Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 03.04.1997; Aktenzeichen 9 O 479/96)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 3. April 1997 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 13.000,– DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer der Kläger beträgt 42.946,45 DM.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger sind in ungeteilter Erbengemeinschaft Eigentümer eines Miethauses in B. K. Das Grundstück stand unter staatlicher Verwaltung, die am 16. Februar 1963 auf der Grundlage des § 2 der VO zur Sicherung von Vermögenswerten vom 4. September 1952 (VOBl. Groß-Berlin I 1952 S. 445) angeordnet worden war.

In der Zeit ab September 1973 sind zwei Aufbaugrundschulden zugunsten der Sparkasse der Stadt Berlin (lfd. Nr. 5 und 6) und von 1977 bis 1990 neun Aufbauhypotheken (lfd. Nr. 7 bis 16) „für Eigentum des Volkes, Rechtsträger: Sparkasse der Stadt Berlin” im Grundbuch eingetragen worden. In den den Grundpfandrechten zugrundeliegenden Kreditverträgen zwischen der VEB Kommunale Wohnungsverwaltung B. L., dem staatlichen Verwalter, und der Sparkasse der Stadt Berlin war für die Bewilligung der Kredite auf die VO vom 28. April 1960 über die Finanzierung von Baumaßnahmen zur Schaffung und Erhaltung von privatem Wohnraum (GBl. I 1960 S. 351) bzw. die VO vom 30. September 1960, durch die die Geltung der VO vom 28. April 1960 für Groß-Berlin bestimmt worden war (VBl. für Groß-Berlin I 1960 S 691), Bezug genommen. Für sämtliche Kredite war ein Zinssatz von 4,5 % vereinbart, der auch ins Grundbuch eingetragen worden ist.

Auf Antrag der Kläger wurde die staatliche Verwaltung zum 3. Juni 1991 aufgehoben. Durch Bescheid vom 29. August 1994, der am 6. Februar 1995 Bestandskraft erlangte, bestimmte das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen L. … (AROV IV), daß die Grundpfandrechte in Höhe von insgesamt 423.659,81 DM seit dem 4. Juni 1991 zu übernehmen seien. Eine Aussage über von den Eigentümern zu entrichtende rückständige Zinsen aus der Zeit vor Aufhebung der staatlichen Verwaltung enthielt der Bescheid nicht.

Die Kläger haben ferner zwei zugunsten der Sparkasse der Stadt Berlin im Jahre 1960 und 1962 eingetragene Hypotheken über 88.000,– M und 28.000,– M (lfd. Nr. 1 und 2) übernommen, die von dem genannten Bescheid des AROV nicht erfaßt wurden.

Die Beklagte errechnete für die durch die vorstehend genannten Grundpfandrechte (lfd. Nr. 1, 2, 5 bis 16) gesicherten Kredite für die Zeit vom 1. Juli bis zum 2. Oktober 1990 bei einem Zinssatz von 4,5 % Zinsen in Höhe von 6.757,31 DM und für die Zeit vom 3. Oktober 1990 bis zum 3. Juni 1991 bei einem Zinssatz von 9,2 % 36.189,14 DM, insgesamt 42.946,45 DM.

Die Kläger weigerten sich, die Zinsen – wie von der Beklagten gefordert – anzuerkennen, zahlten jedoch sodann unter Vorbehalt. Zuvor hatten sich die Parteien dahin geeinigt, daß der Vorbehalt gelte, wenn eine Entscheidung des Kammergerichts oder des Bundesgerichtshofes zugunsten der Kläger ergehe, wonach sie für die Zeit vor der Aufhebung der staatlichen Verwaltung keine Zinsen schuldeten.

Die Kläger, die die Rückzahlung der geleisteten Zinsen begehren, haben sich für ihre Auffassung, daß sie für die Zeit bis zur Aufhebung der staatlichen Verwaltung am 3. Juni 1991 persönlich nicht für die Kreditzinsen einzustehen hätten, auf die Ansicht des Bundesministeriums der Justiz und des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen (vgl. dessen Schreiben vom 18. Mai 1950, Bl. 12 d. A.) berufen. Sie haben ausgeführt, daß das Vermögensgesetz die Frage der Zinstragungspflicht zwar nicht regele. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes komme eine Haftung jedoch nicht für die Zeit vor Aufhebung der staatlichen Verwaltung in Betracht, und zwar entsprechend den Rechtsgedanken in §§ 571 BGB, 69 Abs. 1, 151 Abs. 2 VVG. Das Vermögensgesetz begründe die Haftung für die nach Aufhebung der staatlichen Verwaltung zu übernehmenden Grundpfandrechte insoweit, als noch eine Bereicherung vorhanden sei. Dem widerspreche eine Haftung für Zinsen für die Zeit davor.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 42.946,45 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Fiktion des Erlöschens gemäß § 16 Abs. 9 Satz 1 VermG beziehe sich nur auf die Grundpfandrechte, nicht aber auf die Zinsen. Auch könne nicht vermutet werden, daß eine Bereicherung für die Zeit vor Aufhebung der staatlichen Verwaltung nicht mehr bestehe.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und ausgeführt, ein Anspruch der Beklagten auf die Zinsen bestehe deshalb nicht, weil durch die Kreditaufnahme des staatlichen Verwalters kein schuldrechtlicher Anspruch aus Darlehen zu Lasten der Kläger begründet worden sei. Die Annahme, der staatliche Ver...

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