Leitsatz (amtlich)

Fordert eine Hausverwaltung den Mieter bei Mietende zur Vornahme von bestimmten, im Einzelnen beschriebenen Schönheitsreparaturen auf, obwohl der Mietvertrag eine wegen "starrer" Dekorationsfristen unwirksame Klausel enthält, macht sich der Vermieter in Höhe der Kosten des vom Mieter mit der Anspruchsabwehr beauftragten Rechtsanwalts schadensersatzpflichtig.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 02.09.2008; Aktenzeichen 14 C 177/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 2.9.2008 verkündete Urteil des AG Tempelhof/Kreuzberg abgeändert:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 659,81 EUR nebst Zinsen i.H.v 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.8.2007 zu zahlen.

Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung ist begründet, weil der Kläger von den Beklagten nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB Ersatz der geltend gemachten Anwaltskosten und der Kosten für den Voranschlag der F.M. GmbH & Co. KG verlangen kann. Auszugehen ist von Folgendem:

I. Mit dem AG geht der Senat davon aus, dass die (formularmäßig gefassten) Regelungen in § 10 Ziff. 4 des Mietvertrages vom 26./29.10.2001 betreffend die Übertragung der Schönheitsreparaturpflicht auf den Kläger nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sind. Sowohl die für die Durchführung der Schönheitsreparaturen als auch die für die Abgeltung bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages vorgesehenen Fristen sind "starr" mit der Folge, dass der Kläger zur Ausführung von Schönheitsreparaturen in keinem Fall verpflichtet war.

II. Der Senat kann jedoch der Auffassung des AG, wonach das Schreiben

der Hausverwaltung vom 5.3.2007 einen Schadensersatzanspruch der Kläger nicht auslösen konnte, nicht folgen.

1. Das auf die fristgemäße Kündigung des Klägers erfolgte Schreiben der Hausverwaltung mit dem Inhalt

"Sehr geehrter Herr G., hiermit bestätigen wir Ihnen Ihr Kündigungsschreiben vom 26.2.2007. Das Mietverhältnis endet zum 31.5.2007.

Im Hinblick auf die Schönheitsreparaturen beachten Sie bitte die Vereinbarung unter § 10 Ziff. 4 des Mietvertrages vom 29.10.2001 ..."

kann nicht nur als bloßer - wertungsfreier - Hinweis auf eine vertragliche Regelung verstanden werden. Wenn das AG darauf abstellt, dass das Schreiben der Hausverwaltung nicht zur Durchführung bestimmter, im Einzelnen beschriebener Schönheitsreparaturen auffordert, wird diese Betrachtungsweise dem Sachverhalt nicht gerecht. Aus der maßgeblichen Sicht des Klägers konnte der Wortlaut des Schreibens nur so verstanden werden, dass die Hausverwaltung von einer - in welchem Umfang auch immer - bestehenden Renovierungspflicht des Klägers ausging, also die Durchführung entsprechender Arbeiten bei Beendigung des Mietverhältnisses erwartete. Damit verlangte die Hausverwaltung vom Kläger etwas, was nach dem Mietvertrag nicht geschuldet war, so dass eine den Beklagten nach § 278 BGB zuzurechnende Pflichtverletzung i.S.d. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB vorlag (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 16.1.2009 - V ZR 133/08, NJW 2009, 1262, Rz. 17 und 18).

2. Die Pflichtverletzung erfolgte auch schuldhaft. Hierbei kann dahinstehen, ob bereits die Aufnahme der unwirksamen Regelungen in den Mietvertrag im Jahre 2001 ein Verschulden begründen konnte. Jedenfalls haben die Beklagten nicht darlegen können, weshalb der Hausverwaltung die Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung bei Abfassung des Schreibens vom 5.3.2007 nicht bekannt sein konnte (vgl. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB), so dass von einer fahrlässigen Handlungsweise der Hausverwaltung auszugehen ist. Soweit die Beklagten unter Hinweis auf die Rz. 19 der oben zitierten Entscheidung des BGH meinen, dass es an einem fahrlässigen Verhalten der Hausverwaltung fehle, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Beklagten können nämlich gerade nicht darlegen, dass der von der Hausverwaltung im Schreiben vom 5.3.2007 eingenommene Rechtsstandpunkt "plausibel" war: gerade das war im Hinblick auf die obergerichtliche Rechtsprechung, die der Hausverwaltung bekannt sein musste, nicht der Fall.

3. Aufgrund der Pflichtverletzung war der Kläger auch berechtigt, einen Rechtsanwalt einzuschalten. Auszugehen ist davon, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts jedenfalls dann gerechtfertigt ist, wenn die Rechtslage aus Sicht des Betroffenen nicht eindeutig in die eine oder die andere Richtung einzuordnen ist. So ist es in der Regel bei der Beurteilung der Wirksamkeit formularmäßig abgefasster Renovierungsklauseln in Mietverträgen: es ist jedenfalls für den juristisch nicht vorgebildeten Mieter nicht von vorneherein klar, ob eine Verpflichtung zur Vornahme der entsprechenden Arbeiten besteht oder nicht (vgl. zur "Eindeutigkeit" BGH, Urt. v. 8.11.1994 - VI ZR 3/94, NJW 1995, 446, 447l. Sp.).

4. Die für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts geltend gemachten

Kosten sind auch der Höhe nach gerechtfertigt.

a) Für die Berechnung der Kosten ist zu Recht der Kostenanschlag der F.M. GmbH & Co. KG vom 8.5...

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