Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 30.11.2012; Aktenzeichen 12 O 268/12)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.07.2014; Aktenzeichen VIII ZR 376/13)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das am 30.11.2012 verkündete Urteil des LG Berlin - 12 O 268/12 - geändert.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, das in der ...gelegene Haus, bestehend aus acht Zimmern, Hobbyraum, Abstellraum, Küche, Bad, Gäste-WC, Wirtschaftsraum, Werkstatt, Heizungsraum und Dachgeschoss mit einer Fläche von ca. 270 m2 zu räumen und geräumt an die Kläger herauszugeben.

Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 33.000 EUR abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Mietvertrag der Parteien betreffend das Haus ...in ...sieht die Nutzung der Räume im Erdgeschoss für eine Hypnosepraxis vor. Die Kläger erklärten mit Schreiben vom 20.2.2012 die Kündigung des Vertrages zum 30.9.2012 und erhoben Räumungsklage, die vom LG als unzulässig abgewiesen worden ist, weil von einem Wohnraummietverhältnis auszugehen sei. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der gestellten Anträge in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgen die Kläger die Klage weiter und machen geltend:

Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung sei Gewerbemietrecht anzuwenden, wenn Räume sowohl zum Wohnen als auch zur Ausübung des Berufs vermietet werden, aus dem der Mieter seinen Lebensunterhalt bestreitet. Letzteres sei in erster Instanz unstreitig gewesen. Die Absicht der Beklagten, in dem Haus ihrer freiberuflichen Gewerbetätigkeit nachzugehen, ergebe sich bereits aus ihren Angaben vom 10.6.2006 im Fragebogen zur Bewerbung. Die Kautionsregelung und die Kleinreparaturklausel seien auch bei Gewerbemietverträgen sinnvoll. Aus der Eigenbedarfskündigung im Jahre 2009 könne nicht auf den Zweck des 2006 geschlossenen Vertrages geschlossen werden, zumal die Kläger juristische Laien seien.

Die Kläger beantragen, das Urteil des LG Berlin abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, das in der ...gelegene Haus, bestehend aus acht Zimmern, Hobbyraum, Abstellraum, Küche, Bad, Gäste-WC, Wirtschaftsraum, Werkstatt, Heizungsraum und Dachgeschoss mit einer Fläche von ca. 270 m2 zu räumen und geräumt an die Kläger herauszugeben, hilfsweise den Rechtsstreit an das LG Berlin zurückzuverweisen, höchsthilfsweise den Rechtsstreit an das AG Wedding zu verweisen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Auch die "Selbstauskunft zur Wohnungsbewerbung" vom 6.10.2006 spreche gegen ein Überwiegen der Gewerbenutzung. Den Beklagten sei die Einrichtung einer Hypnosepraxis im Erdgeschoss lediglich gestattet worden. Der Verwendung eines für Wohnzwecke entworfenen Vertragsformulars komme eine erhebliche Bedeutung bei der Auslegung des Vertrages zu. Auch hätten die Kläger durch die Kündigung nach Wohnraummietrecht nachträglich eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie einen Wohnraummietvertrag hatten abschließen wollen. Selbst wenn, was bestritten bleibe, die Beklagten zwischenzeitlich weit mehr Räume für die Hypnosepraxis nutzen würden, komme es darauf nicht an, sondern auf den Parteiwillen bei Abschluss des Mietvertrages.

II. Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die vor dem LG erhobene Klage ist zulässig und begründet. Das Mietverhältnis zwischen den Parteien ist nicht als solches über Wohnraum i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 2a GVG, sondern als Gewerbemietverhältnis zu behandeln und die Klage ist gem. § 546 Abs. 1 BGB und § 985 BGB begründet.

1. Im angefochtenen Urteil ist zutreffend ausgeführt, dass ein Mischmietverhältnis, wie es hier vorliegt, insgesamt dem Wohnraummietrecht oder dem Gewerberaummietrecht unterliegt, je nachdem welcher Vertragszweck nach dem Parteiwillen bei Vertragsschluss überwiegt. Ebenso hat das LG richtig erkannt, dass es auf ein vom Vertrag abweichendes Nutzungsverhalten nicht ankommt, so dass dahin stehen kann, ob die Beklagten, wie die Kläger - unter Verweis auf die Selbstdarstellung des Hypnoseinstituts der Beklagten im Internet - behaupten, neben dem Erdgeschoss noch mindestens zwei Räume im Obergeschoss oder das gesamte Haus für ihre Hypnosepraxis nutzen.

2. Die vertraglichen Erklärungen der Parteien geben nichts Entscheidendes dafür her, ob für das Mietverhältnis Gewerbe- oder Wohnraummietrecht gelten bzw. ob eine gewerbliche oder eine Wohnnutzung im Vordergrund stehen sollte:

a. Die Parteien gingen bei Vertragsschluss offenkundig davon aus, dass die Beklagten in dem Haus (im Obergeschoss) wohnen, das Erdgeschoss aber für ihre Hypnosepraxis nutzen wollten und sollten. Ihnen wurde - entgegen der Argumentation in der Berufungserwiderung - die Einrichtung einer solchen Praxis nicht lediglich (in § 19 Z....

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