Entscheidungsstichwort (Thema)

Einwendungsausschluss des Kostenschuldners gegenüber dem beitreibenden Rechtsanwalt gem. § 126 Abs. 2 S. 1 ZPO

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Kostenschuldner aus einem Kostenfestsetzungsgesuch kann sich gegenüber dem beitreibenden Rechtsanwalt nicht darauf berufen, er habe den Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Partei durch Zahlung, Aufrechnung oder auf andere Weise erfüllt.

 

Normenkette

ZPO § 126

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Pankow/Weißensee (Beschluss vom 02.02.2006; Aktenzeichen 20 F 6277/03)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 14.02.2007; Aktenzeichen XII ZB 112/06)

BGH (Beschluss vom 27.06.2006; Aktenzeichen StB 13/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des AG Pankow/Weißensee vom 2.2.2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger nach einem Wert von bis zu 3.000 EUR zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die vom Kläger erhobene Klage ist mit Urteil des AG Pankow/Weißensee vom 15.6.2005 abgewiesen worden, das ihm auch die Kosten des Rechtsstreits auferlegt hat. Seine Berufung hat das KG mit am 3.11.2005 verkündetem Urteil zurückgewiesen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, der dieser im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden war, hat mit Schriftsatz vom 3.11.2005 die Festsetzung seiner Gebühren für beide Instanzen gem. § 126 ZPO beantragt. Gegen die antragsgemäß vorgenommene Festsetzung mit Beschluss vom 2.2.2006 hat der Kläger am 13.2.2006 sofortige Beschwerde eingelegt, da er gegen die Forderung der Beklagten bereits mit Schreiben vom 20.6.2005 mit einem ihm gegen sie vom LG Berlin zuerkannten Anspruch die Aufrechnung erklärt habe. Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel unter Hinweis auf § 126 Abs. 2 ZPO nicht abgeholfen.

Der gem. § 568 Abs. 1 ZPO zuständige Einzelrichter hat das Beschwerdeverfahren dem Senat übertragen.

II. Die gem. § 104 Abs. 3 ZPO statthafte und rechtzeitig eingelegte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die von dem Kläger erklärte Aufrechnung kann dem von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten geltend gemachten Anspruch nach § 126 ZPO nicht entgegengesetzt werden.

Zwar hat der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 20.6.2005 die Aufrechnung mit einer Forderung aus dem Urteil des LG Berlin erklärt, während der Festsetzungsantrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten erst vom 3.11.2005 datiert. Das ist aber unerheblich.

Nach § 126 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind ggü. dem Beitreibungsrecht des Rechtsanwalts Einwendungen des Gegners unzulässig, mit denen dieser aus seinen Rechtsbeziehungen zu der bedürftigen Partei das Erlöschen des Kostenerstattungsanspruchs geltend machen will. Das bedeutet insb., dass sich der Kostenschuldner ggü. dem beitreibenden Rechtsanwalt nicht darauf berufen kann, er habe den Kostenerstattungsanspruch ggü. der Partei durch Zahlung, Aufrechnung (ausgenommen einer Aufrechnung mit ihm in demselben Rechtsstreit zu erstattenden Kosten: § 126 Abs. 2 Satz 2 ZPO) oder auf andere Weise erfüllt. Streitig ist, ob dies auch dann gilt, wenn die Aufrechnung erklärt wird, bevor der Anwalt seine Forderung nach § 126 ZPO geltend macht (vgl. die Nachweise in BGH NJW 1994, 3292 [3294]).

Der Senat bejaht diese Frage mit der ganz überwiegenden Meinung (vgl. z.B. SchlHOLG JurBüro 1997, 368; OLG Stuttgart Rpfleger 1987, 218; OLG Koblenz Rpfleger 1983, 366; v. Eicken/Mathias, Kostenfestsetzung, 19. Aufl, Rz. B 228). Bereits aus dem Wortlaut von § 126 Abs. 2 Satz 1 ZPO ergibt sich kein Anhaltspunkt für eine (zeitliche) Einschränkung des Einwendungsausschlusses. Eine solche lässt sich auch weder aus der Entstehungsgeschichte noch aus dem Gesetzeszweck herleiten. Der nur durch § 126 Abs. 2 Satz 2 ZPO gemilderte Einwendungsausschluss des § 126 Abs. 2 Satz 1 ZPO beruht auf dem Gedanken der Sicherung des beigeordneten Rechtsanwalts und ist vor dem Hintergrund der Rechtslage zur Zeit der Schaffung der ZPO zu sehen (vgl. BGH MDR 1991, 714). Ursprünglich hatte der Rechtsanwalt, der einer Partei zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer Rechte beigeordnet war, seine Dienste unentgeltlich zu leisten. Er hatte nur die Möglichkeit, im Fall des Obsiegens sich von der zahlungsfähigen Gegenpartei seine Gebühren und Auslagen erstatten zu lassen. Dieser Erstattungsanspruch des Anwalts wäre häufig nicht zu verwirklichen gewesen, wenn die Gegenpartei ihm Einwendungen entgegensetzen könnte, die ihr gegen die bedürftige Partei zustehen. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Gegenrechte vor oder nach Geltendmachung des Anspruchs durch den Rechtsanwalt erhoben werden.

Auch für den gegenwärtigen Rechtszustand, nach dem das Beitreibungsrecht des Anwalts mit seinem Privileg des teilweisen Einwendungsausschlusses der Allgemeinheit zugute kommt, ist eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Es ist nicht unangemessen, das Allgemeininteresse an einer Erstattung der dem beigeordneten Anwalt aus öffentlichen Mitteln gezahlten Gebühren und Auslagen höher einzustufen als das Interesse der Gegenparte...

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