Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummietverhältnis: Berücksichtigung von Änderungen der ortsüblichen Vergleichsmiete bei Teilnichtigkeit der Mietzinsvereinbarung wegen Mietpreisüberhöhung

 

Normenkette

WiStrG § 5; BGB §§ 134, 308 Abs. 2, §§ 309, 535, 812

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 67 S 334/94)

 

Tenor

Wird von dem Mieter preisfreien Wohnraums ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 WiStG (mit den daraus zu ziehenden Folgerungen) für einen zurückliegenden Zeitraum geltend gemacht, so sind der Vereinbarung nachfolgende Änderungen der ortsüblichen Vergleichsmiete gegebenenfalls zu berücksichtigen (Anschluß an die Rechtsentscheide des OLG Hamm vom 3. März 1983 = RES § 5 WiStG Nr. 6 und des OLG Frankfurt vom 4. April 1985 = RES § 5 WiStG Nr. 11).

 

Tatbestand

I.

Der Beklagte hat den Klägern durch Mietvertrag vom 10. Juli 1989 mit Mietbeginn 1. August 1989 auf unbestimmte Zeit eine Zweizimmer-Neubauwohnung in Berlin zu einem monatlichen Mietzins von (brutto kalt) 800,90 DM vermietet. Die Kläger verlangen u. a. für den Zeitraum von August 1989 bis März 1991 Rückzahlung angeblich überzahlten Mietzinses in Höhe von monatlich 354,54 DM zuzüglich weiterer 0,33 DM, insgesamt 7.091,13 DM, hilfsweise Rückzahlung einer überhöhten Kaution und ferner hilfsweise Rückzahlung eines überzahlten Mietzinses von monatlich 441,65 DM für den Zeitraum Mai 1991 bis Dezember 1993. Das Amtsgericht hat der Zahlungsklage gemäß § 812 BGB in Verbindung mit §§ 5 WiStG, 134 BGB mit der Begründung stattgegeben, daß der Beklagte für den Zeitraum August 1989 bis März 1991 einschließlich bei Einrechnung des Betrages bezüglich der Wesentlichkeitsgrenze gemäß § 5 WiStG nur einen Mietzins von monatlich 327,25 DM hätte verlangen können und daß die Kläger somit in diesem Zeitraum monatlich einen Betrag von 441,65 DM zuviel an Mietzins gezahlt hätten. Dem ist der Beklagte mit der von ihm eingelegten Berufung entgegengetreten und hat im einzelnen geltend gemacht, daß der vereinbarte Mietzins die Vergleichsmiete nicht überstiegen habe.

Die Kläger haben unstreitig in dem Zeitraum vom 1. August 1989 bis zum 28. Februar 1994 unverändert den im Mietvertrag vereinbarten Mietzins von monatlich 800,90 DM bruttokalt gezahlt, worauf – was ebenfalls unstreitig ist –, der Beklagte ihnen wegen Mietpreisübererhöhung für diesen Zeitraum monatlich 87,11 DM, insgesamt 4.791,05 DM bereits erstattet hat.

Das Landgericht geht davon aus, daß die ortsübliche Bruttokaltmiete für den Zeitraum vom 1. August 1989 bis zum 1. April 1990 monatlich 368,99 DM, seit dem 1. Oktober 1991 monatlich 398,49 DM und seit dem 1. Oktober 1993 monatlich 475,38 DM betragen habe. Es ist der Auffassung, daß die Kläger wegen der nach § 5 WiStG und § 134 BGB eingetretenen teilweisen Nichtigkeit der Mietzinsvereinbarung bei Berücksichtigung der Wesentlichkeitsgrenze von 20 % gemäß § 5 WiStG seit August 1989 dem Beklagten monatlich nur einen Mietzins von 442,79 DM bruttokalt geschuldet hätten und eine nach dem Mietvertragsabschluß eingetretene Erhöhung des Betrages der Vergleichsmiete bei Berechnung des Rückzahlungsanspruchs der Kläger nicht zu berücksichtigen sei. Insoweit möchte das Landgericht von den Rechtsentscheiden des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. März 1983 – Ziff. 3 – (RES § 5 WiStG Nr. 6) und des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 4. April 1985 (RES § 5 WiStG Nr. 11) abweichen. Es hat dem Senat gemäß § 541 ZPO folgende Rechtsfragen zum Erlaß eines Rechtsentscheides vorgelegt:

Bleibt die Vereinbarung eines die ortsübliche Vergleichsmiete wesentlich überschreitenden Mietzinses von einer nachfolgenden Veränderung, insbesondere einem Ansteigen, der ortsüblichen Vergleichsmiete unberührt?

Falls diese Frage mit nein zu beantworten sein sollte, soll ein Rechtsentscheid über folgende Frage eingeholt werden:

Führt die nachfolgende Änderung der ortsüblichen Vergleichsmiete dazu,

  1. daß dem Vermieter stets 120 % der ortsüblichen Vergleichsmiete unter Berücksichtigung deren ständiger, insbesondere monatlicher oder jährlicher Veränderung zustehen, oder
  2. der Vermieter nur den Mietzins verlangen kann, den er im Falle des Ausschöpfens aller Erhöhungsmöglichkeiten verlangen könnte, wenn von vornherein nur ein Mietzins in Höhe von 120 % der zum Zeitpunkt der Vereinbarung bestehenden ortsüblichen Vergleichsmiete getroffen worden wäre, oder
  3. ist der dem Vermieter zustehende Betrag auf einer noch anderen Basis zu ermitteln?

Wegen der Begründung des Vorlagebeschlusses wird auf die Veröffentlichung im Grundeigentum 1995, S. 369 verwiesen.

Die Parteien haben zu der Vorlage Stellung genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Vorlage ist hinsichtlich der Hauptfrage gemäß § 541 Abs. 1 ZPO zulässig. Dabei geht der Senat allerdings davon aus, daß die Hauptvorlagefrage einer Korrektur bedarf: Aufgrund der Ausführungen im Vorlagebeschluß stellt sich für das Landgericht nicht die Frage, ob die „Vereinbarung” der Mietparteien bezüglich des Mietzinses durch ein Ansteigen der ortsüblichen Vergleichsmiete unberührt bleibt, sondern ob dies bezüglich der...

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