Leitsatz (amtlich)

Führt der Mieter von Gewerberäumen nach dem Erlass einer gegen ihn ergangenen einstweiligen Verfügung - entgegen seiner zuvor erfolgten Ankündigung - den Betrieb fort und erklärt er darüber hinaus, den Betrieb bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Betriebspflicht und über die Wirksamkeit der Kündigung fortsetzen zu wollen, ist der Verfügungsgrund mangels Dringlichkeit entfallen.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 12 O 19/14)

 

Tenor

1. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Verfügungsbeklagte zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.

2. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 16.000 EUR festgesetzt.

3. Der Streitwert der ersten Instanz wird in Abänderung des Beschlusses des LG vom 7.3.2014 ebenfalls auf 16.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen gem. § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO zu entscheiden. Dem entspricht es regelmäßig, dass die Partei die Kosten zu tragen hat, die sie nach den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen der §§ 91 ff. ZPO zu tragen gehabt hätte, wenn eine Erledigung nicht eingetreten wäre (Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 91a, Rz. 24). § 91a ZPO findet auch im einstweiligen Verfügungsverfahren Anwendung (Zöller, a.a.O., § 91a, Rz. 7; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 65. Aufl., § 91a, Rz. 8). Unter Anwendung dieser Grundsätze waren die Kosten der ersten Instanz der Verfügungsbeklagten aufzuerlegen. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes hatte der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses Aussicht auf Erfolg.

Der Verfügungsgrund bestand zunächst.

Die Verfügungsbeklagte hat durch ihr Verhalten, nämlich die Durchführung eines Räumungsverkaufes seit dem 29.11.2013 und die email vom 12.12.2013 (Anlage A12) in der sie mitteilte, dass sie an der Schließung zum Januar 2014 festhalte, deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie den Geschäftsbetrieb spätestens Ende Januar 2014 einstellen will. Die Verfügungsklägerin hat unbestritten vorgetragen und auch glaubhaft gemacht (Anlage A10), dass sie Verhandlungen mit einem neuen potentiellen Ankermieter für das Obergeschoss des Einkaufszentrums führt und dass die Verhandlungen durch einen teilweisen Leerstand des Obergeschosses gefährdet werden könnten.

Die Verfügungsklägerin hatte auch einen Verfügungsanspruch.

Die Verfügungsklägerin hatte gegen die Verfügungsbeklagte einen Anspruch auf Erfüllung der in Teil 2 des Mietvertrages vom 15.3.2012 unter § 8 geregelten Betriebspflicht.

Die Vereinbarung einer Betriebspflicht in einem Mietvertrag über Gewerberäume ist, auch wenn es sich bei den Bestimmungen in dem Mietvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 BGB handelt, nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung und ganz herrschender Meinung zulässig (BGH NJW-RR 1992, 1032; KG KGReport Berlin 2003, 315; Bieber/Eupen, Mietrecht in Einkaufszentren und anderen Spezialimmobilien, 2010, B. V., Rz. 11 m.w.N.).

Die in § 8 geregelte Betriebspflicht verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 BGB. Gemäß § 8 Ziff. 1 der Regelung hat der Mieter sein Geschäftslokal mindestens während der ihm vom Vermieter mitgeteilten Kernöffnungszeiten an allen gesetzlich zulässigen Verkaufstagen durchgehend offen zu halten. Gemäß § 8 Ziff. 2 dieser Regelung ist der Vermieter berechtigt, die allgemeinen Betriebszeiten des Objektes und die Kernöffnungszeiten für die Ladenlokale für alle Mieter verbindlich festzulegen oder zu ändern. Aufgrund dieser Regelung ist hinreichend klar, dass der Vermieter für alle Mieter verbindliche Kernöffnungszeiten festlegen wird und dass die Mieterin darüber hinaus das Geschäftslokal im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zu den Ladenöffnungszeiten betreiben kann.

Der Wirksamkeit der in § 8 geregelten Betriebspflicht steht nicht entgegen, dass dem Mieter in Teil 2 des Mietvertrages unter § 2 Ziff. 4 kein Konkurrenzschutz- und/oder Sortimentsschutz eingeräumt und gewährt wird. Nach herrschender Meinung ist die Vereinbarung einer Betriebspflicht mit einem gleichzeitigen Ausschluss jeglichen Konkurrenzschutzes zulässig und wirksam (Bieber/Eupen, a.a.O., B. V. Rz. 21 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 28.1.2013 - 8 W 5/13 -, MDR 2013, 511).

Auch die in Teil 2 des Mietvertrages unter § 8 Ziffer enthaltene Regelung, wonach stunden- oder tageweise Schließungen (Mittagspause, Ruhetage, Betriebsferien) nur mit schriftlicher Genehmigung des Vermieters, z.B. für Inventuren zulässig sind, steht der Wirksamkeit der in § 8 Ziff. 2 und § 8 Ziff. 2 geregelten Betriebspflicht nicht entgegen. Zum einen dürfte das Verbot zeitweiser Schließungen, anders als in dem vom Senat am 5.3.2009 - 8 U 177/08 - entschiedenen Fall wirksam sein, da hier stunden- oder tageweise Schließungen jedenfalls mit Zustimmung des Vermiet...

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