Leitsatz (amtlich)

1. Die Bestimmung des Verkehrswertes einer landwirtschaftlichen Fläche kann auch für Verkaufsfälle vor Inkrafttreten der Neufassung des § 5 Satz 5 FlErwV durch die Einholung eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und beeidigten Sachverständigen erfolgen, weil die Erweiterung der Ermittlungsmöglichkeiten eine Erleichterung für den Erwerber mit sich bringt (§ 7 Abs. 2 AusglLeistG).

2. Der Verkehrswert (Marktwert) ist ausgehend von § 194 BauGB durch Ermittlung des Preises zu bestimmen, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen gewesen wäre.

3. Maßstab ist nicht der höchstmögliche Preis, sondern der bei einem Verkauf im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach marktangemessenem Aushandeln eines offen - nicht notwendig durch offene Ausschreibung - angebotenen Objekts durchschnittlich erzielte Preis.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 22.01.2010; Aktenzeichen 28 O 202/08)

 

Tenor

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das am 22.1.2010 verkündete Urteil der Zivilkammer 28 des LG Berlin - 28 O 202/08 - teilweise geändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 24.927,45 EUR vom 23.2. bis zum 27.6.2008 zu zahlen.

Im Übrigen werden die Berufung der Beklagten und die weitergehende Anschlussberufung des Klägers gegen das am 22.1.2010 verkündete Urteil der Zivilkammer 28 des LG Berlin - 28 O 202/08 - zurückgewiesen.

Die Kosten des zweiten Rechtszuges haben der Kläger zu 30 % und die Beklagte zu 70 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % Sicherheit leistet.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger als Käufer landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Flächen - als Berechtigter (Neueinrichter/Pächter) nach dem AusglLeistG - begehrt von der Beklagten als Verkäuferin i.H.v. 35.717,45 EUR die teilweise Rückzahlung des mit notariellem Kaufvertrag vom 22.1.2008 zwischen den Parteien in § 2 Nr. 2 vereinbarten Kaufpreises von 136.711,97 EUR, wobei er die Anpassung nach dem für die landwirtschaftlichen Flächen vereinbarten Preis von 132.952,69 EUR berechnet, der sich aus kalkulierten Preisanteilen für 26,6909 ha Ackerland von 127.410,83 EUR und für 1,3080 ha Grünland von 8.333,26 EUR zusammensetzt. Ausgehend von der sachverständigen Festsetzung des Verkehrswertes mit 166.000 EUR für die gesamte Fläche einschließlich sonstiger Flächen und Waldflächen von insgesamt 31,2494 ha errechnet der Kläger daraus eine Differenz von 35.717,45 EUR (132.952,69 EUR - 97.110 EUR [166.000 EUR abzgl. 35 % = 107.900 EUR abzgl. darauf 10 %]).

Des Weiteren begehrt er Zahlung anwaltlicher Kosten i.H.v. 1.192,60 EUR.

Hilfsweise begehrt er die Feststellung, dass ihm ein Anspruch auf Ermittlung des Kaufpreises durch ein Gutachten des Gutachterausschusses zustehe, hilfshilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ein solches Gutachten in Auftrag zu geben, sowie die Beklagte zur Zahlung auf der Grundlage dieses Gutachtens zu verurteilen.

Der Kläger stützt sein Klagebegehren auf Nr. 2 der Vorbemerkung des notariellen Kaufvertrages, die wie folgt lautet:

Nach Ansicht des Käufers ergibt sich für ihn nach den Vorgaben des AusglLeistG und der FlErwV ein Anspruch darauf, die vertragsgegenständlichen Flächen zu einem günstigeren als dem vereinbarten Kaufpreis erwerben zu können. Er behält sich daher vor, gerichtlich die erfolgte Kaufpreisbildung und -höhe einer Prüfung zu unterziehen sowie einen Anspruch auf Anpassung des vereinbarten Kaufpreises geltend zu machen.

Die Verkäuferin erklärt, dass sie bei der Kaufpreisbildung, die sie dem Käufer im Einzelnen dargelegt hat, nicht von niedrigeren Werten als den von ihr festgestellten und anhand anderer vergleichbarer Verkäufe in der Region abgeleiteten Vergleichswerten ausgehen durfte. Andernfalls würde sie bei Vereinbarung eines niedrigeren Kaufpreises eine ggf. europarechtswidrige Beihilfe gewähren, zumindest aber einen höheren Preisnachlass, als den durch das AusglLeistG vorgegebenen 35%igen Abschlag vom Verkehrswert.

Die Parteien sind sich jedoch darüber einig, dass sie den Vertrag entsprechend einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ggf. anpassen werden. Die Einigkeit besteht jedoch auch darüber, dass der Vertrag mit dem vereinbarten Kaufpreis Bestand h...

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