Rz. 34

Sowohl bei der Abrechnung über die Vorauszahlungen für Betriebskosten (§ 556 Abs. 3 Satz 1) als auch bei Erhöhung der Betriebskostenpauschale (§ 560 Abs. 5) ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit bezeichnet die vertragliche Nebenpflicht des Vermieters, bei Maßnahmen und Entscheidungen, die Einfluss auf die Höhe der vom Mieter zu tragenden Betriebskosten haben, auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis Rücksicht zu nehmen (BGH, Urteil v. 6.7.2011, VIII ZR 340/10, GE 2011, 1225 = WuM 2011, 613 = NZM 2011, 705; BGH, Urteil v. 13.10.2010, XII ZR 129/09, NJW 2010, 3647 = GE 2010, 1679 = NZM 2010, 864; BGH, Urteil v. 28.11.2007, VIII ZR 243/06, GE 2008, 116 = ZMR 2008, 195 = NZM 2008, 78; OLG Rostock, Urteil v. 17.10.2013, 3 U 158/06, GE 2014, 1060; OLG Düsseldorf, Urteil v. 27.3.2012, 24 U 123/11, Juris; OLG Brandenburg, Urteil v. 4.7.2007, 3 U 38/07, WuM 2007, 510; AG Rostock, Urteil v. 24.2.2012,41 C 385/11, WuM 2012, 274).

3.4.1 Regelungsbereich

 

Rz. 35

Für den bis zum 31.12.2001 öffentlich geförderten Wohnraum gilt § 20 Abs. 1 Satz 2 NMV, wonach nur diejenigen Kosten umgelegt werden dürfen, "die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind." Auch für preisfreien Wohnraum – und damit auch für früher preisgebundenen Wohnraum, der bis zum 3.10.1990 errichtet worden ist, in den neuen Bundesländern – kann auf diese Bestimmung zurückgegriffen werden (BGH, Urteil v. 13.10.2010, XII ZR 129/09, a. a. O.; vgl. ferner von Seldeneck, Rn. 2602 m. w. N.; Beyer, NZM 2007, 1, 2). Der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz gilt auch bei der Vermietung einer Eigentumswohnung.

Der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz gilt auch für Gewerberaummietverhältnisse (BGH, Urteil v. 17.12.2014, XII ZR 170/13, NZM 2015,132; BGH, Urteil v. 13.10.2010, XII ZR 129/09, a. a. O.; KG, Urteil v. 7.2.2011, 8 U 147/10, GE 2011, 545; KG, Urteil v. 28.6.2010, 8 U 167/09, Rn. 76; KG, Urteil v. 3.12.2007, 8 U 19/07, GE 2008, 122; OLG Düsseldorf, Urteil v. 19.3.2013, I-24 U 115/12, ZMR 2014,31; LG Berlin, Urteil v. 20.12.2006, 29 O 326/06, GE 2008, 126; LG Berlin, Urteil v. 20.12.2006, 29 O 326/06, GE 2008, 126; offen gelassen von LG Berlin, Urteil v. 17.10.2008, 32 O 103/08, GE 2009, 52). Aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot lässt sich jedoch ein Anspruch des Mieters auf Modernisierung einer vorhandenen und den vertraglichen Vereinbarungen entsprechenden Heizungsanlage nicht ableiten (BGH, Urteil v. 18.12.2013, XII ZR 80/12, GE 2014, 245; BGH, Urteil v. 31.10.2007, VIII ZR 261/06, NJW 2008, 142 ; a. A. LG Neubrandenburg, Beschluss v. 27.3.2013, 1 S 75/12, WuM 2013, 541).

Wurde ein die Betriebskosten auslösender Dienstleistungsvertrag bereits vor Abschluss des Wohnraummietvertrags abgeschlossen, kann eine mögliche Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots als Nebenpflicht des Vermieters schon wegen einer zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestehenden mietvertraglichen Rücksichtnahmepflicht nicht in der Eingehung dieser Verbindlichkeit gesehen werden. Vielmehr kommt eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots nur in Betracht, soweit dem Vermieter – im Fall eines nicht angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnisses – eine Korrektur der zu überhöhten Kosten führenden Maßnahme während des Mietverhältnisses – beispielsweise durch Kündigung eines Vertrags mit ungünstigen Bedingungen – möglich und wirtschaftlich zumutbar gewesen wäre und er diese Möglichkeit nicht ergriffen hat (BGH Urteil v. 25.1.2023, VIII ZR 230/21, WuM 2023, 204).

3.4.2 Fallgruppen

 

Rz. 36

Maßgebend ist der Standpunkt eines "vernünftigen Wohnungsvermieters", der ein "vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis" im Auge behält (OLG Karlsruhe, RE v. 20.9.1984, 9 RE-Miet 6/83, WuM 1985, 17; Beyer, NZM 2007, 1, 2; Börstinghaus/Lange, WuM 2010, 538).

Der Vermieter wirtschaftet nur dann ordnungsgemäß, wenn er nur diejenigen Betriebsleistungen erbringt oder erbringen lässt, die zum vertragsmäßigen Gebrauch der Mietsache erforderlich, nicht überteuert und nicht vermeidbar sind. Dem Vermieter steht aber insoweit ein Ermessensspielraum (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 560 Rn. 75; von Seldeneck, Rn. 2618 ff.; Beyer, NZM 2007, 1, 2; Börstinghaus/Lange, WuM 2010, 538; Geldmacher, Wohnungsbaurecht, September 2001, Mietrecht, § 556 Anm. 8: Entscheidungsspielraum) bzw. Beurteilungsspielraum (Schmid, GE 2000, 160 [161]) zu. Der Vermieter braucht also nicht immer den billigsten Anbieter zu wählen, sondern darf unter Berücksichtigung des Umfang der zu übertragenden Aufgaben, der Zuverlässigkeit des Anbieters, dessen Erfahrung mit der besonderen Lage, der erschwerten Belieferung des Objekts, einer langjährige Geschäftsbeziehung mit dem Lieferanten (LG Berlin, Hinweisbeschluss v. 22.8.2016, 18 S 1/16, GE 2016, 151) und der Größe des Wohnungsbestandes auch einen teureren Anbieter beauftragen (LG Hannover, Urteil v. 31.1.2002, 3 S 1268/01, WuM 2003, 450; Derleder, WuM 2000, 3 [9]; Börstinghaus/Lange, WuM 2010, 538 [539]).

 
Hinweis

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