Entscheidungsstichwort (Thema)

Prüfung der Geeignetheit eines Betreuers durch das Vormundschaftsgericht

 

Normenkette

BGB § 1897

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 28.01.2008; Aktenzeichen 83 T 288/07)

AG Berlin-Köpenick (Aktenzeichen 52 XVII W 820)

 

Tenor

Der Beschluss des LG Berlin vom 28.1.2008 - 83 T 288/07 - wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LG zurück verwiesen.

 

Gründe

I. Die weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie formgerecht durch den Verfahrensbevollmächtigten der Betroffenen erhoben worden, § 29 Abs. 1 S. 2 FGG.

II. Die weitere Beschwerde ist auch begründet.

1. Das LG hat ausgeführt, die Betroffene sei infolge einer Demenz vom Mischtyp mit Störungen des Gedächtnisses, der Orientierung und der Handlungsplanung bei Realitätsverlust völlig außer Stande, die vom Aufgabenkreis des Betreuers umfassten Angelegenheiten selbst zu besorgen. Eine Betreuung sei auch nicht im Hinblick auf die Vorsorgevollmacht zugunsten von Frau S. entbehrlich, weil diese weder als Bevollmächtigte noch als Betreuerin geeignet sei. Es fehle jegliches Vertrauen in die Verlässlichkeit von Frau S. bei der Besorgung der finanziellen Angelegenheiten der Betroffenen. Die Kammer sei davon überzeugt, dass Frau S. mit Hilfe der Geldkarte der Betroffenen versucht habe, schon zu Lebzeiten einen erheblichen Teil der Geldmittel der Betroffenen zu eigenen Gunsten abzuzweigen, und dass sie die abgehobenen Geldbeträge nur deswegen in das Zimmer der Betroffenen im Pflegeheim gebracht habe, um sich von dem Verdacht der Unterschlagung rein zu waschen. Dass die Betroffene bei der persönlichen Anhörung die Schilderung von Frau S. über die Vorgänge bei der Geldabhebung bestätigt habe, besage nichts, weil es der Betroffenen an jeglichem verlässlichen Erinnerungsvermögen fehle. So habe sie bei der Anhörung erklärt, Frau S. bereits seit acht Jahren zu kennen, während Frau S. selbst schon zu Beginn des Verfahrens ausgeführt habe, sie kenne die Betroffene sei zwei Jahren. Auch habe die Betroffene bei der persönlichen Anhörung auf die Frage nach ihrer Geldkarte vergeblich in ihrem Schrank danach gesucht, wodurch ganz deutlich geworden sei, dass sie in diesen Angelegenheiten keinen Überblick habe. Es sei auch unter keinem Gesichtspunkt nachvollziehbar, weshalb die pflegebedürftige Betroffene, die zu keinerlei eigenen Geldausgaben im Rechtsverkehr in der Lage ist, den Bedarf nach Aufbewahrung von 2.500 EUR in 50 EUR-Scheinen im Zimmer des Heims gehabt haben könne. Selbst wenn sie so einen Wunsch geäußert haben solle, hätte Frau S., indem sie diesem Wunsch nachgekommen wäre, ihre Ungeeignetheit zur verlässlichen Führung der Geldgeschäfte der Betroffenen bewiesen.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung, auf die das Gericht der weiteren Beschwerde beschränkt ist, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO, nicht stand.

a) Allerdings ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das LG eine Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen in den von dem Vormundschaftsgericht bestimmten Aufgabenbereichen "Sorge für die Gesundheit", "Aufenthaltsbestimmung" und "Vermögenssorge" festgestellt hat. Soweit das Vormundschaftsgericht als weiteren Aufgabenkreis auch "Vertretung vor Behörden" bestimmt hat, handelt es sich nicht um einen eigenständigen Aufgabenkreis, sondern lediglich um eine Konkretisierung der übrigen, weil sich die Vertretungsbefugnis des Betreuers gegenüber Behörden im Rahmen seines Aufgabenkreises aus dem Gesetz ergibt, § 1902 BGB (KG, Beschl. v. 27.11.2007 - 1 W 243/07, FamRZ 2008, 919).

Ein Betreuungsbedürfnis besteht dann, wenn ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann, § 1896 Abs. 1 S. 1 BGB. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen stellt auch die weitere Beschwerde nicht in Abrede.

b) Es ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das LG die Bestellung eines Betreuers trotz vorliegender Vorsorgevollmacht für erforderlich gehalten hat. Eine Betreuung ist dann nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können, § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB. Das ist vorliegend nicht der Fall.

Allerdings folgt dies nicht daraus, dass der Behördenbetreuer die Vorsorgevollmacht vom 5.9.2005 ggü. der Bevollmächtigten widerrufen hat. Dieser Widerruf ist unwirksam, weil dem Behördenbetreuer hierzu die Befugnis fehlte. Ein Betreuer ist nur dann zum Widerruf einer Vorsorgevollmacht befugt, wenn ihm sämtliche Angelegenheiten des Betroffenen oder wenigstens auch der Aufgabenkreis "Geltendmachung von Rechten des Betreuten ggü. dem Bevollmächtigten", vgl. § 1896 Abs. 3 BGB, übertragen worden ist (KG, Beschl. v. 14.11.2006 - 1 W 343/06, FamRZ 2007, 1041). Eine entsprechende Aufgabenübertragung auf den Behördenbetreuer hat das Vormundschaftsgericht nicht vorgenommen.

Soweit das LG die Betreuerbestellung im Aufgabenkreis "Vermögens...

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