Leitsatz (amtlich)

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie durch die Aufhebung dieses Verfahrens wird die Vertretung der Gesellschaft betroffen, jedoch nicht deren Befugnis, über ein Grundstück zu verfügen, als dessen Eigentümerin die Gesellschaft im Grundbuch eingetragen ist.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 43 TV 12795-3)

 

Tenor

Die Zwischenverfügung wird zu Nr. 1 aufgehoben.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1. verkaufte mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 26.8.2009 (UR-Nr. 5.../2009 des Notars Dr. T. F.) das im Rubrum bezeichnete Teileigentum an die Beteiligten zu 2. und 3. Die Beteiligte zu 1. wurde dabei von dem Geschäftsführer der Gesellschafterin zu 1. d) T. K. als vollmachtlosem Vertreter vertreten.

In Abschnitt XIII. des Vertrages bevollmächtigten Verkäufer und Käufer die Notariatsangestellte I. S., ggü. dem Grundbuchamt alle Erklärungen abzugeben, die zur Durchführung dieses Vertrages erforderlich werden.

In der Folge genehmigten die Gesellschafter zu 1. b) und c) die beurkundeten Erklärungen. Anstelle des Gesellschafters zu 1. a), über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren bereits vor der notariellen Verhandlung eröffnet worden war, genehmigte der Insolvenzverwalter Dr. D. W. am 12.11.2009 unter Vorlage einer Insolvenzverwalterbescheinigung vom 10.11.2008. Die Beteiligten haben eine beglaubigte Fotokopie dieser Verwalterbescheinigung zu den Grundakten eingereicht, in deren Beglaubigungsvermerk vom 12.11.2009 der Notar bescheinigt, dass ihm das Original zu diesem Zeitpunkt vorgelegen habe.

In notarieller Verhandlung vom 24.6.2010 (UR-Nr. 3.../2010 des Notars Dr. T. F.) erklärte die Notariatsangestellte I. S. unter Bezugnahme auf die Vollmacht in der Urkunde vom 26.8.2010 (UR-Nr. 5.../2010) für Verkäufer und Käufer die Auflassung sowie Antrag und Bewilligung für die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch.

Auf den Antrag des Notars vom 24.6.2010, der u.a. auf die Eigentumsumschreibung gerichtet war, gab das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 8.7.2010 zu Nr. 1 auf, eine Insolvenzverwalterbescheinigung im Original oder in Ausfertigung einzureichen, da das Bestehen der Verfügungsbefugnis grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch zu belegen sei. Im Ausnahmefall könne auch eine beglaubigte Abschrift der Bescheinigung ausreichend sein, wenn der Notar zugleich bescheinige, dass ihm die Hauptschrift zeitnah zu der beantragten Eintragung vorgelegen habe.

Mit ihrer Beschwerde vom 18.8.2010 machen die Beteiligten geltend, die Vollmacht müsse nur bis zur Abgabe der Eintragungsbewilligung nachgewiesen werden, nicht bis zum Zeitpunkt ihrer verfahrensrechtlichen Verwendung.

II. Das Rechtsmittel ist gem. §§ 71 ff. GBO zulässig. Es ist dahin auszulegen, dass die Beschwerde durch die Beteiligten zu 1., 2. und 3.. erhoben werden soll. Wenn der beurkundende Notar im Rahmen der vermuteten Vollmacht nach § 15 GBO Beschwerde einlegt, sind grundsätzlich alle Antragsberechtigten als Beschwerdeführer anzusehen, wenn sich nicht aus einer ausdrücklichen Angabe oder aus den Umständen etwas anderes ergibt (vgl. nur Demharter, GBO, 27. Aufl., § 15 Rz. 20). Antrags- und beschwerdeberechtigt ist auf Verkäuferseite nur die Beteiligte zu 1. und nicht auch deren Gesellschafter oder der Insolvenzverwalter, weil sie als rechtsfähige Außengesellschaft selbst als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, so dass nur ihre dingliche Rechtsstellung durch die beantragte Eigentumsumschreibung einen Verlust erleidet.

III. Die Beschwerde ist auch begründet. Die (erneute) Vorlage einer Insolvenzverwalterbescheinigung ist weder zum Nachweis der Verfügungsberechtigung noch der Vertretungsmacht erforderlich.

Auflassung, Eintragungsantrag und Eintragungsbewilligung sind auf Veräußererseite im Namen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus den Gesellschaftern zu 1. a) bis 1. d), erklärt. Diese Bezeichnung ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 891 i.V.m. § 899a BGB wird gegenüber jedermann und damit auch ggü. dem Grundbuchamt widerlegbar vermutet, dass die gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO im Grundbuch eingetragenen Personen Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sind. Der Insolvenzverwalter ist nicht Mitgesellschafter geworden. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters führt gem. § 728 Abs. 2 S. 1 BGB zur Auflösung der Gesellschaft. Für die Beendigung der schwebenden Geschäfte, für die dazu erforderliche Eingehung neuer Geschäfte sowie für die Erhaltung und Verwaltung des Gesellschaftsvermögens gilt sie als fortbestehend, soweit der Zweck der Auseinandersetzung es erfordert (§ 730 Abs. 2 S. 1 BGB). Die Geschäftsführung steht von der Auflösung an allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu (§ 730 Abs. 2 S. 2 BGB). Im Rahmen der Gesamtgeschäftsführungsbefugnis nimmt der Insolvenzverwalter die Funktionen des Schuldners als Geschäftsführer wahr, da ihm gem. § 80 InsO die Verwa...

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