Leitsatz (amtlich)

Ein Mehrheitseigentümer, der zugleich Verwalter ist, ist bei der Abstimmung über die gegen ihn ohne wichtigen Grund ausgesprochene Abberufung und Kündigung nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen (Abweichung von OLG Düsseldorf NZM 1999, 285 = ZMR 1999, 60 = WuM 1999, 59 = FGPrax 1999, 10).

 

Normenkette

WEG § 25 Abs. 5, § 26 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 182/01)

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II 196/00)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird dem BGH zur Entscheidung gem. § 28 Abs. 2 FGG vorgelegt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu I.), II.) und III.) bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft der Wohnanlage, die auf der notariellen Teilungserklärung vom 10.1.1994 beruht. Die Beteiligte zu III.) ist in der Teilungserklärung zur Verwalterin bis zum 31.12.1998 bestellt. Mit bestandskräftig gewordenem Mehrheitsbeschluss vom 8.6.1998 zu TOP 9 ist die Beteiligte zu III.) „zu den bisherigen Konditionen (d.h. 400 DM zzgl. 16 % Mehrwertsteuer pro Wohneinheit pro Jahr) bis 31.12.2003, mit einer beidseitigen Kündigungsfrist zum 30.6. des jeweiligen Jahres … gewählt”. Die Wohnanlage umfasst 81 Wohnungen und 9 Teileigentumseinheiten. Es gilt Objektstimmrecht. Die Beteiligte hat noch 40 Einheiten inne. Die Antragstellerin zu 1.) ist Eigentümerin der Wohnung Nr. 36, die Antragstellerin zu 2.) der Wohnung Nr. 2.

Mit Schreiben vom 16.5.2000 lud die Beteiligte zu III.) zu der Eigentümerversammlung am 7.6.2000 ein. Nach der Tagesordnung sollte zu TOP 5 über „die Abwahl der Verwaltung” abgestimmt werden. In der Versammlung am 7.6.2000 waren 82 Einheiten anwesend bzw. vertreten. Die Beteiligte zu III.) hatte zum Teil Vollmachten zur Vertretung von abwesenden Wohnungseigentümern. Zu TOP 5 wurde mit den Stimmen der Beteiligten zu III.) folgender Beschluss gefasst:

„TOP 05: Abwahl der Verwaltung

Antrag: „Die Verwaltung B-… GmbH und Immobilien Geschäfts/KG, … (Beteiligte zu III.)) wird fristgemäß mit Wirkung zum 31.12.2000, 24.00 Uhr, abberufen.”

Abstimmung per Handzeichen:

Ja-Stimmen: 21

Nein-Stimmen: 58

Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.”

Mit ihrer am 28.6.2000 eingegangenen Antragsschrift haben die Antragstellerinnen die Feststellung beantragt, dass der Eigentümerbeschluss vom 7.6.2000 zu TOP 5 mehrheitlich dahin gefasst worden sei, dass die Beteiligte zu III.) als Verwalterin zum 31.12.2000 abberufen sei. Auf die Mitteilung der Verwalterin, dass sie wegen des Interessenkonfliktes „von der Zustellungsvertretung ausgeschlossen” sei, haben die Vorinstanzen Mitglieder des Verwaltungsbeirats als „Zustellungsbevollmächtigte” (gemeint wohl: Zustellungsvertreter) für die Beteiligten zu II.) (Wohnungseigentümer mit Ausnahme der beiden Antragstellerinnen und der Mehrheitseigentümerin) bestellt und diese am gerichtlichen Verfahren beteiligt. Das AG hat mit Beschluss vom 16.3.2001, der nicht als Teilbeschluss anzusehen ist, obwohl er den Verfahrensgegenstand erster Instanz nicht ausschöpft, aber dennoch dessen abschließende Erledigung darstellen soll, lediglich festgestellt, dass die Beteiligte zu III.) zu TOP 5 der Eigentümerversammlung vom 7.6.2000 nicht stimmberechtigt war. Mit ihrer fristgerechten Erstbeschwerde haben die Antragstellerinnen ihren inzident abgewiesenen ursprünglichen Feststellungsantrag, dass die Beteiligte zu III.) zum 31.12.2000 abberufen worden sei, weiterverfolgt. Das LG hat mit Beschluss vom 18.12.2001 diesem Feststellungsantrag stattgegeben. Gegen diesen am 12.2.2002 (vgl. II/127) zugestellten Beschluss richtet sich die am 26.2.2002 frist- und formgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu III.), mit der die Zurückweisung der Anträge der Antragstellerinnen verfolgt wird.

II. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu III.) ist gem. §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Durch die erstmals von der zweiten Instanz getroffene Feststellung, dass ein Abberufungs- und Kündigungsbeschluss in der Versammlung vom 7.6.2000 zu TOP 5 zu Lasten der Beteiligten zu III.) zustande gekommen sei, ist die Beteiligte zu III.) sowohl als Verwalterin wie auch als (Mehrheits-) Eigentümerin in ihrer Verwalterstellung bzw. in ihrem Recht auf ordnungsmäßige Verwaltung betroffen.

Der Senat hält die Rechtsbeschwerde auch für begründet. Der angefochtene Beschluss des LG ist nach seiner Auffassung nicht rechtsfehlerfrei (§ 27 Abs. 1 FGG). Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des LG ergibt sich, dass am 7.6.2000 über eine freie Kündigung der Beteiligten zu III.) als Verwalterin abgestimmt werden sollte und abgestimmt worden ist, wie sie nach dem Eigentümerbeschluss vom 8.6.1998 zu TOP 9 vorbehalten war. Nach Auffassung des Senats war die Kündigungsregelung trotz des verknappten Wortlauts dahin zu verstehen, dass die Kündigungsmöglichkeit jeweils zum Jahresende mit halbjähriger Kündigungsfrist bestand, dass also am 7.6.2000 folgerichtig zum 31.12.2000 hätte gekündigt werden können, wie es in dem Tagesordnungspunkt auch korrekt angegeben ist. Selbst wenn der Wortlaut des Ei...

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