Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Die Beratung des Angeklagten dahin, dass er der außergerichtlichen Einziehungbeschlagnahmter Gegenstände zustimmt, löst die Gebühr nach Nr. 4142 der Anlage 1zu § 2 Abs. 2 RVG (Nr. 4142 VV RVG) aus.

  • 2.

    Eingezogenes Kokain hat keinen Gegenstandswert.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 28.04.2005; Aktenzeichen (538) 69 Js 172/03 KLs (16/04))

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Rechtsanwalts H. O. wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 28. April 2005 aufgehoben.

Der Gegenstandswert der Erklärungen zur außergerichtlichen Einziehung beträgt 2211,50 Euro.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Rechtsanwalt O. war dem Angeklagten ... in dem gegen diesen geführten Verfahren wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Pflichtverteidiger beigeordnet. Nach Abschluss der Hauptverhandlung beantragte der Rechtsanwalt mit Schriftsatz vom 17. März 2005, "den Streitwert bezüglich der eingezogenen Gegenstände festzusetzen (gem. 4142 VV RVG)". Auf die Bedenken der Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Berlin, es sei nicht erkennbar, wofür die Gebühr entstanden sein solle, präzisierte er den Antrag dahin, dass die Gebühr "auch für die Besprechung mit dem Mandanten über die Zustimmung zur außergerichtlichen Einziehung sowohl des Kokains als auch des Betrages in Höhe von EUR 2211,50 entstanden" sei. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 28. April 2005 wies die Strafkammer als erkennendes Gericht dieses Rechtszuges (§ 33 Abs. 1 RVG) in der Besetzung mit einer Einzelrichterin (§ 33 Abs. 8 RVG) den Antrag zurück. Eine Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG sei nicht entstanden. Die reine Besprechung mit dem Mandanten löse die Gebühr nicht aus. Sie sei mit der Terminsgebühr abgegolten. Erforderlich sei eine objektive Tätigkeit des Rechtsanwalts für den Mandanten im Einziehungsverfahren. Außerdem habe der Gesetzgeber die Gebühr auf das gerichtliche Einziehungsverfahren beschränkt angewendet wissen wollen; die Zustimmung zur außergerichtlichen Einziehung zähle nicht hierzu. Es fehle daher insgesamt am Rechtsschutzbedürfnis.

Die am 9. Mai 2005 rechtzeitig bei dem Landgericht eingegangene befristete Beschwerde (§ 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) des Rechtsanwalts hat im Umfang der Beschlussformel Erfolg.

I.

1.

Der Senat entscheidet in der Besetzung mit drei Richtern, weil der Einzelrichter das Verfahren wegen der grundsätzlichen Bedeutung an ihn übertragen hat (§ 33 Abs. 8 Satz 2 RVG) .

2.

Das Rechtsmittel erreicht den nach § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG erforderlichen Beschwerdewert von 200 Euro. Dieser Wert bemisst sich nicht nach dem Unterschied des verlangten zum festgesetzten Gegenstandswert, sondern nach dem Unterschiedsbetrag der Gesamtvergütung, der sich zwischen der bisher festgesetzten und der verlangten Bewertung errechnet. Dazu, ob dieser Wert erreicht ist, hat der Beschwerdeführer nichts ausgeführt. Zweifel könnten entstehen, weil sich auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 2211,50 Euro, was dem beschlagnahmten Geld entspricht, gemäß § 13 RVG nur eine Gebühr von 161 Euro ermitteln lässt. Der Beschwerdeführer beanstandet indes ebenfalls, dass die Wertfeststellung auch hinsichtlich des eingezogenen Kokains (mindestens drei Kilogramm) unterblieben ist. dass er diesem keinen Wert zumässe und es somit von dem Angriffsziel des Rechtsmittels ausnähme, kann aber nicht angenommen werden. Schon bei einer Erhöhung des Gegenstandswerts auf mehr als 3500 Euro betrüge eine aus der Staatskasse zu leistende Gebühr (§§ 13, 49 RVG) 204 Euro.

II.

Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Der Rechtsanwalt kann die Wertfestsetzung (§§ 2 Abs. 1, 33 Abs. 1 RVG) mit Recht verlangen, weil er einen fälligen Anspruch auf eine Vergütung (§ 33 Abs. 2 Satz 1 RVG) hat. Die Beratung des Angeklagten dahin, dass er der außergerichtlichen Einziehung beschlagnahmter Gegenstände zustimmt, löst die Gebühr nach Nr. 4142 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (Nr. 4142 VV RVG) aus.

1.

Diese Gebühr entsteht, wenn sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts auf eine Einziehung "bezieht". Anders als nach § 88 BRAGO ist sie als zusätzliche besondere Verfahrensgebühr ausgestaltet und nicht mehr als bloße Möglichkeit, aus Billigkeitserwägungen nach Ermessensgesichtspunkten den Gebührenrahmen zu überschreiten (vgl. Madert in Gerold/ Schmidt/ von Eicken/ Madert/ Müller-Rabe, RVG 16. Aufl., 4141-4146 VV Rdn.33; Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, C. Nr. 4142 VV Rdn. 2; Schneider in Hansens/ Braun/ Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, Teil C Rdn. 627; Härtung in Härtung/ Römermann, RVG, VV Teil 4 Rdn. 159; Leipold, Anwaltsvergütung in Strafsachen Rdn. 388). Sie richtet sich - ebenfalls abweichend von § 88 BRAGO (vgl. LG Stuttgart RVG-Letter 2004, 91) - allein nach dem Gegenstandswert (vgl. Härtung/ Römermann a.a.O. Rdn. 158). Ferner steht sie nunmehr nicht nur dem gewählten Rechtsanwalt, sondern auch dem Pflichtverteidiger zu (vgl. Madert a.a.O. Rdn. 34; Burhoff a.a.O., Rdn. 13).

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