Rz. 52

Duldungspflichtig sind nach § 555 Nr. 6 die baulichen Änderungen, die auf Umständen beruhen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat. Das sind Maßnahmen, die der Vermieter aufgrund einer behördlichen Anordnung oder gesetzlichen Verpflichtung durchzuführen hat. Diese fielen früher nicht unter § 554 Abs. 2 (BGH, Versäumnisurteil v. 4.3.2009, VIII ZR 110/08, WuM 2009, 290).

 

Rz. 53

Dazu gehören – soweit sie nicht ohnehin als Energieeinsparungsmaßnahme nach § 555b Nr. 1 zu dulden sind – die Nachrüstungsmaßnahmen aufgrund der verschärften Anforderungen der Energieeinsparverordnung, wie die Dämmung bisher ungedämmter, nicht begehbarer, aber zugänglicher oberster Geschossdecken oder der Ersatz von mehr als 30 Jahre alten Nachtspeicherheizungen in Wohngebäuden mit mehr als fünf Heizungen ab 2020 (§ 10 Abs. 1 EnEV). Auch Maßnahmen, die den "bedingte(n) Anforderungen" nach der Energieeinsparungsverordnung entsprechen müssen, d. h. den Anforderungen, die erst dann erfüllt werden müssen, wenn der Vermieter ohnehin bestimmte Änderungen am Gebäude vornehmen will – wie z. B. die Einhaltung bestimmter energetischer Standards bei Fassaden-Verputzung, Dachersatz, Fensteraustausch (§ 9 Abs. 1 EnEV) –, muss der Mieter gem. § 555b Nr. 6 dulden (AG Berlin-Mitte, Urteil v. 13.10.2021, 8 C 11/19, ZMR 2022, 54; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555b Rn. 152; kritisch dazu Klinski, WuM 2012, 354 [358]). Um Erhaltungsmaßnahmen nach § 555a handelt es dabei nicht, weil auch ohne die Dämmung der obersten Geschossdecken, ohne Einhaltung der energetischen Standards bzw. mit – asbestfreien – Nachtspeicherheizungen der vertragsgemäße Gebrauch der Wohnung gewährleistet ist und der Mieter auf die Nachrüstung keinen Anspruch hat (Friers, WuM 2008, 255; Arzt, WuM 2008, 259; Blank, WuM 2008, 311).

 

Rz. 54

Ferner gehört zu den nach Nr. 6 duldungspflichtigen Maßnahmen – soweit sie nicht ohnehin als Energiesparmaßnahme nach § 555b Nr. 1 zu dulden sind – sowohl die Ausstattung der Wohnungen mit Verbrauchserfassungsgeräten als auch die Ausstattung der verbundenen Heizungsanlagen mit Wärmezählern, die zur Messung der auf die zentrale entfallende Wärmemenge vorgeschrieben sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 HeizkV). In Betracht kommen ferner hier Maßnahmen des Denkmalschutzes sowie ggf. Verpflichtungen aus dem GEG sowie aus dem GEIG. Die Duldungspflicht umfasst auch damit in Zusammenhang stehende Vorbereitungs- und Durchführungsmaßnahmen.

 

Rz. 55

Ist der Vermieter öffentlich-rechtlich zur Schließung von Müllabwurfanlagen verpflichtet, handelt es sich dabei und bei den damit zwingend verbundenen Anschlussmaßnahmen wie der Erweiterung von Müllstandplätzen und Einrichtung von Wertstoffmaßnahmemöglichkeiten ebenfalls um Maßnahmen aufgrund von Umständen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (LG Berlin, Urteil v. 3.3.2017, 65 S 311/16, GE 2017, 1097).

 

Rz. 56

Ist der Vermieter eines Hausgrundstücks aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zur Nachrüstung der Kläranlage verpflichtet, müssen die Mieter die notwendigen Arbeiten auf dem Grundstück gem. § 555b Nr. 6 dulden, weil es sich nicht um eine Erhaltungsmaßnahme handelt (a. A. AG Kappeln, Urteil v. 1.10.2003, 3 C 262/03, WuM 2006, 110; LG Flensburg, Urteil v. 13.1.2004, 1 S 107/03, WuM 2006, 110).

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