Leitsatz (amtlich)

1. Bei Vorliegen eines Mischmietverhältnisses (hier: Mietgegenstand "Gewerbefläche im VHS/1. OG/rechts mit einer Gesamtfläche von ca. 159 qm" und Mietzweck "Betrieb einer Naturheilpraxis sowie einer Heilpraktikerschule sowie zu Teilen zu Wohnzwecken") richtet sich die Einordnung als Wohn- oder Gewerbemietverhältnis danach, in welchem Bereich das Mietverhältnis nach dem vereinbarten Vertragszweck und den Umständen des Einzelfalls seinen Schwerpunkt hat; steht im Vordergrund die Vermietung zu Zwecken, die keinen Wohnraumcharakter haben, ist allgemeines Mietrecht maßgeblich.

2. Ist dem Mieter bei vorbehaltloser Annahne der Mietsache der Mangel (hier: Geräuschbelästigung) bekannt, kann er aus diesem Mangel keine Rechte herleiten, § 536b Satz 3 BGB.

3. Der Mieter ist grundsätzlich verpflichtet, die Mietsache in dem Zustand zurückzugeben, in dem sie sich bei Vertragsbeginn befand; daher hat er auch Umbauten (hier: Verbreiterung einer Tür) zu beseitigen, selbst wenn der Vermieter mit dem Umbau konkludent einverstanden war.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 03.02.2009; Aktenzeichen 29 O 291/08)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufungen der Beklagten gegen das Teilurteil des LG Berlin vom 3.2.2009 mit der Maßgabe, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache i.H.v. 300 EUR erledigt hat, und gegen das Schlussurteil des LG Berlin vom 6.10.2010 durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg haben (§ 522 Abs. 2 ZPO).

 

Gründe

I. Die Klägerin macht ggü. den Beklagten Ansprüche aus einem Mietvertrag geltend.

Die Parteien schlossen am 20./24.7.2007 einen Mietvertrag unter der Überschrift "Mietvertrag für Kontore, gewerbliche Räume und Grundstücke". Der Mietgegenstand wird unter § 1 Nr. 1 bezeichnet als: "Gewerbefläche im VHS/1. OG/rechts mit einer Gesamtfläche von ca. 159 qm". Unter § 2 Nr. 1 "Mietzweck" des Mietvertrages wird ausgeführt: "Die Vermietung erfolgt zum Betrieb einer Naturheilpraxis sowie einer Heilpraktikerschule sowie zu Teilen zu Wohnzwecken".

Vereinbart war eine jeweils im Voraus fällige Nettokaltmiete i.H.v. 954 EUR zzgl. Nebenkostenvorschuss i.H.v. 280 EUR. Die Beklagten zahlten an die Klägerin den vertraglich vereinbarten Mietvorschuss i.H.v. insgesamt 5.724 EUR (6 × 954 EUR) und übergaben eine Mietbürgschaft über 2.500 EUR, eine weitere vereinbarte Mietsicherheit i.H.v. 350 EUR leisteten sie nicht.

Die Beklagten ließen in den Räumlichkeiten einen Türdurchbruch verbreitern.

Mit E-Mail vom 17.9.2007 erklärte die Beklagte zu 1) die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung aufgrund von Lärmbelästigung. Mit Schreiben vom 28.1.2008 kündigten die Beklagten das Mietverhältnis "zum 30.4.2008". Die Hausverwaltung der Klägerin teilte hierauf mit Schreiben vom 1.2.2008 mit, die Kündigung des Mietverhältnisses sei gem. § 580a Abs. 2 BGB erst zum 30.9.2008 möglich. Ab dem 1.7.2008 konnte die Klägerin die Räume anderweitig vermieten.

Mit der Klage begehrt die Klägerin - soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse - Nebenkostenvorschüsse von September 2007 bis Februar 2008 i.H.v. insgesamt 1.680 EUR, die Mieten für März bis Juni 2008 in voller Höhe (jeweils 1.234 EUR) und 1.500 EUR wegen des von den Beklagten nicht zurück gebauten verbreiterten Türdurchbruchs sowie Erstattung von vorprozessualen Rechtsanwaltskosten.

Am 6.6.2008 nahm die Klägerin die Bürgschaft über 2.500 EUR in Anspruch, verrechnete diesen Betrag mit den Betriebskostenvorschüssen für die Monate September 2007 bis Mai 2008 (für Mai 2008 mit dem erststelligen Betrag i.H.v. 260 EUR) und erklärte den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt.

Durch Teilurteil vom 3.2.2009 hat das LG unter teilweiser Abweisung der Klage die Beklagten verurteilt, an die Klägerin 1.961,81 EUR zzgl. 186,24 EUR zu zahlen und festgestellt, dass der Rechtsstreit i.H.v. 1.865,33 EUR in der Hauptsache erledigt ist. Der zur Zahlung ausgeurteilte Betrag setzt sich zusammen aus einem Teil der Nettokaltmiete für Mai 2008 (707,81 EUR), der Nettomiete für Juni 2008 (954 EUR), einem restlichen Nebenkostenvorschuss für Mai 2008 (20 EUR) und dem Nebenkostenvorschuss für Juni 2008 (280 EUR). Die 186,24 EUR entfallen auf die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten.

Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt:

Das LG sei sachlich zuständig, da der Schwerpunkt des Mischmietverhältnisses auf dem Gewerbemietverhältnis liege. Miete könne die Klägerin erst ab dem 9.11.2007 verlangen, da die Beklagten erst ab diesem Zeitpunkt Alleinbesitz an den Räumen erlangt hätten. Die Anfechtungserklärung der Beklagten vom September 2007 greife nicht durch, da die Beklagten in der Folgezeit das Mietverhältnis in Kenntnis des vermeintlichen Anfechtungsgrundes in Vollzug gesetzt und die Mietvorauszahlung geleistet hätten. Die Kündigung führe zur Beendigung des Mietverhältnisses nicht vor dem 30.9.2008. Eine Minderung der Miete scheide aus, weil hinsichtlich der Lärmbelästigung und der Gebrauchsbeeinträchtigungen aufgrund defekter Oberlichter de...

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