Entscheidungsstichwort (Thema)

Besorgnis der Befangenheit wegen Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

Lehnt der Berufungskläger den - ausdrücklich auf einer vorläufigen Prüfung der Rechtslage beruhenden - Vorschlag des Berichterstatters des Berufungsgerichts ab, sich zu vergleichen und weist sodann das Gericht nach weiteren schriftlichen Hinweis auf seine Absicht hin, die Berufung einstimmig durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, ist dieses Verfahren nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.

 

Normenkette

ZPO § 42

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 32 O 349/05)

 

Tenor

Das Ablehnungsgesuch des Beklagten vom 29.11.2006 gegen den Vorsitzenden Richter am KG G, die Richterin am KG Z sowie den Richter am KG S wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Mietzins i.H.v. 35.624,40 EUR nebst Zinsen in Anspruch. Gegen das stattgebende Urteil des LG hat der Beklagte Berufung eingelegt.

Am 29.5.2006 hat RiKG S. die Parteien darauf hingewiesen, die vom LG gefundene, in der Sache durchaus vertretbare Lösung des Rechtsstreits sei "nicht die einzig mögliche". Je nachdem, welcher Auffassung man bei der Auslegung des in dem Schreiben vom 31.1.2005 wiedergegebenen Vertragsinhaltes folge, sei "nach Ansicht des Unterzeichners auch die Vernehmung der als Beweismittel angebotenen Zeugen nicht ausgeschlossen. Die im Falle einer Beendigung des Rechtsstreits durch ein Urteil nur in Betracht kommenden 'alles-oder-nichts'-Lösungen werden weder dem Sachverhalt noch dem von den Parteien im Vorprozess gezeigten Interesse an einer einvernehmlichen Lösung gerecht". Den Parteien werde deshalb der Abschluss eines Vergleiches über die Zahlung von 17.812,20 EUR nebst Zinsen bei Kostenaufhebung vorgeschlagen. Die Unterschrift unter dem Hinweisschreiben trägt den Zusatz "Der Berichterstatter".

Am 19.8.2006 ist den Parteien ein weiterer gerichtlicher Hinweis erteilt worden. Er lautet:

"In pp. hat der Senat die Sach- und Rechtslage ausführlich erörtert. Abweichend von dem Vorschlag des Berichterstatters vom 29.5.2006 rät der Senat den Parteien dringend, sich wie folgt zu vergleichen:

1. Der Beklagte verpflichtet sich, an die Klägerin 17.812,20 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz jährlich seit dem 6.6.2005 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich dieses Vergleichs hat der Beklagte zu tragen.

Der Senat ist der Auffassung, dass dieser Vergleichsvorschlag der derzeitigen Verteilung des Prozessrisikos auf die Parteien entspricht".

Mit Schriftsatz vom 4.9.2006 hat der Beklagte mitgeteilt, er könne diesem Vorschlag wegen der gegen den Prozessbevollmächtigen der Klägerin veranlassten berufsrechtlichen Maßnahmen nicht zustimmen.

Mit Beschluss vom 13.11.2006 hat der Senat, bestehend aus dem Vorsitzenden Richter am KG G, der Richterin am KG Z sowie dem Richter am KG S den Parteien mitgeteilt, dass er beabsichtigte, "nach erneuter, ausführlicher Beratung und unter Berücksichtigung sämtlicher von den Parteien im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze" die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und dies in den Beschlussgründen näher erläutert.

Der Beklagte lehnt nunmehr die am Beschluss beteiligten Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.

Zur Begründung trägt er vor, die vorher erteilten Hinweise zeigten an, dass der Senat zunächst nicht von der Aussichtslosigkeit der Berufung überzeugt gewesen sei. Es sei geboten gewesen, seinerzeit einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Der Erlass eines zurückweisenden Beschlusses nach § 522 ZPO sei jetzt nicht mehr unverzüglich; dem Beklagten würde hierdurch bei erfolgloser Berufung die ihm sonst zustehenden Rechtsmittel abgeschnitten. Darüber hinaus seien die vom Senat angeführten Gründe für die beabsichtigte Zurückweisung "nicht nachvollziehbar".

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 29.11.2006 Bezug genommen.

Die abgelehnten Richter haben zum Befangenheitsgesuch jeweils Stellung genommen. Auf die entsprechenden bei den Akten befindlichen Erklärungen sowie die dazu vom Beklagten am 8.1.2007 vorgelegte Stellungnahme wird verwiesen.

II. Das zulässige Ablehnungsgesuch ist unbegründet. Die vom Beklagten beanstandete Prozessführung durch die abgelehnten Richter ist nicht geeignet, Misstrauen gegen ihre Unparteilichkeit zu rechtfertigen.

1. Eine Besorgnis der Befangenheit nach § 42 ZPO setzt objektive Gründe voraus, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 42 ZPO, Rz. 9 m.w.N.). Grobe Verletzung von Verfahrensgrundrechten oder unfaire Verfahrensleitung können die Besorgnis der Befangenheit begründen (Zöller/Vollkommer, a.a.O., Rz. 24 m.w.N.). Ein im Rahmen der richterlichen Aufklärungspflicht ge...

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