Leitsatz (amtlich)

Der Vermieter von Gewerberaum ist während des laufenden Mietverhältnisses nicht berechtigt, zur Durchsetzung seiner Ansprüche - wie etwa der Zahlung der Kaution - seine Leistung aus der Verpflichtung zur Versorgung mit Wärme, Energie und Wasser zurückzuhalten, denn es handelt sich um eine nicht nachholbare Leistung.

Auch nach Beendigung des Mietvertrages kann sich aus Treu und Glauben eine nachvertragliche Verpflichtung zur Versorgung mit Wärme, Energie und Wasser ergeben.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 21.08.2014; Aktenzeichen 32 O 321/14)

 

Tenor

Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 21.8.2014 verkündete Urteil der Zivilkammer 32 des LG Berlin abgeändert:

Die Verfügungsbeklagte wird verpflichtet, die Lieferung der elektrischen Energie gegenüber dem Verfügungskläger in dessen Gewerbebetrieb T.13599 B.innerhalb der Hallenräume H3.0.11 der Halle 3 wieder herzustellen und es bei Vermeidung eines vom Gericht für den Fall der Verweigerung der Unterlassung festzusetzenden Ordnungsgelds bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen diese erneut zu unterbrechen.

Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Gründe

Die Berufung des Verfügungsklägers ist begründet.

Der geltend gemachte Verfügungsanspruch ist gem. § 940 ZPO begründet.

Entgegen der Auffassung des LG in der angefochtenen Entscheidung ist ein Verfügungsanspruch gegeben.

Der Verfügungskläger hat gegen die Verfügungsbeklagte gem. § 535 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Wiederherstellung der Lieferung von elektrischer Energie und einen Anspruch darauf, dass die Verfügungsbeklagte die Lieferung von elektrischer Energie nicht erneut unterbricht.

Dem LG kann nicht gefolgt werden, soweit es in der angefochtenen Entscheidung ausführt, dass gem. § 23 des Mietvertrages die Pflichten der Vermieterin bis zur vollständigen Zahlung der Kaution aufgeschoben seien.

§ 23 Abs. 1 des Mietvertrages lautet wie folgt:

"Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Zustandekommen des Mietvertrages aufgeschoben bleibt, bis zur vollständigen Zahlung der vereinbarten Kaution. In dieser Zeit schuldet der Mieter Nutzungsentschädigung und Erstattung von Bewirtschaftungskosten i.H. der vertraglichen Abreden."

Es kann dahin gestellt bleiben, ob diese Regelung überhaupt wirksam ist, oder ob nicht etwa eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 BGB vorliegt. Selbst bei Wirksamkeit dieser Regelung kann diese jedenfalls nicht in der vom LG durchgeführten Weise ausgelegt werden, dass die Pflichten des Vermieters bis zur vollständigen Zahlung der Kaution aufgeschoben seien. Der Mieter kann nur dann zur Zahlung von Nutzungsentschädigung und Erstattung von Bewirtschaftungskosten verpflichtet sein, wenn der Vermieter im Gegenzug dem Mieter entsprechend § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand überlässt und sie während der Nutzungsdauer in diesem Zustand erhält. Der vertragsgemäße Gebrauch erfordert die Lieferung von elektrischer Energie.

Davon abgesehen ist aufgrund des Verhaltens der Parteien davon auszugehen, dass beide vom Zustandekommen eines Mietvertrages ausgegangen sind. Es ist jedenfalls von einem konkludent zustande gekommenen Mietverhältnis auszugehen. Keine der Parteien hat sich zu irgendeinem Zeitpunkt darauf berufen, dass kein Mietverhältnis zustande gekommen sei.

Die Verfügungsbeklagte hat die Mietsache dem Verfügungsbeklagten entsprechend der vertraglichen Vereinbarung übergeben und verlangt von der Verfügungsklägerin im Gegenzug Zahlung der vertraglich vereinbarten Miete sowie der Kaution. Die Verfügungsbeklagte hat "das Mietverhältnis" u.a. in dem Verfahren 13 C 190/14 bei dem AG Spandau (jetzt 32 O 305/14 bei dem LG Berlin) mit Schriftsatz vom 7.7.2014 gekündigt. Nach dem unstreitigen Vortrag des Verfügungsklägers hat sie den Verfügungskläger auch auf Zustimmung zur Modernisierung verklagt.

Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Verfügungsbeklagte gegen den Verfügungskläger (noch) einen Anspruch auf Zahlung der Kaution hat. Ihr steht jedenfalls nicht das insoweit geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht zu. Die Verfügungsbeklagte verkennt, dass sie als Vermieterin nicht berechtigt ist, zur Durchsetzung ihrer Ansprüche - wie hier die Zahlung der Kaution - ihre Leistung aus der Verpflichtung zur Versorgung mit Wärme, Energie und Wasser zurückzuhalten, denn es handelt sich um eine nicht nachholbare Leistung (Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., II, Rz. 81 (m.w.N.).

Es kann auch dahingestellt bleiben, ob das Mietverhältnis zwischen den Parteien mittlerweile aufgrund von Kündigung beendet ist. Zwar endet mit einer Beendigung des Mietvertrages auch die Pflicht des Vermieters zur Gebrauchsüberlassung gem. § 535 Abs. 1 BGB, aber selbst wenn die Verfügungsbeklagte aufgrund Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr zur Gebrauchsüberlassung verpflichtet sein sollte, so wäre sie gleichwohl gegenüber dem Verfügungskläger nach Treu und Glauben zur Erbringung der Ver...

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