Verfahrensgang

LG Berlin (Vorlegungsbeschluss vom 21.12.1984; Aktenzeichen 64 S 239/84)

 

Tenor

1. Der Anschluß einer Mietwohnung an das Breitbandkabelnetz der D. B. stellt bei dem derzeitigen Stand der Informations- und Kommunikationstechnik jedenfalls im Lande B. eine „Maßnahme zur Verbesserung der gemieteten Räume” im Sinne von § 541 b BGB dar. Das gilt auch dann, wenn in der Mietwohnung bereits durch den Anschluß an die vertraglich zur Verfügung gestellte Gemeinschaftsantenne 5 deutschsprachige (3 × West und 2 × Ost) Fernsehprogramme und sämtliche am Ort empfangbaren UKW-Hörfunkprogramme empfangen werden können.

2. Ob der Mieter den Anschluß an das Breitbandkabelnetz zu dulden hat, bedarf der Interessenabwägung im Einzelfall. Insoweit wird der Erlaß eines Rechtsentscheids abgelehnt.

3. Eine „Umrüstung” auf den Rundfunkempfang durch Breitbandkabel der D. B. d.h. die gleichzeitige Beseitigung des Anschlusses der Mietwohnung an die vertraglich zur Verfügung gestellte Gemeinschaftsantenne, braucht der Mieter nicht zu dulden, wenn und solange die Gemeinschaftsantenne ihm den Empfang von Rundfunkprogrammen ermöglicht, deren inhaltlich unveränderte, vollständige und zeitgleiche Einspeisung in das Breitbandkabelnetz nicht gesetzlich gewährleistet ist.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger sind Mieter von Wohnanlagen der Beklagten in den Ortsteilen D. B. und R. von …. Sie wehren sich gegen die Absicht der Beklagten, die Gemeinschaftsanlage zum Empfang der Hörfunk- und Fernsehprogramme von den vorhandenen Gemeinschaftsantennen zu trennen und an das Breitbandkabelnetz der d. B. anzuschließen. Die 1553 Wohnungen der Wohnanlagen sind zur Zeit an (insgesamt sieben) Gemeinschaftsantennen angeschlossen. Die Empfangsmöglichkeiten sind je nach Art und Zeitpunkt der Errichtung der jeweiligen Gemeinschaftsantenne unterschiedlich. So besteht nach Angaben der Beklagten bei 890 Wohnungen keine Möglichkeit, das 2. Programm des Fernsehens der DDR zu empfangen, und 469 Wohnungen können über die Gemeinschaftsantenne keine Hörfunkprogramme empfangen. Auch bei den 13 Klageparteien sind die Empfangsmöglichkeiten über die ihnen im Mietvertrag als Gemeinschaftseinrichtung zur Benutzung zur Verfügung gestellte Gemeinschaftsantenne vertragsgemäß unterschiedlich. Nur 8 der Klageparteien können in ihrer Wohnung alle fünf in B. drahtlos empfangbaren deutschsprachigen Fernsehprogramme und (wenigstens) sämtliche in B. drahtlos empfangbaren UKW-Hörfunkprogramme empfangen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Kläger müßten die Umrüstung von der Gemeinschaftsantenne auf den Kabelanschluß dulden. Nach den einschlägigen Vorschriften in den Mietverträgen bedürfe sie für diese Maßnahme nicht der Zustimmung der Mieter. In erster Linie handele es sich um eine Reparatur (Instandhaltung) des Fernseh- und Radiosignalempfangssystems. Für zwei der Gemeinschaftsantennen sei die befristet erteilte Genehmigung der D. B. abgelaufen. Eine Verlängerung der Genehmigung erhalte sie nur, wenn sie die Antennenanlagen den zur Zeit geltenden technischen Vorschriften anpasse; das aber erfordere eine nicht unerhebliche Reparatur der Verstärkeranlagen, deren Kosten nach dem Kostenvoranschlag einer Fachfirma sich schon bei einer einzelnen Gemeinschaftsantenne auf 2.132,– DM beliefen. Nachdem die Anlagen schon in der Vergangenheit nicht unerhebliche Reparaturkosten verursacht hätten, wolle sie die Antennenanlage nun im Rahmen der ohnehin erforderlichen Reparatur auf das moderne und weniger störanfällige Signalempfangssystem des Breitbandkabelnetzes umstellen. Mit dieser Maßnahme ermögliche sie allen ihren Mietern einen immer einwandfreien Empfang aller in B. empfangbaren Fernseh- und UKW-Hörfunkprogramme. Die Anschlußkosten von je 400,– DM je Übergabestation (insgesamt 2.800,– DM) wolle sie selbst tragen, d.h. keine Mieterhöhung vornehmen. Die gesamte Hausverteilanlage bleibe, da bereits mit Kupferkoaxialkabeln versehen, einschließlich der in den Wohnungen der Mieter befindlichen Anschlußsteckdosen unverändert. Auch die Verbindung zwischen Steckdose und Fernsehgerät müsse bereits jetzt mit einem Koaxialkabel erfolgen, um einen einwandfreien Empfang zu gewährleisten. Die Mieter hätten keinen vertraglichen Anspruch darauf, daß das an der Antennensteckdose empfangbare Signal vom Vermieter mittels einer Gemeinschaftsantenne und nicht durch Anschluß an das Breitbandkabel herangeführt werde. Die vertraglich zugesagte Zurverfügungstellung einer Gemeinschaftsantenne bedeute nur, daß der Mieter in der Wohnung eine funktionsfähige Antennensteckdose vorfinden müsse. Das aber sei auch nach der Umstellung der Fall. Jeder Mieter könne mit seinen Empfangsgeräten (mindestens) die bisher empfangbaren Fernseh- und UKW-Hörfunkprogramme empfangen. Er brauche nichts weiter zu tun, als einmalig sowohl die Rundfunk- als auch die Fernsehempfänger auf die neuen Sendekanäle einzustellen, eine Einstellung, die auch bei jedem Umzug oder einer Neuanschaffung eines Geräts erforderlich sei. Auch bisher verwendete Videore...

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