Leitsatz (amtlich)

1. Die Regelung des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB stellt sich bei einschränkender Auslegung des Tatbestandes nicht als verfassungwidrig dar. Sie verstößt insbesondere nicht gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG. Das Verfahren ist daher - entgegen der Anregung der Revision - nicht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen.

2. Die Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, erfordert dolus directus ersten Grades.

3. Lässt die festgestellte Fahrweise des Angeklagten den Schluss auf das Vorliegen der Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, nicht ohne Weiteres zu, bedarf es in den Urteilsgründen entsprechender Darlegungen hierzu.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 25.03.2019; Aktenzeichen (342 Ds) 3031 Js 9807/18 (31/18))

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 25. März 2019 einstimmig gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten am 25. Marz 2019 wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens zu einer Geldstrafe von 50 Tagesätzen zu je 30 Euro verurteilt.

Hierzu hat das Gericht die folgenden Feststellungen getroffen:

"Am Sonntag, dem 22.Juli 2018 gegen 20:15 Uhr, befuhr der Angeklagte mit seinem PKW Audi A3; amtl. Kennzeichen ..., die Breite Straße in Richtung Schönholzer Straße mit überhöhter Geschwindigkeit, sodass sich die Zeugen PM ... und POM ... entschlossen, ihm mit einem Zivilfahrzeug der Berliner Polizei zu folgen.

Der Angeklagte fuhr zunächst auf der rechten Spur. Vor dem Kreuzungsbereich Breite Straße/Wollankstraße/Schönholzer Straße wechselte er - jeweils ohne Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers - zunächst in den linken Fahrstreifen, um Fahrzeuge auf dem rechten Fahrstreifen zu überholen, und anschließend wieder in den rechten Fahrstreifen zurück, um die nun auf dem linken Fahrstreifen stehenden Fahrzeuge zu überholen. Er beschleunigte auf der Schönholzer Straße weiter, setzte die Fahrt fort und bog in die ca. 120°-Kurve Schönholzer Straße/Grabbeallee mit einer Geschwindigkeit von mindestens 55 km/h ein, wobei sein Fahrzeug aufgrund der - bezogen auf die Enge der Kurve - hohen Geschwindigkeit nach außen getragen wurde. An einer Straßenbahn-Haltestelle, die sich mittig zwischen der Fahrbahn und der Gegenspur befindet und mit Gittern abgesperrt ist, setzte der Angeklagte die Fahrt ohne Geschwindigkeitsverminderung fort, wobei er nicht einsehen konnte, ob andere Verkehrsteilnehmer die Fahrbahn überqueren wollten. Zum Tatzeitpunkt befanden sich zwei bis drei Personen an der Haltestelle und eine Straßenbahn der Linie M1 fuhr gerade wieder an.

Wegen vorausfahrender Fahrzeuge verminderte der Angeklagte in Höhe der Grabbeallee Nr. 16 kurzeitig die Fahrgeschwindigkeit auf ca. 50 km/h. Seines schnelleren Fortkommen willens überfuhr er im Kreuzungsbereich Grabbeallee/Majakowskiring ohne Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers eine durchgezogene Linie (Z. 295) und überholte drei vorausfahrende Fahrzeuge unter Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit. Anschließend überfuhr er wiederum die durchgezogene Linie (Z. 295). Sodann fuhr er mit mindestens 89 km/h weiter. An der folgenden roten Ampel am Pastor-Niernüller-Platz hielt der Angeklagte an und wurde sodann von der Polizei aufgefordert, auf einen nahegelegenen Parkplatz zu fahren. Auf der gesamten Strecke war die zulässige Höchstgeschwindigkeit-50 km/h.

Das Ansinnen. des Angeklagten war es, unter großer Missachtung einer angemessenen Geschwindigkeit in den konkreten Verkehrssituationen. und der vorherrschenden Verkehrslage über eine Fahrtstrecke von mindestens 1,8 Kilometern eine möglichst hohe Geschwindigkeit erreichen, um als Pizzalieferant auf schnellstem Weg zu seinem Fahrziel zu gelangen."

Gegen dieses Urteil richtet sich die (Sprung-)Revision des Angeklagten, mit der er die Sachrüge erhebt und die Verfassungswidrigkeit des § 315d Abs.1 Nr. 3 StGB geltend macht. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

II.

Auf die Sachrüge ist das Urteil des Amtsgerichts mit den Feststellungen aufzuheben. Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens nach § 315d Abs. I Nr. 3 StGB nicht. Auf den Umstand, dass die Beweiswürdigung keine tragfähige Grundlage für die tatrichterlichen Feststellungen bildet, kommt es angesichts dessen nicht mehr an.

1. Der Senat teilt nicht die grundsätzlichen Bedenken, die die Revision in Übereinstimmung mit einem Teil der Literatur gegen die Bestimmtheit des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB vorbringt. Eingewendet wird, die Norm sei insbesondere im Hinblick auf das subjektive Tatbestandsmerkmal der Absicht des Erreichens einer höchstmöglichen Geschwindigkeit zu unbestimmt.

Die Regelung des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB stellt sich bei einschränkender Auslegung des Tatbestandes nicht als...

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