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Bei längerfristigen Mietverhältnissen ist die Kündigungsfrist nach § 573 Abs. 1 oft recht lang. § 257 ZPO, wonach Klage auf künftige Räumung erhoben werden kann, wenn die Geltendmachung des Anspruchs auf Räumung an den Eintritt eines Kalendertags geknüpft ist, gilt nicht für Wohnraummietverhältnisse. Nach § 259 ZPO kann jedoch Klage auf künftige Leistung erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Mieter sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Der Mieter muss subjektiv die Besorgnis begründet haben, er werde den Räumungsanspruch bei Fälligkeit bestreiten. Generell ist das dann der Fall, wenn der Mieter den Räumungsanspruch ernstlich bestreitet, weil er die Wirksamkeit der Kündigung anzweifelt (OLG Karlsruhe, RE v. 10.6.1983, 9 RE-Miet 1/83, WuM 1983, 253; KG, RE v. 12.1.1981, 8 W RE-Miet 4154/81, ZMR 1981, 158; LG Berlin, Urteil v. 10.2.1997, 62 S 513/96, GE 1997, 429 m. w. N.; LG Berlin, Urteil v. 23.6.1998, 64 S 45/98, GE 1998, 1089), oder wenn er Widerspruch gegen die Kündigung gemäß § 574 erhebt (LG Wiesbaden, Beschluss v. 3.5.1989, 8 T 14/89, WuM 1989, 428). Dies gilt auch vor Ablauf der Widerspruchsfrist des § 574b Abs. 2 zumindest dann, wenn der Mieter der Kündigung mit der Begründung widersprochen hat, der vom Vermieter angegebene Kündigungsgrund liege nicht vor (OLG Karlsruhe, RE v. 10.6.1983, 9 RE-Miet 1/83, a. a. O.; KG, RE v. 12.1.1981, 8 W RE-Miet 4154/81, a. a. O.; Staudinger/Rolfs, § 546 Rn. 37; a. A. LG Kempten, Urteil v. 3.6.1992, S 790/92, NJW-RR 1993, 1101), nicht dagegen dann, wenn der Mieter nur formelle Mängel der Kündigung rügt (LG Berlin, Urteil v. 23.6.1998, 64 S 45/98, a. a. O.).

Allein das Schweigen des Mieters während des Laufs der Widerspruchsfrist rechtfertigt jedoch keine Klage auf künftige Räumung (Henssler, NJW 1989, 138 [143]). Schweigt der Mieter daher während der Widerspruchsfrist auf eine Anfrage des Vermieters, ob er fristgerecht auszuziehen gedenke, so rechtfertigt dies ebenso wenig eine Klage auf künftige Räumung (AG Berlin-Charlottenburg, Urteil v. 21.4.1989, 13 C 179/89, WuM 1989, 427; AG Köln, Urteil v. 12.5.1976, 154 C 3915/75, ZMR 1977, 240; Schmidt-Futterer/Streyl, § 546 Rn. 12) wie die Erklärung des Mieters während der Widerspruchsfrist, seine Wohnungssuche sei bisher erfolglos geblieben (AG Waiblingen, Urteil v. 20.12.1988, 8 C 1928/88, WuM 1989, 428).

Erklärt der Mieter dagegen bereits während der Widerspruchsfrist, der Räumungszeitpunkt werde sich voraussichtlich um mehrere Wochen verschieben, so dürfte eine Klage auf künftige Räumung zulässig sein, wenn dieser Zeitpunkt über denjenigen einer vom Gericht zu gewährenden Räumungsfrist hinausgeht. Wenn der Mieter die auch angekündigte zeitliche Verzögerung dagegen mit Umständen begründet, die auch zu einer Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO bis zum angekündigten Datum der Räumung geführt hätten, so sind die Voraussetzungen des § 259 ZPO nicht gegeben (Henssler, NJW 1989, 138 [143]).

 
Hinweis

Klage auf künftige Räumung

Die Klage auf künftige Räumung einer Wohnung ist somit auch bereits vor dem Ablauf der Widerspruchsfrist dann zulässig, wenn der Mieter ausdrücklich oder durch sein Verhalten zu verstehen gibt, dass er seiner Räumungspflicht nicht nachkommen will. Die Klage ist dagegen dann unzulässig, wenn er vor Ablauf der Widerspruchsfrist den Räumungsanspruch des Vermieters grundsätzlich anerkannt hat, aber lediglich eine angemessene Räumungsfrist erbeten hat.

Das Widerspruchsrecht des Mieters gegen die Kündigung nach § 574 wird dadurch nicht berührt.

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