1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift enthält zusammengefasst Regelungen über ein vereinbartes Rücktrittsrecht des Vermieters (bis zum 1.9.2011 in § 570a) und über ein Mietverhältnis unter auflösender Bedingung (bis zum 1.9.2011 in § 565a Abs. 2).

§ 572 Abs. 1 legt fest, dass sich der Vermieter nicht auf eine Vereinbarung berufen kann, nach der er nach Überlassung des Wohnraums zum Rücktritt berechtigt sein soll. Der Mietvertrag bleibt also im Übrigen wirksam. Der Vermieter muss demnach das Mietverhältnis kündigen, wenn er es einseitig beenden will; insoweit muss er die Kündigungsvoraussetzungen für Wohnraum einhalten.

§ 572 Abs. 2 trifft eine vergleichbare Regelung für den Fall, dass das Mietverhältnis zum Nachteil des Mieters unter einer auflösenden Bedingung geschlossen worden ist. Im Ergebnis wird dadurch erreicht, dass das Mietverhältnis vom Vermieter einseitig wiederum nur beendet werden kann, wenn die Kündigungsvoraussetzungen vorliegen. Eine auflösende Bedingung zugunsten des Mieters kann – anders als bisher – vereinbart werden (Schmidt-Futterer/Streyl, § 572 Rn. 16).

2 Anwendungsbereich

 

Rz. 2

Der besondere Kündigungsschutz gilt nur für Mietverhältnisse über Wohnraum – einschließlich der in § 549 Abs. 2 und 3 aufgeführten Mietverhältnisse und für Wohnungen gem. §§ 576, 576b (Schmidt-Futterer/Streyl, § 572 Rn. 2) – und soll verhindern, dass die zwingenden, zum Schutz des Mieters erlassenen Kündigungsvorschriften umgangen werden.

Zwar ist in § 572 Abs. 2 nicht ausdrücklich klargestellt, dass sich diese Vorschrift ebenfalls nur auf Wohnraummietverhältnisse bezieht. Das ergibt sich aber bereits aus der systematischen Stellung dieser Vorschrift und daraus, dass nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/4553 S. 65) § 565a Abs. 2 a. F. in die Vorschrift einbezogen werden sollte, der ebenfalls nur für Wohnraummietverhältnisse galt.

 

Rz. 3

Der Rücktritt unterscheidet sich von der auflösenden Bedingung dadurch, dass er erklärt werden muss und dann ab Zugang der Erklärung wirkt. Bei der Bedingung wird das Ende des Mietverhältnisses vom Eintritt eines zukünftigen ungewissen Ereignisses abhängig gemacht. Tritt die Bedingung ein, wäre ohne die Unwirksamkeit der entsprechenden Vereinbarung gem. § 572 Abs. 2 das Mietverhältnis ex nunc beendet (§ 158 Abs. 2), ohne dass der Vermieter eine entsprechende Erklärung abgeben müsste.

3 Vereinbartes Rücktrittsrecht

 

Rz. 4

Die Vorschrift ist auf vertraglich vereinbarte oder vertraglich vorbehaltene Rücktrittsrechte anwendbar, nach denen sich der Vermieter einseitig vom Vertrag lösen kann. Erfasst werden auch Vereinbarungen, in denen das Rücktrittsrecht des Vermieters an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft wird (z. B. die Nichtzahlung der Kaution) oder Vermieter sich das (befristete) Recht zum Widerruf seiner auf Vertragsschluss gerichteten Erklärung vorbehält.

Der vertraglich vorbehaltene Rücktritt ist unwirksam, da sich der Vermieter nicht auf die entsprechende Vereinbarung berufen kann. Der aufgrund der Vereinbarung erklärte Rücktritt nach Überlassung des Wohnraums an den Mieter kann aber in eine Kündigung umgedeutet werden (Schmidt-Futterer/Streyl, § 572 Rn. 10), die aber meist bereits am Fehlen einer den Anforderungen der §§ 569 Abs. 4, 573 Abs. 3 genügenden Begründung scheitern wird.

Die Mietvertragsparteien können jedoch vereinbaren, dass sie vor Überlassung des Wohnraums vom Vertrag zurücktreten können (Schmidt-Futterer/Streyl, § 572 Rn. 4). Ein in den Grenzen des § 307 wirksam vereinbartes Rücktrittsrecht kann von beiden Parteien uneingeschränkt ausgeübt werden. Der Rücktritt vor der Überlassung ist – wenn nicht etwas anderes vereinbart worden ist – formfrei und braucht auch nicht begründet zu werden (Schmidt-Futterer/Streyl, § 572 Rn. 6); der Mietvertrag wird durch den Rücktritt rückwirkend aufgelöst.

Nach Überlassung des Wohnraums kann sich der Vermieter nicht mehr auf den vertraglich vorbehaltenen Rücktritt berufen, sondern das Mietverhältnis nur nach den allgemeinen Vorschriften kündigen, also z.B. wenn er ein berechtigtes Interesse i. S. d. § 573 an der Beendigung des Mietverhältnisses hatte; zudem werden nur die im Kündigungsschreiben angegebenen Kündigungsgründe berücksichtigt (§ 573 Abs. 3). Ferner hängt die Dauer der Kündigungsfrist von der Dauer des Mietverhältnisses ab (§ 573c). Der Mieter kann sich auch auf die Sozialklausel (§ 574) berufen. Gesetzliche Rücktrittsrechte bleiben dagegen in vollem Umfang erhalten.

Vereinbarung und Ausübung eines Rücktrittsrechts des Mieters vor oder nach Überlassung des Wohnraums fallen nicht unter § 572 Abs. 1, der nur dem Vermieter die Berufung auf das vereinbarte Rücktrittsrecht verwehrt.

4 Auflösend bedingte Mietverhältnisse

 

Rz. 5

Auflösend bedingte Mietverhältnisse sind diejenigen, deren Ende von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängt, dessen Eintritt ungewiss ist. Das ist bei einem Werkwohnungsmietvertrag das Ende des Beschäftigungsverhältnisses (BGH, Urteil v. 11.11.2020, VIII ZR 191/18, WuM 2021, 47: LG Berlin, GE 2004, 890), bei einem Untermietverhältnis die Beendigung des Hauptmietverhältnisses (LG Osnabrück,...

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