Leitsatz

Die im November 1987 geborene volljährige Tochter wollte ihren Vater auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch nehmen. Im Mai 2005 war sie aus ihrem Elternhaus aus- und zu ihrem Freund gezogen. Seinerzeit absolvierte sie ab August 2004 eine Ausbildung bei einem Rechtsanwalt. Dieses Ausbildungsverhältnis wurde im September 2004 von dem Arbeitgeber verhaltensbedingt gekündigt. Nachdem die Antragstellerin danach Ein-Euro-Jobs in Kindergärten wahrgenommen hatte, begann sie im September 2006 ein Ausbildungsverhältnis bei der Deutschen Bahn, das von dem Arbeitgeber innerhalb der dreimonatigen Probezeit gekündigt wurde.

Seither erhielt die Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Von Januar bis jedenfalls März 2007 besuchte sie eine Maßnahme zur Berufsvorbereitung. Gleichzeitig bewarb sie sich ergebnislos auf 14 Ausbildungsstellen. Seit dem 1.7.2007 leistete sie in einer gewerblichen Pflegeeinrichtung ein freiwilliges soziales Jahr mit dem Ziel, einen Ausbildungsplatz in der Altenpflege zu erhalten. Hierfür bekam sie ein monatliches Taschengeld i.H.v. 205,00 EUR.

Der von ihr gestellte Prozesskostenhilfeantrag für die beabsichtigte Klage gegen ihren Vater wurde von dem erstinstanzlichen Gericht zurückgewiesen. Die hiergegen von ihr eingelegte sofortige Beschwerde hatte teilweise Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Für die Zeit bis einschließlich Juni 2007 sah das OLG für die beabsichtigte Klage keinerlei Erfolgsaussichten. Hieran ändere auch die von der Antragstellerin abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung mit dem Leistungszentrum nichts. Auch außerhalb eines Ausbildungsverhältnisses sei die volljährige Antragstellerin grundsätzlich verpflichtet, ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit sicherzustellen. Diese Verpflichtung werde durch die Eingliederungsvereinbarung nicht relativiert oder gar aufgehoben.

Die Antragstellerin habe sich in der ersten Jahreshälfte 2007 in unterhaltsrechtlich unzureichender Weise um Ausbildungsstellen beworben. Hinreichende Bemühungen dahingehend, ihren Lebensunterhalt selbst sicherzustellen, habe sie nicht unternommen, so dass schon aus diesem Grunde ein Unterhaltsanspruch für diese Zeit nicht in Betracht komme.

Anders stelle sich die Situation jedoch ab Juli 2007 dar. Die Antragstellerin habe das Recht und die Pflicht, eine ihren Fähigkeiten und Neigungen entsprechende Ausbildung aufzunehmen und diese zielstrebig durchzuführen. Den Antragsgegner hingegen treffe die Pflicht, die Antragstellerin während dieser Zeit zu unterhalten. Im Hinblick darauf, dass er in der Vergangenheit Unterhalt nicht geleistet habe und die Antragstellerin nunmehr durch Ableistung des berufsvorbereitenden freiwilligen sozialen Jahres die begründete Aussicht auf einen Ausbildungsplatz habe und sie währenddessen teilweise Einkünfte erziele, setze die Unterhaltspflicht mit Aufnahme ihrer Tätigkeit am 1.7.2007 ein.

Der Barunterhaltsanspruch der Antragstellerin sei auch nicht aufgrund einer wirksamen Unterhaltsbestimmung gemäß § 1612 Abs. 2 S. 1 BGB entfallen. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende konkrete Unterhaltsbestimmung für die Zeit vor dem Zugang des Schriftsatzes vom 3.5.2007 vorgenommen worden sei.

Für die Zeit ab Juli 2007 war der Antragstellerin nach Auffassung des OLG in Höhe des errechneten Unterhaltsanspruchs von 281,00 EUR monatlich Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 09.10.2007, 15 WF 214/07

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