Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestellung eines Sondernutzungsrechts

 

Leitsatz (amtlich)

Einem Wohnungseigentümer steht an einem zum Gemeinschaftseigentum gehörenden Gegenstand ein auch gegenüber dem Sonderrechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers wirksames Sondernutzungsrecht nur dann zu, wenn es ihm durch eine Vereinbarung oder die ihr gleichstehende Teilungserklärung eingeräumt und als solches im Grundbuch eingetragen worden ist. Die entgegenstehende Rechtsprechung aus dem Beschluß des KG vom 3. September 1971 – 1 W 3312/69 – wird aufgegeben.

 

Normenkette

WEG § 15 Abs. 1, § 10 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 16.04.1986; Aktenzeichen 191 T 130/85)

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II (WEG) 85/85)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 16. April 1986 – 191 T 130/85 – wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens bei einem Geschäftswert von 5.000,– DM zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beteiligten sind Wohnungseigentümer der im Rubrum bezeichneten Wohnungseigentumsanlage. Die Antragsgegnerin hat mit der Teilungserklärung vom 13. Oktober 1978 das Grundstück aufgeteilt. Sie ist noch Eigentümerin des Teileigentums Nr. 3, in dem von ihrem Mieter eine Gaststätte betrieben wird. Der Mieter benutzt allein auch einen vor dem Lokal zur L. hin liegenden Vorgarten. Mit Schreiben vom 20. Oktober 1978 hatte die damalige Verwalterin der Antragsgegnerin die Nutzung dieses Vorgartens gestattet.

Die Antragstellerin hat die Wohnung Nr. 10 im Jahre 1982 erworben.

In der von der Antragsgegnerin als der teilenden Eigentümerin gesetzten Teilungserklärung ist in Teil II § 11 lit. 1 bestimmt, daß die Gartenanlagen Gemeinschaftseigentum sind. In Teil III § 20 Abs. 9 lit. p wird dem Verwalter die Befugnis eingeräumt, „… die Nutzung des Gartens zu bestimmen”. – Teil III § 5 Abs. 9 und § 20 Abs. 3 der Teilungserklärung enthielten ursprünglich außerdem Bestimmungen, die dem Verwalter das Recht einräumten: „… die besondere Nutzung von Garten … einzelnen Eigentümern zuzusprechen”, bzw.: „… Sondernutzungsrechte im Einzelfall zu erteilen”. Diese beiden Vorschriften sind aber durch die notarielle Verhandlung vom 30. März 1979 (UR-Nr. 629/1979 des Notars Dr. Grups in Berlin) gestrichen worden, noch bevor dann am 17. Juli 1979 die Wohnungsgrundbücher angelegt wurden.

Die Antragstellerin bestreitet der Antragsgegnerin das Recht, den Vorgarten vor dem Lokal unter Ausschluß der übrigen Wohnungseigentümer allein zu nutzen. Sie beantragt festzustellen, daß der Antragsgegnerin bezüglich des zur L. hin gelegenen Grundstücksteils (Vorgarten) kein Sondernutzungsrecht zusteht, die Antragsgegnerin insbesondere nicht berechtigt ist, diesen Grundstücksteil an den Mieter des im Aufteilungsplan mit Nr. 3 bezeichneten Sondereigentums (Gaststätte) zur ausschließlichen Nutzung zu überlassen.

Das Amtsgericht hat dem Feststellungsantrag stattgegeben. Die hiergegen frist- und formgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Landgericht mit seinem Beschluß vom 16. April 1986 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

I.

Der von der Antragstellerin verfolgte Feststellungsantrag ist zulässig.

Im Wohnungseigentumsverfahren kann anstelle eines Leistungs- oder Gestaltungsantrages auch ein Feststellungsantrag gestellt werden (BayObLGZ 1965, 283, 286). Die Antragstellerin hat auch ein Feststellungsinteresse; denn die Antragsgegnerin nimmt für sich ein Sondernutzungsrecht an dem Vorgarten in Anspruch und berühmt sich auch weiterhin dieses Rechtes. Die Entscheidung des Gerichts im vorliegenden Verfahren beendet den Streit zwischen allen Beteiligten endgültig. Denn sie entfaltet materielle Rechtskraft zwischen ihnen (OLG Fankfurt OLGZ 1980, 76; BayObLGZ 1963, 161, 163).

II.

Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Der Antragsgegnerin steht, wie das Landgericht rechtsfehlerfrei entschieden hat, ein Sondernutzungsrecht an dem Vorgarten nicht zu.

1. Einem Wohnungseigentümer steht nach §§ 15 Abs. 1, 10 Abs. 2 WEG an einem zum Gemeinschaftseigentum gehörenden Gegenstand ein auch gegenüber dem Sonderrechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers wirksames Sondernutzungsrecht nur dann zu, wenn es ihm durch eine Vereinbarung oder die ihr gleichstehende Teilungserklärung eingeräumt und als solches in das Grundbuch eingetragen ist. – Der 1. Zivilsenat des Kammergerichts hatte dagegen mit Beschluß vom 3. September 1971 – 1 W 3312/69 – entschieden, es könne auch durch Mehrheitsbeschluß der Gebrauch einer im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Anlage dahin geregelt werden, daß einzelne Teile derselben bestimmten Eigentümern zur Alleinnutzung zugewiesen werden können, wenn die örtliche Beschaffenheit ausreichenden Anlaß zu einer solchen Regelung gibt (NJW 1972, 691 (Ls) = MDR 1972, 239 (Ls) = Rpflege...

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