Rz. 101

Unwirksam ist nach § 556 Abs. 4 zunächst jede zum Nachteil des Mieters vom Betriebskostenbegriff abweichende Vereinbarung, z. B. dass der Mieter – sei es durch eine neben der Nettomiete ausgewiesene Pauschale oder im Wege des Abrechnungsmodells – Bewirtschaftungskosten des Vermieters zu tragen hat oder sich an den Kosten von Schönheitsreparaturen, aber auch an solchen kleinerer Erhaltungsarbeiten zu beteiligen hat; gleiches gilt für die Beteiligung an Verwaltungskosten, etwa den Kosten eines Nutzerwechsels. Von § 556 Abs. 1 Satz 2 weichen auch Vereinbarungen ab, nach denen die Ermittlung der Gesamtbetriebskosten anders erfolgen soll als nach dem Gesetz vorgeschrieben (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 556 Rn. 626) .Keine abweichende Vereinbarung sind hingegen Regelungen über den Direktbezug von Betriebskostenleistungen bei Dritten, soweit dem Mieter die Wahl des Versorgers frei steht.

Eine zum Nachteil des Mieters von der Begrenzung der Vorauszahlungen auf angemessene Vorauszahlungen oder von der Verpflichtung zur jährlichen Abrechnung abweichende Vereinbarung ist ebenfalls unwirksam (§ 556 Abs. 4). Das bedeutet einmal, dass weder zu niedrige (vgl. dazu Rn. 63) noch zu hohe Vorauszahlungen vereinbart werden dürfen. Der Vermieter ist allerdings auch nach § 556 Abs. 2 Satz 2 nicht verpflichtet, Vorschüsse auf die Betriebskosten genau in derjenigen Höhe anzusetzen, in der sie aller Wahrscheinlichkeit nach auch anfallen (OLG Stuttgart, NJW 1982, 2506; LG Berlin, GE 1990, 653).

Auch die Vereinbarung kürzerer oder längerer Abrechnungszeiträume ist grundsätzlich unwirksam. Kürzere Abrechnungszeiträume führen zu einer vermehrten Belastung des Mieters, längere Abrechnungszeiträume bergen die Gefahr in sich, dass der Mieter ein Guthaben erst später ausgezahlt erhält als bei einem Abrechnungszeitraum von einem Jahr. Lediglich für den Fall des Mieterwechsels innerhalb eines Abrechnungszeitraums dürfte eine Vereinbarung zulässig sein, dass für den eintretenden Mieter zunächst über ein Rumpfjahr abgerechnet wird. Bei einem Ausscheiden eines Mieters darf der Abrechnungszeitraum nicht verkürzt werden. Der Vermieter ist auch zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet (§ 556 Abs. 3 Satz 4). Allerdings dürfen dem ausscheidenden Mieter dann die Betriebskosten nur anteilig nach demjenigen Zeitraum auferlegt werden, in dem das Mietverhältnis fortbestand.

Schließlich kann auch nicht vereinbart werden, dass der Vermieter auch noch nach Ablauf der Ausschlussfrist abrechnen und Nachforderungen geltend machen darf. Ebenso wenig darf die Einwendungsfrist für den Mieter auf einen kürzeren Zeitraum als ein Jahr nach Zugang der Abrechnung verkürzt werden. Auch eine Vereinbarung, dass die Einwendungsfrist für den Mieter jeweils bereits nach Ablauf der – vereinbarten oder gesetzlichen – Abrechnungsfrist beginnt, ist unzulässig (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 556 Rn. 627). Ebenso sind Vereinbarungen unwirksam, die das Recht des Mieter auf Einsicht in die Betriebskostenbelege beschränken, etwa durch eine Erschwerung in Form eines vom gesetzlichen Prinzip abweichenden Einsichtsorts (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 556 Rn. 627).

Die Vereinbarung einer Bruttomiete ohne ausgewiesenen Betriebskostenanteil ist dagegen ebenso zulässig wie die Vereinbarung einer Inklusivmiete.

§ 556 Abs. 4 steht aber einem Anerkenntnis der Nachforderung durch den Mieter nicht entgegen (BGH, Urteil v. 28.10.2020, VIII ZR 230/19, GE 2020, 1617; Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 556 Rn. 628).

Die Regelungen in § 556 Abs. 3, 4 BGB hindern die Mietvertragsparteien ebenfalls nicht, nach Zugang einer Betriebskostenabrechnung an den Mieter eine Vereinbarung darüber zu treffen, dass der Mieter den ausgewiesenen Saldo als verbindlich anerkennt; weder formelle Mängel der Abrechnung noch die mit einer solchen Vereinbarung etwa verbundene Verkürzung der dem Mieter zustehenden Einwendungsfrist (§ 556 Abs. 3 Satz 5 BGB) stehen der Wirksamkeit einer derartigen Vereinbarung entgegen (BGH, Urteil v. 28.10.2020, VIII ZR 230/19, GE 2020, 1617). Die Parteien eines Geschäftsraummietvertrages können auch wirksam vereinbaren, dass die Abrechnung als vom Mieter anerkannt gilt, wenn er nicht innerhalb einer Frist von acht Wochen nach Zugang der Abrechnung unter Mitteilung seiner Einwendungen schriftlich widerspricht, wenn der Vermieter in der Abrechnung unter Benennung der Frist ausdrücklich auf diese Wirkung hingewiesen hat (LG Bochum, Urteil v. 29.9.2020, I-17 O 85/19, ZMR 2021, 42).

 
Hinweis

Blue-Pencil-Test

Ob die Unwirksamkeit auf andere, für sich genommen unbedenkliche Vertragsteile ausstrahlt, richtet sich nach dem sog. Blue-Pencil-Test: Kann der unwirksame Teil einer Klausel gestrichen werden, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet, ergreift die Unwirksamkeit den anderen Teil nicht. Bezieht sich die Vereinbarung auch auf Nicht-Betriebskosten, so führt dies also regelmäßig dazu, dass die Abgeltungsvereinbarung bzgl. der Betriebskosten wirksam bleibt (Schmidt-Futt...

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