Leitsatz (amtlich)

1. Eine auf Antrag eines GmbH-Gesellschafters gegen die Gesellschaft ergangene einstweilige Verfügung, mit welcher der Gesellschaft die Einreichung einer geänderten, den Antragsteller nicht mehr als Gesellschafter ausweisenden Gesellschafterliste zum Handelsregister untersagt wird, verpflichtet die Gesellschaft, Maßnahmen zur Verhinderung der Listeneinreichung zu ergreifen und bei deren Erfolglosigkeit die Einreichung einer Korrekturliste zwecks Beseitigung des Störungszustands zu veranlassen.

2. Verstößt die Gesellschaft gegen die Verpflichtung, auf eine Verhinderung der Listeneinreichung hinzuwirken bzw. gegen das Gebot der Einreichung einer Korrekturliste, muss sie sich so behandeln lassen, als sei die von der Untersagungsverfügung betroffene Gesellschafterliste nie in den Handelsregisterordner aufgenommen worden. Über die eingeschränkte Rechtskraftwirkung einer im vorläufigen Rechtschutzverfahren gegen die Gesellschaft ergangenen Entscheidung kann sich diese nicht hinwegsetzen, indem sie unter Berufung auf die Legitimationswirkung von Gesellschafterlisten ohne Beteiligung des in der hinterlegten Gesellschafterliste nicht mehr als Gesellschafter ausgewiesenen Antragstellers Beschlüsse fasst.

3. Die Einrichtung eines Aufsichtsrats durch Gesellschafterbeschluss auf der Grundlage einer in der Satzung enthaltenen Öffnungsklausel ist unwirksam, weil es sich dabei um eine Satzungsänderung handelt, die nur durch notarielle Beurkundung (§ 53 Abs. 2 GmbHG) und Eintragung im Handelsregister wirksam werden kann (§ 54 Abs. 3 GmbHG). Der Senat hält insoweit an seinen Ausführungen im Urteil vom 23.07.2015 - 23 U 18/15 (GmbHR 2016, 29) fest, auf das im Übrigen verwiesen wird.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 104 O 93/14)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 02.07.2019; Aktenzeichen II ZR 406/17)

 

Tenor

I. Die Nebeninterventionen der Streithelfer zu 2) bis 6) werden für unzulässig erklärt.

Die Streithelfer zu 2) bis 6) haben die Kosten des Zwischenstreits und ihrer Streithilfe zu tragen.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das am 25.06.2015 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 104 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.

Das Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil jeweils insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beklagte entwickelt professionelle Audioanlagen, die von Unternehmen der Familie des Nebenintervenienten zu 6) vertrieben wurden. Mehrheitsgesellschafter der Beklagten war mit mehr als 60 % der Geschäftsanteile der Nebenintervenient zu 6); ob dessen Geschäftsanteil im Jahr 2014 wirksam eingezogen worden ist, ist zwischen den Parteien streitig. Die vom Kläger beherrschte Nebenintervenientin zu 1) hält ca. 15 % der Geschäftsanteile. Die von Söhnen des Nebenintervenienten zu 6) beherrschte, seit 2016 insolvente Nebenintervenientin zu 2) hielt ca. 3 % der Geschäftsanteile, die am 27.08.2015 von der Gesellschaft eingezogen worden sind. Die weiteren Anteile werden von mehreren anderen Gesellschaftern, überwiegend Mitarbeitern der Beklagten und deren Familienangehörigen sowie der Gesellschaft selbst gehalten. Geschäftsführer der Beklagten waren bis ins Jahr 2014 der Kläger und einer der Söhne des Nebenintervenienten zu 6), ...

Im Verlauf des Jahres 2014 kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kläger und dem Nebenintervenienten zu 6) sowie dessen als Mitgeschäftsführer amtierenden Sohn ... Auf einer von dem Geschäftsführer ... einberufenen Gesellschafterversammlung vom 13.10.2014 wurden mit einer Stimmenmehrheit von 63,318 % die Errichtung eines Aufsichtsrats beschlossen und die Nebenintervenienten zu 3) bis 5) als Aufsichtsratsmitglieder berufen; der von den Minderheitsgesellschaftern auf die Tagesordnung gesetzte Antrag, den Geschäftsführer ... abzuberufen, wurde mit den Stimmen des Mehrheitsgesellschafters abgelehnt. Hiergegen hat ein Minderheitsgesellschafter der Beklagten vor dem Landgericht Berlin (95 O 92/14 LG Berlin) Anfechtungs- und Beschlussfeststellungsklage erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

In einer außerordentlichen Sitzung vom 07.12.2014 beschlossen die Nebenintervenienten zu 3) bis 5)) wegen Verweigerung der Kooperation einstimmig die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer und die Kündigung eines Anstellungsvertrages. Als neue Geschäftsführer wurden die Herren ... und ...bestellt. Am 21.12.2014 wurde die Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers von dem Aufsichtsrat erneut beschlossen.

Auf Gesellschafterversammlungen vom 06.01.2015 und 07.01.2015, zu denen der Kläger eingeladen hatte, wurde die Einziehung des ...

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