Rz. 72

In der Praxis kommen vornehmlich 3 Fallgruppen für die wirtschaftliche Verwertung in Betracht:

 

Rz. 73

Als Beispiele für Verkaufsgründe im Rahmen der Verwertungskündigung sind zu nennen:

 

Rz. 74

Zur Sanierung und Modernisierung (grundsätzlich bejahend BayObLG, RE v. 17.11.1983, ReMiet 1/83, NJW1984, 372) zählt die Zusammenlegung der gekündigten Wohnung mit anderen Wohnungen, die Aufteilung einer 6-Zimmer-Wohnung in 3 abgeschlossene kleinere Wohnungen (LG Hamburg, Urteil v. 30.6.1989, 11 S 450/88, WuM 1989, 393; LG Düsseldorf, Urteil v. 30.4.1991, 24 S 788/90, ZMR 1991, 438). Bei einer beabsichtigten baulichen Zusammenlegung zweier Wohnungen muss der Vermieter darlegen, dass bei Ausspruch der Kündigungen weder tatsächliche noch rechtliche Gründe entgegen gestanden hätten oder er zumindest berechtigt davon ausgegangen wäre, etwaige Hinderungsgründe erfolgreich und dauerhaft zu beseitigen (LG Berlin, Urteil v. 20.9.2018, 67 S 16/18, ZMR 2019, 21).

 

Rz. 75

Der ersatzlose Abriss eines Gebäudes ist keine wirtschaftliche Verwertung im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3. Eine Kündigung kann jedoch nach Maßgabe des generalklauselartigen Kündigungstatbestands des § 573 Abs. 1 Satz 1 erfolgen. Da der Kündigungstatbestand in § 573 Abs. 1 Satz 1 gleichgewichtig mit den in § 573 Abs. 2 genannten Kündigungsgründen ist, kommt es für das Vorliegen eines berechtigten Interesses darauf an, ob das geltend gemachte Interesse des Vermieters ebenso schwer wiegt wie die in § 573 Abs. 2 beispielhaft aufgeführten Kündigungsgründe (BGH, Urteil v. 16.12.2020, VIII ZR 70/19, GE 2021, 246).

 

Rz. 76

Ein vom Vermieter geplanter Abriss und Neubau stellt hingegen einen zulässigen Kündigungsgrund dar. Der Vermieter muss hierzu mitteilen, aus welchen Gründen er die vorhandene Bausubstanz nicht für erhaltenswert hält und welche baulichen Maßnahmen er stattdessen plant. Damit erhält der Mieter eine ausreichende Grundlage für die von ihm zu treffende Entscheidung, ob er der Kündigung widersprechen oder sie hinnehmen will (BGH, Urteil v. 9.2.2011, VIII ZR 155/10, NJW 2011, 1135). Ist z. B. wegen des Alters und schlechten baulichen Zustands eines Gebäudes gemessen an üblichen Wohnverhältnissen eine Vollsanierung oder ein Abriss mit anschließender Errichtung eines Neubaus geboten, kann ein erheblicher Nachteil des Vermieters i. S. des § 573 Abs. 2 Nr. 3 darin liegen, dass er anderenfalls auf notdürftige Maßnahmen ("Minimalsanierung") verwiesen ist, die weder zu einer nachhaltigen Verbesserung noch zur Verlängerung einer verhältnismäßig geringen Restlebensdauer des Gebäudes (15 bis 20 Jahre) führen (BGH, Urteil v. 28.1.2009, VIII ZR 8/08, NJW 2009, 381).

 

Rz. 77

Erforderlich ist, dass nur durch die Kündigung die wirtschaftliche Verwertung möglich wird, mithin Kausalität besteht. Wenn die wirtschaftliche Verwertung im gleichen Maß ohne Kündigung des Mietverhältnisses möglich ist, scheidet die Verwertungskündigung aus. Dies spielt vor allem bei geplanten Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen eine Rolle. Teilweise wird hierzu die Ansicht vertreten, dass der Vermieter zunächst auf den Duldungsanspruch nach §§ 555c ff. sowie auf die Möglichkeit einer Mieterhöhung nach §§ 558, 559 zu verweisen ist, eine Verwertungskündigung nicht möglich sei, wenn Erhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen mithilfe des Duldungsanspruchs nach §§ 555c ff. durchgesetzt werden könnten (LG Darmstadt, Urteil v. 28.5.1982, 7 S 413/81, WuM 1983, 236; LG Freiburg, Urteil v. 21.12.1978, 3 S 126/78 WuM 1979, 148; LG Köln, Urteil v. 12.1.1989 1 S 415/88, WuM 1989, 255; vgl. auch Horst, GE 1993, 666; Sternel, Mietrecht aktuell, Rn. 1117). Dogmatisch besteht jedoch keine Abhängigkeit beider Vorschriften voneinander, mithin keine Gesetzeskonkurrenz. Ob eine Hinderung wirtschaftlicher Verwertung ggf. dann nicht vorliegt, wenn dasselbe Ziel auch durch andere Maßnahmen erreicht werden kann, spielt jedoch auf der Ebene der Interessenabwägung eine Rolle. Ist da...

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