Rz. 3

§ 536 Abs. 1 entspricht inhaltlich im Wesentlichen dem früheren § 537 Abs. 1, ist aber teilweise sprachlich modifiziert (die amtliche Begründung spricht von "Modernisierung"). Außerdem ist die Regelung für die völlige Aufhebung der Tauglichkeit textlich stärker von der Regelung für die Tauglichkeitsminderung abgesetzt worden, um die unterschiedlichen Rechtsfolgen zu verdeutlichen. Schließlich ist der Verweis auf die kaufrechtlichen Vorschriften zur Berechnung der Minderung entfallen. Dieses Verfahren hat sich als nicht praktikabel erwiesen. Die Praxis gibt indessen den Minderungsbetrag ohne Zugrundelegung der komplizierten Berechnungsformeln regelmäßig in geschätzten Prozentsätzen an. Dem trägt die offenere Formulierung in § 536 Abs. 1 Satz 2 Rechnung – so die amtliche Begründung zur Mietrechtsreform 2001.

Auch eine Wohnflächendifferenz von mehr als 10 % zulasten des Mieters stellt einen Mietmangel dar, der zur Minderung führt (vgl. dazu die Kommentierung zu § 535 Rn. 23b ff.). Die Minderung führt zu einer endgültigen Herabsetzung der Miete, und zwar bei einer Abweichung von mehr als 10 % in voller Höhe, also nicht nur hinsichtlich des Betrages ab über 10 %.

2.1 Mangelbegriff

 

Rz. 4

§ 536 setzt einen Sachmangel voraus. Üblicherweise versteht man unter einem Fehler (= Sachmangel) die nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache vom vertraglich geschuldeten (vgl. BGH, Urteil v. 6.10.2004, VIII ZR 355/03, GE 2004, 1586 = WuM 2004, 715 = NJW 2005, 218 – Trittschalldämmung). Es kommt darauf an, ob der nach § 535 geschuldete Mietgebrauch beeinträchtigt wird, so dass der Fehler auch in einem tatsächlichen bzw. rechtlichen Verhältnis bestehen kann (sog. Umweltfehler), das nach den allgemeinen Verkehrsanschauungen den Mietgebrauch unmittelbar beeinträchtigt (vgl. BGH, Urteil v. 1.7.1981, VIII ZR 192/80, NJW 1981, 2405; BayObLG, RE v. 4.2.1987, RE-Miet 2/86, WuM 1987, 112 [113] = GE 1987, 397; vgl. auch BGH, Urteil v. 19. 12. 2012, VIII ZR 152/12, Verkehrslärm). Demgemäß können äußere Gefahrenquellen und Immissionen (Lärm, Rauch, Umwelteinflüsse) zu einem Mangel der Mietsache führen, wenn der vertragsgemäße Gebrauch beeinträchtigt wird. Dazu reicht bereits die Befürchtung einer Gefahr, wobei allerdings eine objektive Gefährdung vorhanden sein muss (z. B. drohende Gesundheitsgefahren durch bleibelastetes Leitungswasser, vgl. dazu die Kommentierung zu § 535).

Für die Annahme eines Mangels ist eine unmittelbare Beeinträchtigung der Tauglichkeit bzw. eine unmittelbare Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache erforderlich, wohingegen Umstände, die die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berühren, nicht als Mangel zu qualifizieren sind (BGH, Urteil v. 26. 9. 2012, XII ZR 122/11, GE 2012, 1553 = WuM 2012, 671 unter Hinweis auf BGH, Urteil v. 15.10.2008, XII ZR 1/07, GE 2009, 254 = NJW 2009, 664).

§ 536 setzt ein Verschulden des Vermieters nicht voraus (anders teilweise § 536a für den Schadensersatzanspruch).

Den Vermieter trifft nach § 536 eine allgemeine "Garantiehaftung", so dass es nicht darauf ankommt, ob der Fehler schon zum Zeitpunkt der Überlassung an den Mieter vorhanden war oder erst während der Mietzeit entsteht. Nach § 536 Abs. 1 Satz 2 bleibt allerdings eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit außer Betracht. Eine Abgrenzung, wann ein Mangel zu einer unerheblichen Minderung der Tauglichkeit führt, kann nur schwer vorgenommen werden, wobei mehrere kleinere und für sich genommen unerhebliche Mängel in ihrem Zusammenwirken zur erheblichen Beeinträchtigung führen können.

2.2 Einzelne Mängel

2.2.1 Mängel der Mietsache selbst

 

Rz. 5

Das sind im Wesentlichen Baumängel, wie z. B. Schallschutzmängel, schadhafte Wand- und Deckenisolierung, fehlende Vorkehrungen gegen Verschmutzung durch Tauben, undichte Fenster, unzureichende Wärme- und Warmwasserversorgung und vor allem Feuchtigkeitsschäden.

2.2.2 Umweltfehler

 

Rz. 6

Das sind Mängel, die nicht von der Mietsache selbst ausgehen, sondern in Einwirkungen auf die Mietsache bestehen. Hierzu gehören Beeinträchtigungen, wie sie § 906 Abs. 1 beschreibt, also Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und Ähnliches. Hier kommt es allerdings im besonderen Maße auf die Ausgestaltung des Vertrags im Einzelnen und auf die konkrete Lage und Situation der Mietsache selbst an; denn Voraussetzung für die Annahme eines Mangels ist immer, dass nach der allgemeinen Verkehrsanschauung der vertraglich vorausgesetzte Mietgebrauch beeinträchtigt ist, was z. B. bei Lärmeinwirkungen je nach Lage der Räume höchst unterschiedlich sein kann – Wohnung an Hauptverkehrsstraße, Wohnung in ländlicher Gemeinde (vgl. BGH, Urteil v. 19. 12. 2012, VIII ZR 152/12, GE 2013, 261).

Bei der "Zuführung unwägbarer Stoffe" – Definition zu § 906 – kommt es nicht darauf an, ob der Fehler vom Vermieter ausgeht, von ihm im weitesten Sinne zu vertreten ist; denn § 536 stellt nur darauf ab, ob ein Fehler vorliegt, nicht, woher dieser kommt und worauf er beruht. So greift die Sachmängel"haftung", wenn z. B. der ü...

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