Leitsatz (amtlich)

Die Erklärung, dass der Kaufpreis bereits gezahlt sei, ist nicht nach § 311b BGB beurkundungsbedürftig (Abgrenzung zu BGH NJW 2000, 2100; 1986, 248).

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 08.12.2009; Aktenzeichen 37 O 240/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 8.12.2009 verkündete Urteil der Zivilkammer 37 des LG Berlin abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten beider Instanzen hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Hinsichtlich der erstinstanzlichen Anträge, der tatbestandlichen Feststellungen sowie des Inhalts der angefochtenen Entscheidung wird auf das Urteil des LG Berlin vom 8.12.2009 Bezug genommen.

Die Beklagte begehrt mit ihrer Berufung Abweisung der Klage. Das LG habe seine Entscheidung zu Unrecht auf die Aussage des Zeugen W. gestützt. Dieser habe auf Fragen nur unvollständig geantwortet, seine Glaubwürdigkeit sei u.a. angesichts seiner strafrechtlichen Verurteilung erschüttert. Auch die weiter in dem Urteil herangezogenen Indizien seien zu Unrecht als Bestätigung der Aussage gewertet worden.

Der Kläger beantragt Zurückweisung der Berufung. Er verteidigt das angefochtene Urteil gegen die Angriffe der Beklagten. Der beurkundete Kaufvertrag sei nichtig, da Erklärungen mit Erfüllungswirkung für den Kaufpreisanspruch und damit auch die Bestätigung der Zahlung der notariellen Beurkundung bedürften. Da diese Erklärung unrichtig sei, führe dies zur Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrages.

II. Die Berufung ist zulässig. Die Beklagte hat eine den Erfordernissen des § 519 ZPO entsprechende Berufungsschrift am 25.1.2010 bei dem KG eingereicht. Dieser Schriftsatz wahrt die Berufungsfrist, da das Urteil der Beklagten am 8.1.2010 zugestellt worden ist.

Mit dem innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist per Telefax eingereichten Schriftsatz vom 8.4.2010 hat die Beklagte eine Berufungsbegründung eingereicht, die noch den Anforderungen des § 520 ZPO genügt. Aus der Begründung wird ersichtlich, dass die Beklagte entgegen dem Berufungsantrag zu 1 auch insoweit eine Abweisung der Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils begehrt. Es reicht aus, dass sich dies noch nicht aus dem ausformulierten Anträgen, sondern erst aus dem Gesamtinhalt der Berufungsbegründungsschrift ergibt (vgl. Zöller/Heßler, 28. Aufl., § 520 ZPO Rz. 28 m.w.N.). Selbst wenn man die Korrektur des Antrags im Schriftsatz vom 23.4.2010 als Antragsänderung ansehen würde, wäre diese gem. § 533 ZPO zulässig. Sie ist zur Beilegung der Streitigkeiten sachdienlich und wird auf Tatsachen gestützt, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin zugrunde zu legen hat.

Auch in der Sache hat die Berufung Erfolg.

Die Feststellungen des LG tragen die getroffene Entscheidung nicht. Selbst wenn man davon ausgeht, dass entsprechend der Überzeugung des LG der Kaufpreis entgegen der Bestätigung des Klägers in der notariellen Urkunde noch nicht gezahlt worden war, führt dies nicht zur Nichtigkeit des Kaufvertrages gem. §§ 311b, 125 BGB oder § 117 BGB.

Die - unterstellte - unrichtige Angabe über die Kaufpreiszahlung ist kein Scheingeschäft i.S.v. § 117 BGB. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit dem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen aber nicht eintreten lassen wollen (ständige Rechtsprechung des BGH, z.B. WM 2009, 259). Dies behauptet der Kläger für die in den Vertrag aufgenommene Bestätigung der Kaufpreiszahlung. Dabei handelt es sich aber nicht um ein Rechtsgeschäft, sondern um die Erklärung über eine Tatsache.

Die Bestätigung, dass der Kaufpreis gezahlt sei, hat den Charakter einer Quittung (§ 368 BGB). Für diese ist seit der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 108, 55; ferner BGH WM 1978, 849; NJW-RR 1988, 881) anerkannt, dass sie nur das Bekenntnis einer Tatsache, aber kein Rechtsgeschäft ist. Diese Bestätigung kann richtig oder falsch sein, was im Rechtsstreit gegebenenfalls - unter Berücksichtigung der Wirkung der Quittung - zu beweisen ist. Sie begründet selbst aber keine rechtlichen Verpflichtungen.

Der Kläger behauptet nicht, dass der Kaufvertrag im Übrigen, insbesondere die Verpflichtungen zur Eigentumsübertragung und zur Zahlung des Kaufpreises, nur zum Schein geschlossen worden sei. Vielmehr ging er nach seiner Darstellung (Klageschrift S. 3) davon aus, dass der Kaufpreis mittels eines mit seiner Ehefrau zu schließenden Darlehensvertrages finanziert werden würde. Er ging also davon aus, dass der Kaufpreis später fließen werde. Auch wenn der beurkundete Vertrag nur geschlossen worden sein sollte, damit die Beklagte sich den Banken als Eigentümerin eines baureifes Grundstück präsentieren konnte, ist das Rec...

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