Leitsatz (amtlich)

Haben sich die Miteigentümer eines Grundstücks gegenseitig Vorkaufsrechte an den Miteigentumsanteilen der jeweils anderen Miteigentümer eingeräumt und hat einer von ihnen seinen Anteil an einen anderen Miteigentümer veräußert, kann die Löschung des Vorkaufsrechts des ausgeschiedenen Miteigentümers wegen Unrichtigkeit in Betracht kommen, wenn die Vorkaufsrechte ausschließlich deshalb eingeräumt worden waren, um das Eindringen nicht erwünschter Dritter zu verhindern.

 

Normenkette

BGB § 1094; GBO § 22

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, das in Abt. II lfd. Nr. 7 des Grundbuchs eingetragene Vorkaufsrecht zu löschen und darüber hinaus die übrigen Anträge vom 26.5.2015 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.

 

Gründe

I. Der ursprüngliche Alleineigentümer des im Beschlusseingang bezeichneten Grundstücks ließ am 26.11.1947 zu Nr. 4 .../1... des Notariatsregisters des Notars J. T. in B. einen hälftigen Miteigentumsanteil an P. B. und G. B. zu je gleichen Rechten auf. Die Erwerber wurden am 21.1.1948 zu je ¼ Anteil im Grundbuch als Eigentümer eingetragen.

Alle Miteigentümer räumten sich am 30.4.1948 zu Nr. 2 .../1... des Notariatsregisters des Notars H. H. in B. gegenseitig Vorkaufsrechte "für alle Verkaufsfälle ein, welche während unserer Besitzzeit und der aller unserer Rechtsnachfolger im Eigentum des Grundstücks eintreten". In Abt. II lfd. Nr. 5 bis 7 wurden am 22.6.1948 entsprechende Vorkaufsrechte eingetragen, unter lfd. Nr. 7 ein solches für den ursprünglichen Alleineigentümer lastend auf den ideellen Miteigentumsanteilen der übrigen beiden Miteigentümer.

G. B. verstarb am 20.10.1950 und wurde von P. B. als Alleinerbe beerbt. Dieser erwarb am 17.8.1951 von dem ursprünglichen Alleineigentümer den diesem verbliebenen hälftigen Miteigentumsanteil zu Nr. 1 .../1... des Notariatsregisters des Notars H. H. in B. P. B. wurde am 29.3.1952 als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragen.

Durch nachfolgende Erbgänge erfolgte schließlich am 25.7.2014 die Eintragung des Beteiligten als Eigentümer.

Am 26.5.2015 hat der Beteiligte die Löschung der drei in Abt. II lfd. Nr. 5 bis 7 eingetragenen Vorkaufsrechte sowie von zwei zu Gunsten von P. B. eingetragenen Aufbaugrundschulden bewilligt und beantragt, UR-NR. 3 .../2... des Notars W. S. in B. Das Grundbuchamt hat mit Verfügung vom 22.6.2015 u.a. darauf hingewiesen, dass zur Löschung der Belastung Abt. II lfd. Nr. 7 die Bewilligung des Berechtigten bzw. seiner Rechtsnachfolger/Erben erforderlich sei. Mit Beschluss vom 18.8.2015 hat es die Anträge zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 14.10.2015, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 20.10.2015 nicht abgeholfen hat.

II.1. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO, und hat in der Sache Erfolg. Zur Löschung des in Abt. II lfd. Nr. 7 eingetragenen Vorkaufsrechts bedarf es keiner Bewilligung des Berechtigten bzw. seiner Erben, § 19 GBO, weil die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen ist, § 22 Abs. 1 GBO.

a) Allerdings sind nach allgemeiner und vom Senat in ständiger Rechtsprechung geteilter Ansicht an die Führung des Unrichtigkeitsnachweises strenge Anforderungen zu stellen; ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit reicht nicht. Der Antragsteller muss sämtliche Umstände nachweisen, welche die Grundbuchunrichtigkeit begründen, und zudem lückenlos alle nicht ganz entfernt liegenden Möglichkeiten ausräumen, die der Richtigkeit der begehrten neuen Eintragung entgegenstehen können (Senat, Beschluss vom 26.2.2004 - 1 W 557/03 - KG-Report 2004, 544).

Das ist vorliegend geschehen. Die Unrichtigkeit der Eintragung in Abt. II lfd. Nr. 7 folgt aus dem Grundbuch selbst sowie den bei den Grundakten befindlichen öffentlichen Urkunden.

b) Die von dem Grundbuchamt vorgenommene Auslegung der Eintragungsbewilligung, es sei lediglich ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle bestellt, dessen Berechtigter der ursprüngliche Alleineigentümer und dessen Erben seien, greift zu kurz. Dabei ist es im Ausgang nicht zu beanstanden, dass das Grundbuchamt zur näheren Bestimmung des Inhalts des Vorkaufsrechts auf die Eintragungsbewilligung abgestellt hat, § 874 BGB.

Durch eine zulässige Bezugnahme im Eintragungsvermerk wird die Bewilligung selbst zum Inhalt des Grundbuchs (BGH, NJW-RR 2015, 208, 209). Ist aber eine Bezugnahme unzulässig und geht der der Eintragungsvermerk über die Einigung hinaus, entsteht das Recht nur insoweit, wie sich Einigung und Eintragung decken (BGH, NJW-RR 2011, 882, 883).

aa) In Abt. II lfd. Nr. 7 ist ausdrücklich ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle für den ursprünglichen Alleineigentümer, mithin ein vom Regelfall eines Vorkaufsrechts für nur einen Verkaufsfall, vgl. § 1097 HS 1 BGB, abweichendes subjektiv-persönliches Recht (hierzu Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rdn. 1401) eingetragen. Auch in der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung wird ein solches Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle ausdrücklich angesproc...

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