Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 77/05)

 

Tenor

1. Der Kläger wird gem. § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass der Senat nach Vorberatung beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.

2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.

 

Gründe

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Der Senat folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet werden.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Beides ist nicht der Fall.

1. Der Kläger macht auf S. 2 f. der Berufungsbegründung geltend, das LG habe zu Unrecht zu Lasten der Fahrweise seines Fahrzeuges entscheidend auf die Sorgfaltspflichten aus § 10 StVO (Anfahren vom Fahrbahnrand) und den daraus resultierenden Anscheinsbeweis abgestellt, den er - der Kläger - nicht entkräftet habe.

Diese Rüge verhilft der Berufung nicht zum Erfolg. Denn die Ausführungen dazu auf S. 4 f. des angefochtenen Urteils sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

§ 10 StVO ordnet an, dass der Verkehrsteilnehmer, der vom Fahrbahnrand anfahren will, sich so zu verhalten hat, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls hat er sich einweisen zu lassen.

Vom Anfahrenden wird damit äußerste Sorgfalt gefordert (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., StVO § 10 Rz. 10, m.w.N.).

Diese äußerste Sorgfalt hat die Fahrerin des klägerischen Fahrzeuges, Katja F., nicht eingehalten, weil sie beim Anfahren vom Fahrbahnrand und dem Versuch, sich in die Fahrzeugkolonne im rechten Fahrstreifen einzuordnen, - unstreitig - mit der linken Front außerhalb der linken Fahrzeugbegrenzung der gestauten Fahrzeugkolonne geraten ist; sie ist mit der linken vorderen Ecke des Pkw Peugeot des Klägers gegen die rechte Seite des vorbeifahrenden VW T4 Kastenwagen in Höhe dessen B-Säule gestoßen; dies folgt aus dem unstreitigen Parteivorbringen sowie den zu den Akten gereichten Lichtbildern. Dies war zweifellos sorgfaltswidrig und ursächlich, da es ohne ein derartiges Fahrverhalten nicht zum streitgegenständlichen Unfall gekommen wäre. Eine unfallursächliche Sorgfaltspflichtverletzung der mit dem Fahrzeug des Klägers vom Fahrbahnrand anfahrenden Verkehrsteilnehmerin Katja F. steht also fest (vgl. auch S. 5 Abs. 3 des angefochtenen Urteils).

2. Der Kläger beanstandet auf S. 4 bis 9 der Berufungsbegründung, das LG habe völlig unberücksichtigt gelassen, dass auch den Beklagten zu 1) eine Sorgfaltspflicht getroffen habe (aus §§ 1 Abs. 2, 5 Abs. 4 StVO, freigelassene Lücke), die zur Sorgfaltspflicht der Zeugin F. hätte in Bezug gesetzt werden müssen, was unterblieben sei (vgl. S. 7 der Berufungsbegründung).

Auch diese Argumentation verhilft der Berufung nicht zum Erfolg.

Gegenüber der Sorgfaltspflichtverletzung des in den Verkehr einfahrenden tritt die Betriebsgefahr des im fließenden Verkehr befindlichen Fahrzeuges im Rahmen der Abwägung nach § 17 Abs. 1 StVO zurück (KG v. 24.2.2000 - 12 U 6884/98, KGReport Berlin 2001, 27 = VM 2001, 27 Nr. 31 = DAR 2001, 34 L; st. Rspr., vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., StVG § 17 Rz. 18).

Umstände und Tatsachen, aus denen ein Mithaftungsanteil der Beklagten wegen einer Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten zu 1) abzuleiten ist, sind nicht festzustellen.

a) Seitenabstand und fließender Verkehr

Zu Unrecht vertritt der Kläger auf S. 4, 5 der Berufungsbegründung die Auffassung, die Fahrzeugführerin seines Pkw sei im Unfallzeitpunkt bereits Teil des fließenden Verkehrs gewesen.

Dies würde voraussetzen, dass der Vorgang des Anfahrens (Ausparkens) im Kollisionszeitpunkt abgeschlossen war. Dass dies nicht der Fall war, hat das LG auf S. 6, Abs. 2, des angefochtenen Urteils zutreffend begründet.

Auch der Kläger selbst hat auf S. 5, 4. Abs., seines Schriftsatzes vom 18.11.2004 (Klageschrift) vorgetragen: "Noch während des Einfahrvorganges kam es zu dem Zusammenstoß mit dem Fahrzeug des Beklagten,..."; der Einfahrvorgang war also im Zeitpunkt der Kollision zweifellos noch nicht beendet.

Dagegen hat das LG es nicht verfahrenswidrig unterlassen, Beweis zu erheben durch Vernehmung der Katja F. als Zeugin; einerseits hat der Kläger Tatsachen zum seitlichen Abstand des Fahrzeuges der Beklagten von der Kolonne im Einzelnen nicht vorgetragen; er hat auf S. 5 des Schriftsatzes vom 18.11.2004 auch nicht vorgetragen, die Fahrzeugführerin seines Fahrzeuges habe nur die Fahrspur des Kolonnenverkehrs verwendet; dies ist zwar auf S. 1 des Schriftsatzes vom 17.5.2005 behauptet worden zusammen mit der Erwiderung auf S. 2 dieses Schriftsatzes, der Unfallort habe nicht - wie die Beklagten behaupten - ca. ein Meter vom Fluchtpunkt der Fahrzeugkolonne sich befunden, sondern "weit näher an der Fahrzeugkolonne".

Unabhängig von der Fr...

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