Leitsatz (amtlich)

Weist der Antragsteller im Spruchstellenverfahren seine Aktionärseigenschaft nicht innerhalb der Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG durch Urkunden nach, ist sein Antrag unzulässig (Abweichung von OLG Stuttgart ZIP 2004, 1907, 1908; OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.10.2005 - 20 W 226/05, Rz. 7 ff., zit. nach juris; OLG Düsseldorf ZIP 2005, 1369, 1370).

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 17.01.2006; Aktenzeichen 102 O 186/04 AktG)

 

Nachgehend

BVerfG (Urteil vom 11.07.2012; Aktenzeichen 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08)

BVerfG (Beschluss vom 10.01.2012; Aktenzeichen 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08)

BGH (Beschluss vom 25.06.2008; Aktenzeichen II ZB 39/07)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2. wird der Beschluss des LG Berlin vom 17.1.2006 - 102 O 186/04 Akt - teilweise geändert:

Die Anträge der Antragsteller zu 5., 7., und 8. werden zurückgewiesen.

2. Hinsichtlich der sich auf die Anträge der Antragsteller zu 1., 4., 6., 9., 10., 11. und 12. beziehenden Beschwerde wird die Sache dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.

3. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der abschließenden Entscheidung in der Beschwerdeinstanz vorbehalten.

 

Gründe

A. Die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegner zu 1. bis 12. sind oder waren Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1. Am 1.7.2004 beschloss die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1., deren Vorstand zu beauftragen und zu ermächtigen, bei der Zulassungsstelle der Börse Berlin-Bremen den Widerruf der Zulassung der Aktien zum Handel im Amtlichen Markt zu beantragen (sog. Delisting). Die Beschwerdegegner zu 1., 6., 7. und 8, nicht aber die weiteren Beschwerdegegner erhoben gegen diesen Beschluss auf der Hauptversammlung Widerspruch.

Die Beschwerdeführerin hielt seinerzeit 49,95 % des Grundkapitals der Antragsgegnerin zu 1. Sie unterbreitete den anderen Aktionären das Angebot, deren Aktien unter der Voraussetzung, dass der Delisting-Beschluss zustande kommt, zu einem Preis von 1,70 EUR pro Stück zu übernehmen. Auf Antrag der Antragsgegnerin zu 1. widerrief die Börse Berlin-Bremen die Zulassung der Aktien zum Amtlichen Markt, was die Antragsgegnerin zu 1. am 19.10.2004 durch eine Anzeige in der F.A.Z. und am ...2004 im Elektronischen Bundesanzeiger bekannt gab.

Im Januar 2005 unterbreitete die N. AG mit Sitz in B. den Aktionären der Antragsgegnerin zu 1. ein Angebot zum Erwerb von deren Aktien zu einem Preis von 1,73 EUR pro Stück.

Die Beschwerdegegner halten die von der Beschwerdeführerin angebotene Barabfindung für zu niedrig. Sie meinen, dass ihnen ein höherer Kaufpreis zustehe, da die Wertermittlung auf andere Weise vorzunehmen sei, als dies die Beschwerdeführerin getan hat. Hierüber sei im Spruchverfahren nach den Bestimmungen des Spruchverfahrensgesetzes zu entscheiden. Die Beschwerdegegner haben beantragt, einen angemessenen Kaufpreis für den Erwerb der Aktien an der M. AG im Zusammenhang mit der Durchführung des von der Hauptversammlung am 1.7.2004 beschlossenen Delisting nach den Bestimmungen des Spruchverfahrensgesetzes zu bestimmen sowie eine Verzinsung des Erhöhungsbetrages auszusprechen.

Die Beschwerdeführerin hat beantragt, sämtliche Anträge als unzulässig zurückzuweisen.

Sie hat gemeint, dass es für den von den Beschwerdegegnern geltend gemachten Anspruch und für die Durchführung eines Spruchverfahrens keine Rechtsgrundlage gebe. Sofern der BGH in seiner Macrotron-Entscheidung (BGHZ 153, 47 ff. = NJW 2003, 1032 ff.) Gegenteiliges vertreten habe, sei diese Rechtsprechung verfassungswidrig. Sie verletze die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten aus den Art. 14, 2 und 3 GG. Zudem seien die Anträge derjenigen Beschwerdegegner, die auf der Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1. vom 1.7.2004 keinen Widerspruch zu Protokoll erklärt hätten, aus diesem Grunde unzulässig. Überdies seien die Anträge sämtlicher Beschwerdegegner deshalb unzulässig, weil sie ihre Aktionärsstellung nicht innerhalb der Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG nachgewiesen hätten. Die Beschwerdeführerin hat die Aktionärseigenschaft der Beschwerdegegner mit Nichtwissen bestritten. Schließlich seien die Anträge der Beschwerdegegner zu 9. bis 12. rechtsmissbräuchlich, da sie ihre Aktien erst in Kenntnis des Abfindungsangebots der N. AG erworben hätten und sie an dieser Gesellschaft zumindest mittelbar beteiligt seien; dabei sei es bezweckt worden, den Erlös aus dem Aktienverkauf an die Beschwerdeführerin im Wege des Spruchverfahrens in die Höhe zu treiben.

Das LG hat mit Beschluss vom 17.1.2006 eine Zwischenentscheidung zur Zulässigkeit der Anträge getroffen. Darin hat es die Anträge der Beschwerdegegner insoweit für zulässig erklärt, als sie sich gegen die Beschwerdeführerin richten; sofern sie gegen die Antragsgegnerin zu 1. gerichtet waren, hat es sie als unzulässig zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass den Beschwerdegegnern ein Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Abfindung analog §§ 304 ff. ...

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