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Eine ständige unpünktliche Mietzahlung, d. h. Zahlung jeweils erst nach dem Fälligkeitstermin, kann zur fristlosen Kündigung nach § 543 führen, auch wenn kein die fristlose Kündigung nach § 543 rechtfertigender Rückstand erreicht wird. Neben der Möglichkeit der fristlosen Kündigung besteht aber auch das Recht der fristgemäßen Kündigung wegen ständig unpünktlicher Mietzahlungen (LG Berlin, Beschluss v. 21.1.2019, 65 S 220/18, GE 2019, 666).

Unpünktliche Mietzahlungen muss der Mieter, der Leistungen für die Unterkunft nach SGB II nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Miete erhält, hinsichtlich des ohnehin nicht durch die staatliche Leistung abgedeckten Mietanteils verantworten (AG Bernau, Urteil v. 8.12.2009, 10 C 248/09, WuM 2010, 31).

Voraussetzung für die Kündigung ist jedoch, dass die Miete wiederholt und aus Absicht oder Nachlässigkeit verspätet gezahlt worden ist (LG Berlin, Urteil v. 8.11.2013, 63 S 134/13, GE 2014, 195). Zudem muss es sich um wiederholte unpünktliche Mietzahlungen handeln (LG Leipzig, Urteil v. 12.5.2020, 02 S 401/19, WuM 2020, 419). Die Miete wird in diesem Sinne wiederholt verspätet gezahlt, wenn der Mieter innerhalb eines Jahres sechs Zahlungstermine oder mehr überschreitet und zwischen Fälligkeit der Miete und dem Zahlungseingang ein nicht nur unerheblicher Zeitraum liegt (LG Würzburg, Urteil v. 10.7.2014, 42 S 406/13, WuM 2014, 548). Absicht oder Nachlässigkeit kann angenommen werden, wenn der fristgemäßen Kündigung wegen unpünktlicher Zahlung eine entsprechende Abmahnung mit Kündigungsandrohung des Vermieters vorangegangen ist, auch wenn § 573 Abs. 2 Nr. 1 keine Abmahnung vorschreibt (BGH, Urteil v. 28.11.2007, VIII R 145/07, WuM 2008, 31; LG Berlin, Urteil v. 31.8.2010, 65 S 505/09, GE 2010, 1341; Blank/Börstinghaus, § 573 Rn. 13; AG Pinneberg, Urteil v. 12.9.2008, 67 C 91/08, NZM 2009, 432), zumindest bei zuvor langjähriger pünktlicher Mietzahlung (LG Berlin, Beschluss v. 8.2.2020, 67 S 298/21, GE 2022, 251; LG Berlin, Beschluss v. 3.2.2017, 67 S 395/16, WuM 2017, 213).

Weitere Voraussetzung der Kündigung ist, dass der Mieter die Abmahnung auch positiv zur Kenntnis genommen hat, was der Vermieter beweisen muss (LG Berlin, Urteil v. 28.9.2021, 67 S 139/21, ZMR 2021, 980).

Bei dauernden unpünktlichen Mietzahlungen, die mehr als 2 Jahrzehnte anstandslos geduldet worden sind, muss zwischen Abmahnung und Kündigungserklärung ein Zeitraum liegen, der es dem Mieter ermöglicht, sein Zahlungsverhalten zu ändern (LG Berlin, Beschluss v. 23.10.2015, 65 S 239/15, WuM 2016, 490). Eine Abmahnung kann u. U. auch in einer vorangegangenen (unwirksamen) Kündigung wegen ständig unpünktlicher Mietzahlung gesehen werden (LG Berlin, Urteil v. 3.8.2010, 63 S 607/09, GE 2010, 1271). Zahlt der Mieter trotz vorheriger Abmahnung wiederum erneut eine Miete unpünktlich, kann zwar grundsätzlich jetzt eine Kündigung berechtigt sein; dabei ist jedoch – zumal bei einem schon sehr lange bestehenden anstandslosen Mietverhältnis – der Grund der Verzögerung (Krankheit, Verlust des Arbeitsplatzes) zu berücksichtigen (LG Berlin, Urteil v. 16.9.2014, 63 S 322/13, GE 2014, 1652). Unpünktliche Mietzahlungen des Mieters rechtfertigen dessen Kündigung durch den Vermieter bei ansonsten beanstandungsfreiem Verlauf eines langjährigen Mietverhältnisses auch nach fruchtlosem Ausspruch einer Abmahnung zumindest dann nicht, wenn die Zahlungen mit lediglich geringer zeitlicher Verzögerung nach Fälligkeit beim Vermieter eingehen und das störende Zahlungsverhalten des Mieters insgesamt nur wenige Monate währt (LG Berlin, Urteil v. 29.11.2016, 67 S 329/16, WuM 2017, 26).

Geht nach Abmahnung wegen unpünktlicher Mietzahlung eine Mietzahlung einmalig nur einen Tag verspätet auf dem Konto des Vermieters ein, so kann der Vermieter noch nicht kündigen (AG Berlin-Tempelhof/Kreuzberg, Urteil v. 14.2.2013, 8 C 192/12, WuM 2013, 304); dasselbe gilt erst recht, wenn 2 Zahlungen nur um einen Tag und eine 3. um 3 Werktage verspätet waren (LG Berlin, Urteil v. 9.10.2013, 65 S 140/13, WuM 2014, 93), die Miete an sechs Terminen jeweils wenige Tage verspätet gezahlt wurde (LG Würzburg, Urteil v. 10.7.2014, 42 S 406/13, WuM 2014, 548) oder der Mieter den Rückstand wenige Tage nach Zugang der Kündigung ausgleicht (LG Berlin, Urteil v. 4.10.2013, 63 S 421/12, GE 2014, 60).

Gerät der Mieter ständig in Verzug, weil er jeweils erst nach dem Dritten des laufenden Monats zahlt, kann er jedoch fristgemäß gekündigt werden, falls er vorher abgemahnt worden ist. Bei Begleichung einer Nachforderung aus rechtskräftig titulierten Mieterhöhungen durch Verrechnung des Vermieters mit Guthaben des Mieters ist eine Kündigung des Mietverhältnisses nicht möglich (AG Berlin-Mitte, Urteil v. 4.9.2014, 117 C 102/14; LG Berlin, Beschluss v. 1.12.2014, 67 S 397/14, GE 2015, 386). Sind in der der Kündigungserklärung beigefügten Anlage die kündigungsbegründenden Rückstände aufgeführt, soll eine vorherige Abmahnung entbehrlich sein (LG München I, Urteil vom 17.11.2021, 4 S 992...

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