beschlussfassung abgewählt. Als neue Verwalterin wird ... vertreten durch die geschäftsführende Gesellschafterin ... für die Dauer von 3 Jahren ab Beschlussfassung bestellt. Das monatliche Verwalterentgelt beträgt je Wohn-/Teileigentum 17,00 EUR zzgl. der jeweils gültigen USt. Für die Unterzeichnung des Verwaltervertrages sowie der Verwaltervollmacht und die öffentlich zu beglaubigenden Unterschriften werden die Beiratsmitglieder delegiert.

    Der Verwaltervertrag wird von der Geschäftsführerin des Verwalters und von Verwaltungsbeiräten unterschrieben und enthält folgende Regelung:

    Die Verwalterin hat in Erweiterung der gesetzlichen Befugnisse folgende Rechte: …. Die von den Eigentümern nach der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung zu entrichtenden Beiträge (Wohngeld/Hausgeld) einzuziehen und diese gegenüber einem säumigen Eigentümer im Namen der übrigen Eigentümer gerichtlich geltend zu machen.

    In der von einem Verwaltungsbeirat unterschiebenen Verwaltervollmacht findet sich folgende Formulierung:

    Der Verwalter kann im eigenen Namen mit Wirkung für und gegen die Wohnungseigentümer Leistungsrückstände anlasten und Kosten (Wohngeld/Hausgeld) gegen säumige Wohnungseigentümer außergerichtlich und gerichtlich geltend machen.

  2. Die Wohnungseigentümer beschließen im Jahr 2013 die Verlängerung der Bestellung der V für weitere 5 Jahre. Der Beschlusstext lautet wie folgt:

    Die Verwalterin, ..., wird ab dem 28.10.2013 für weitere 5 (fünf) Jahre gemäß § 26 WEG bestellt. Alle übrigen Vereinbarungen regelt der Verwaltervertrag.

  3. Im Jahr 2018 klagt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K gegen Wohnungseigentümer B Hausgeld ein. Auf Antrag des Verwalters erlässt das Amtsgericht (AG) – Mahngericht – einen Vollstreckungsbescheid. Gegen diesen legt B Einspruch ein. Nach Abgabe des Verfahrens an das AG – Streitgericht – zeigt Rechtsanwalt R die Vertretung der K an und beantragt den Vollstreckungsbescheid aufrechtzuerhalten. In dem Termin zur mündlichen Verhandlung nimmt er dann noch vor Antragstellung die Klage zurück. Fraglich ist, wer die Kosten zu tragen hat.
 

Die Entscheidung

Nach Ansicht des AG sind die Kosten nach einem "Veranlasserprinzip" dem V und dem R aufzuerlegen.

  1. Hierbei sei maßgeblich, dass eine Kostenentscheidung nach § 269 Abs. Satz 2 ZPO zulasten der K nicht habe ergehen können. Denn zu K bestehe schon kein wirksames Prozessverhältnis; die Klage sei bereits unzulässig. In derartigen Fällen sei es anerkannt, dass die Kosten dem Veranlasser aufzuerlegen seien.
  2. V sei nicht zur Prozessführung ermächtigt worden. Anders als bei Passivprozessen bestehe bei Aktivprozessen keine gesetzliche Vertretungsmacht des Verwalters zur Prozessführung; der Verwalter könne demgemäß nicht kraft Gesetzes Ansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtlich geltend machen. Es sei grundsätzlich Sache der Wohnungseigentümer, darüber zu befinden, ob ein Prozess geführt werden solle oder nicht.
  3. Nach § 27 Abs 3 Satz 1 Nr. 7 WEG sei der Verwalter nur dann berechtigt, im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie Prozesse zu führen, soweit er hierzu durch Vereinbarung oder Beschluss ermächtigt sei. Dass die Wohnungseigentümer ausdrücklich über eine entsprechende Ermächtigung bezüglich der hiesigen Forderungen entschieden hätten, sei weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Der Bestellungsbeschluss aus dem Jahr 2010 enthalte eine solche Ermächtigung nicht, sondern betreffe lediglich die Bestellung und die Höhe der (Grund-)Vergütung.
  4. Auch den zur Gerichtsakte gereichten Beschlüssen könne eine Ermächtigung zur Prozessführung entnommen werden. Zwar könne in Beschlüssen der Wohnungseigentümer einzelne Maßnahmen betreffend – in engen Grenzen – auch eine konkludente Ermächtigung des Verwalters gesehen werden, wenn der Beschluss sonst nicht ausgeführt werden könne. Dies betreffe etwa bei "Sanierungsmaßnahmen" die Bevollmächtigung des Verwalters zur Vergabe der Aufträge (Hinweis auf OLG Düsseldorf, Beschluss v. 29.11.2005, 23 U 211, NZM 2006 S. 182). Gleichwohl sei eine dahingehende Auslegung schon wegen der heranzuziehenden Grundbuchgrundsätze nur dann möglich, wenn sich hierfür Anhaltspunkte im verkündeten Beschluss fänden. In den vorgelegten Beschlüssen fehlten aber derartige Anhaltspunkte. Zur Durchführung der Beschlüsse durch den Verwalter sei die gerichtliche Geltendmachung gegenüber den Wohnungseigentümern zudem nicht erforderlich.
  5. Schließlich könne die Ermächtigung auch nicht in dem Verwaltervertrag oder der Verwaltervollmacht gesehen werden. Dies...

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