Rz. 9

Während bei der Beurteilung der Kündigungsvoraussetzungen nach § 573 (nur) darüber zu befinden ist, ob ein berechtigtes Interesse auf Seiten des Vermieters vorliegt, die Interessen des Mieters demgemäß nicht zu berücksichtigen sind, kommt es im Rahmen des § 574 zu einer Interessenabwägung, wobei die Belange von Vermieter und Mieter grundsätzlich als gleichrangig einzubringen und vom Tatrichter im Einzelfall zu würdigen sind. Dabei darf der Mieter im Räumungsprozess bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung Härtegründe nachschieben (LG Wiesbaden, WuM 1988, 269), was nicht zuletzt aus § 574b Abs. 1 folgt, wonach der Mieter (nur) auf Verlangen des Vermieters unverzüglich Auskunft über die Gründe des Widerspruchs erteilen "soll" (Obliegenheitsverletzung). Im Gegensatz dazu darf sich der Vermieter nach § 574 Abs. 3 nur auf die im Kündigungsschreiben nach § 573 Abs. 3 selbst angegebenen Gründe berufen, soweit diese nicht nachträglich (noch) entstanden sind.

Nach BGH, Urteil v. 20.10.2004, VIII ZR 246/03, GE 2005, 174 (vgl. auch JurisPR-Mietrecht 8/2005, Anm. 3, Schach) rechtfertigt eine berechtigte Eigenbedarfskündigung den Räumungsanspruch nicht, wenn der Mieter sich auf eine unzumutbare Härte beruft und die tatrichterlich durchzuführende Abwägung der beiderseitigen Interessen ergibt, dass den Belangen des Mieters ein größeres Gewicht beizumessen ist.

Auf Vermieterseite ist § 574 Abs. 1 Satz 2 im Auge zu behalten. Der Fortsetzungsanspruch des Mieters ist nämlich ausgeschlossen, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt (etwa Zahlungsverzug). Der Vermieter bzw. sein Anwalt in Wahrnehmung seiner Pflichten als Prozessvertreter kann also jeden Grund zur ordentlichen und außerordentlichen fristlosen Kündigung aufgreifen und noch im Prozess entsprechende Kündigungen einführen (es kommt immer wieder vor, dass erst die "25zigste" Kündigung erfolgreich ist).

§ 574 Abs. 4 entspricht dem bisherigen § 556a Abs. 7.

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