Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen; kein Schadensersatz aus Stimmverhalten. Wohnungseigentumssache einer Wohnungseigentumsanlage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach der Zahlung von Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft kann ein Wohnungseigentümer ohne ermächtigenden Beschluß der Gemeinschaft Rückgriffsansprüche anteilig gegen andere Wohnungseigentümer gerichtlich geltend machen.

2. Aus einem bestimmten Stimmverhalten eines Wohnungseigentümers können Schadensersatzansprüche eines anderen Wohnungseigentümers nicht entstehen.

 

Normenkette

BGB § 426; WEG § 16 Abs. 2, §§ 23, 25

 

Beteiligte

weitere Beteiligte zu 3. bis 19. wie aus dem angefochtenen Beschluß ersichtlich

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Neukölln (Aktenzeichen 70 II 213/87)

LG Berlin (Aktenzeichen 150/191 T 132/89)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen und dem Antragsteller dessen notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten.

Der Geschäftswert wird für die zweite und dritte Instanz – für die zweite Instanz in Änderung des angefochtenen Beschlusses – auf 8.844,18 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beteiligten zu 1) und 2) sowie die anderen damaligen Wohnungseigentümer wurden durch rechtskräftige Urteile des Landgerichts Berlin verurteilt, als Gesamtschuldner an die gekündigte Hausreinigungsfirma für 1983 und 1984 noch 9.028,80 DM nebst Zinsen zu zahlen. Zur Abwendung der Zwangsvollstreckung leistete der Antragsteller im Juli 1987 11.525,55 DM auf die Hauptforderung und die titulierten Zinsen. Unter Ausschluß zweier zahlungsunfähiger Miteigentümer hat der Antragsteller einen Anteil der Antragsgegnerin an der Gesamtschuld von 8.844,18 DM errechnet. Die Antragsgegnerin hat die Aufrechnung mit der Begründung erklärt, der Antragsteller habe schuldhaft die Kündigung der Hausreinigungsfirma mit verursacht, wodurch unnötige Prozeßkosten und die doppelte Zahlung an die neue Hausreinigungsfirma entstanden seien. Der Anteil der Antragsgegnerin an dem Schaden betrage 11.205,19 DM, womit aufgerechnet werde. Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin verpflichtet. 8.844,18 DM an den Antragsteller zu zahlen. Hiergegen hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt und in zweiter Instanz im Wege eines Widerantrags beantragt, den Antragsteller zu verpflichten, an sie 8.844,18 DM nebst 7,5 % Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die Erstbeschwerde sowie den Widerantrag der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Die gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässige sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin ist sachlich nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf den das Rechtsmittel mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 FGG), weist der angefochtene Beschluß nicht auf.

Ohne Rechtsirrtum geht das Landgericht davon aus, daß der Antragsteller den anteiligen Ausgleichsanspruch gegen die Antragsgegnerin ohne Ermächtigung der Eigentümergemeinschaft gerichtlich geltend machen darf. Die Gründe, die den Bundesgerichtshof zu der Rechtsauffassung veranlaßt haben, daß Gemeinschaftsansprüche nur mit Ermächtigung der Gemeinschaft gerichtlich geltend gemacht werden dürfen (BGHZ 106, 222; NJW 1990, 2386), sind auf Regressansprüche wie hier nicht anzuwenden. Zwar handelt es sich materiell auch hier um Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums. Die Abhängigkeit von einem Eigentümerbeschluß und einer Ermächtigung zur gerichtlichen Geltendmachung folgt in dem von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen jedoch daraus, daß die Grundlage der Einforderung verbindlich für alle Miteigentümer festgelegt werden soll und die Gemeinschaft als Forderungsinhaberin darüber entscheiden muß, ob und wann der Anspruch gerichtlich geltend gemacht werden soll. Im vorliegenden Fall ist der Antragsteller jedoch als Gesamtschuldner in voller Höhe für eine Verbindlichkeit der Gemeinschaft in Anspruch genommen worden. Daraus folgt ein eigenes Forderungsrecht auf Gesamtschuldausgleich nach § 426 Abs. 1 BGB. Es wäre nicht sachgerecht, die gerichtliche Geltendmachung dieses Anspruchs ebenfalls von einem Eigentümerbeschluß und einer Ermächtigung der Gemeinschaft abhängig zu machen, abgesehen davon, daß bei den in Anspruch zu nehmenden Miteigentümern ein Interessenkonflikt vorliegen würde. Demgemäß hat der Bundesgerichtshof (NJW 1985, 912) ausgeführt, daß der einzelne Wohnungseigentümer ein eigenes Forderungsrecht unter der Voraussetzung hat, daß er über seinen Anteil hinaus mit Verbindlichkeiten der Gemeinschaft belastet worden ist und deshalb einen Freistellungs- oder Regressanspruch hat.

Rechtlich einwandfrei haben die Vorinstanzen nach Grund und Höhe einen Ausgleichsanspruch angenommen. Die Rechtsbeschwerde zieht das anfängliche Erwachsen des Ausgleichsanspruchs auch nicht mehr in Zweifel, sondern beruft sich auf eine Aufrechnung mit einem Gegenanspruch auf Schadensersatz.

Rechtsfehlerfrei hat die Vorinstanz die ...

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