Leitsatz (amtlich)

1. Dem Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung, der von seinem "ewigen" Widerspruchsrecht gemäß §§ 5a VVG a.F. Gebrauch macht, stehen im Rahmen seines Rückabwicklungsanspruchs gegen den Versicherer keine Nutzungen aus auf die Abschlusskosten entfallenden Prämienanteil zu.

2. Nutzungen aus dem auf die Verwaltungskosten entfallenden Prämienanteil stehen ihm nur insoweit zu, als dieser Prämienanteil nicht für anteilig auf den Vertrag entfallende Verwaltungskosten verbraucht wurde.

3. Für die Schätzung der Nutzungen ist die Eigenkapitalrendite keine geeignete Schätzgrundlage.

 

Normenkette

BGB §§ 812, 818; VVG a.F. § 5a

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 25.09.2018; Aktenzeichen 7 O 245/17)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 27.10.2021; Aktenzeichen IV ZR 45/20)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 7 des Landgerichts Berlin vom 25. September 2018 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 241,44 Euro nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. September 2017 zu zahlen. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Klägerin zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zu 95 % und der Beklagten zu 5 % zur Last.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 105 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht als bei dem OLG Frankfurt a. M. registrierte Inkassodienstleisterin weitergehende Ansprüche aus der Rückabwicklung eines zwischen ihrer Zedentin E. F. und der Beklagten abgeschlossenen fondsgebundenen Lebensversicherungsvertrages geltend.

Nach dem Inhalt des Versicherungsscheins "S. Fondspolice" vom 20.10.2004 (Anlage K 2) war eine monatliche Prämie von 50 Euro vereinbart mit einer Dynamisierung von 5 % des Vorjahresbeitrages bei einer Beitragszahlungsdauer bis zum 31.10.2024. Als Erlebensfallleistung war der Gegenwert der angesammelten Anteileinheiten des ausgewählten Fonds "S. 2 019 Euro Guaranteed Fund" vorgesehen, als Todesfallleistung 7.200 Euro, mindestens jedoch der Gegenwert der Anteileinheiten oder die Anteileinheiten zuzüglich 5 % der Beitragssumme. Die Beklagte übersandte den Versicherungsschein und die Versicherungsbedingungen (eingereicht von den Parteienvertretern mit Schriftsätzen vom 11.12.2019, Bd. II/185 als Anlage KB 6, Beistück III, und vom 12.12.2019, II/187, Beistück IV) einschließlich der darin enthaltenen Verbraucherinformationen mit dem Policenbegleitschreiben vom 20.10.2004 (Anlage K 6). Nach der darin enthaltenen Widerspruchsbelehrung war der Widerspruch schriftlich zu erheben.

Die Zedentin widersprach der Dynamisierung in den Jahren 2005 und 2007 bis 2009 (diese entfiel damit in den Folgejahren) und zahlte bis zu ihrer Kündigung vom 30.12.2011 insgesamt Beiträge in Höhe von 4.507,50 Euro. Die Beklagte rechnete das Versicherungsverhältnis mit Schreiben vom 5.3.2012 (Anlage B 7) zum 1.2.2012 mit einem Rückkaufswert von 2.755,85 Euro zuzüglich eines Schlussüberschussanteils von 1,44 Euro (insgesamt 2.757,29 Euro) ab und zahlte unter Abzug der Kapitalertragssteuer nebst Solidaritätszuschlag einen Betrag von 2.687,01 Euro an die Zedentin aus.

Der Klägervertreter forderte die Beklagte mit einer ersten Abtretungsanzeige vom 23.8.2013 (Anlage B 8) zunächst zur Neuberechnung des Rückkaufswertes im Hinblick auf BGH-Entscheidungen aus 2005 und 2012 (die Fragen des Mindestrückkaufswertes im Hinblick auf die sogen. Zillmerung und des Stornoabzuges betrafen) auf. Die Beklagte erteilte daraufhin mit Schreiben vom 8.10.2013 (Anlage B 9) eine Gutschrift in Höhe des vorgenommenen Stornoabzuges von 27,84 Euro und zahlte nach Abzug der Kapitalertragssteuer nebst Solidaritätszuschlag einen verbleibenden Betrag von 20,50 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 1,74 Euro, insgesamt 22,24 Euro aus.

Nach weiterem Schriftwechsel über die Frage eines fortbestehenden Widerspruchsrechtes wegen nicht ordnungsgemäßer Belehrung (auf die Anlagen B 10 bis B 20 wird verwiesen), einer Rückabtretung und erneuten Abtretung vom 8./11.10.2014 (Anlagen K 4 und B 17) erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 23.12.2015 (Anlage B 21), der Widerspruch führe zur Rückabwicklung, die sie zunächst wie folgt abrechnete:

Eingezahlte Prämien 4.507,50 Euro

abzüglich Risikobeiträge von 475,67 Euro

abzüglich erfolgter Leistungen von insgesamt 2.785,13 Euro (2.757,29 Euro + 27,84 Euro)

= 1.246, 70 Euro.

Diesen Betrag zahlte sie an die Klägerin aus.

Der Klägervertreter monierte in der Folge die Höhe der abgezogenen Risikokosten und forderte die Herausgabe von Nutzungen aus den Spar- und Kostenanteilen der Prämien. Die Beklagte legte eine nach der Verwendung der Prämien aufgeschlüsselte Rü...

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