Leitsatz (amtlich)

1. Der Rücktritt eines Schiedsrichters beendet das Amt, ohne dass es auf einen Rücktrittsgrund ankommt.

2. Keine Bestellung eines - neuen - Schiedsrichters durch das staatliche Gericht, wenn ein - neuer - Schiedsrichter bereits von der Partei benannt ist.

3. Eine etwaige Befangenheit muss vom Gegner vor dem Schiedsgericht geltend gemacht werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 1035, 1037

 

Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers auf Bestellung eines Schiedsrichters für die Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

3. Der Verfahrenswert wird auf 290.614,69 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Bestellung eines Schiedsrichters für die Antragsgegnerin gem. § 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO analog.

Die Parteien sind durch einen Gesellschaftsvertrag miteinander verbunden, wobei die Antragsgegnerin atypisch stille und Frau L.W. stille Beteiligte sind. Zweck der Gesellschaft ist das Betreiben einer häuslichen Pflegestation. Zugleich haben die Parteien einen Schiedsvertrag vom 10.10.2001 mit folgendem Inhalt geschlossen:

"Alle Streitigkeiten, die sich aus dem am 10.10.2001 geschlossenen Gesellschaftsvertrag ergeben sollten, werden durch ein Schiedsgericht entschieden. Jede Partei ernennt einen Schiedsrichter (z.B. Steuerberater, Rechtsanwalt). Vor Eintritt in ihre Verhandlungen wählen die Schiedsrichter einen Obmann. Können sich die Schiedsrichter in der Person des Obmanns nicht einigen, so soll die Industrie- und Handelskammer in Berlin den Obmann bestimmen. Im Übrigen gelten für das Verfahren die Vorschriften der §§ 1025 bis 1048 ZPO. Das Schiedsgericht hat notfalls auch über die Gültigkeit des Hauptvertrages zu entscheiden."

Mit Schriftsatz vom 23.12.2008 forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin unter Benennung des eigenen Schiedsrichters Rechtsanwalt Dr. R.J. zur Benennung ihres Schiedsrichters für das durchzuführende Schiedsverfahren über eine Klage auf Rückzahlung unberechtigter Entnahmen in den Jahren 2004 und 2005 i.H.v. insgesamt 290.614,69 EUR sowie u.a. auf Auskunft und Rechnungslegung und Auszahlung von 35 % der sich ergebenden Gewinne für die Jahre 2006 bis 2008 auf.

Der von der Antragsgegnerin benannte Schiedsrichter Rechtsanwalt J.S. teilte mit Schriftsatz vom 3.8.2009 an Dr. J. mit, dass seine Benennungen als Schiedsrichter in dieser Angelegenheit von der Antragsgegnerin zurückgenommen worden seien und er der Bitte der Geschäftsführung der K. GmbH entsprochen habe. Mit Schriftsatz vom 22.10.2009 wies er darauf hin, dass er das Amt des Schiedsrichters seit dem 3.8.2009 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausübe. Mit Schreiben vom 6.8.2009 benannte die Antragsgegnerin ggü. dem Antragsteller Dr. R.M. als neuen Schiedsrichter.

Der Antragsteller behauptet, die Antragsgegnerin habe den von ihr zunächst wirksam benannten Schiedsrichter Rechtsanwalt J.S. treu- und rechtswidrig abgesetzt und den neuen, zu ihren Gunsten befangenen Schiedsrichter Dr. R.M. benannt. Der neue Schiedsrichter sei befangen, weil er die Antragsgegnerin bzw. deren Geschäftsführer in einer Vielzahl von Zivil- und Strafverfahren vertreten habe und noch vertrete.

Rechtsanwalt J.S. sei nicht zum Rücktritt vom Schiedsrichteramt berechtigt gewesen. Der Kündigung durch die Antragsgegnerin habe er auch nicht zugestimmt.

Er hält den Wechsel des Schiedsrichters für unzulässig und meint, das Benennungsrecht liege nun in analoger Anwendung des § 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO bei dem KG.

Der Antragsteller beantragt, für die Antragsgegnerin einen Schiedsrichter in dem Schiedsverfahren bezüglich unberechtigter Entnahmen "Pflegestation Dr. N." zu bestellen.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Benennung des Schiedsrichters Dr. R.M. wirksam sei, weil das Benennungsrecht nach dem Rücktritt des Schiedsrichters Rechtsanwalt J.S. an sie zurückgefallen sei.

II. Der Antrag auf Bestellung eines Schiedsrichters für die Antragsgegnerin ist nach § 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO unbegründet, denn die Antragsgegnerin hat bereits wirksam einen Schiedsrichter für das durchzuführende Schiedsverfahrens bestellt.

Das Amt des Schiedsrichters des von der Antragsgegnerin wirksam benannten Schiedsrichters Rechtsanwalt J.S. endete mit dessen Rücktritt, ohne dass es auf einen Rücktrittsgrund ankäme. Denn das Schiedsrichteramt endet auch, wenn der Schiedsrichter ohne oder ohne wichtigen Grund zurücktritt. Dies folgt aus der Regelung des § 1039 Abs. 1 ZPO, wonach bei Beendigung des Amtes eines Schiedsrichters nach den §§ 1037, 1038 oder wegen seines Rücktritts vom Amt aus einem anderen Grund ein Ersatzschiedsrichter zu bestellen ist (vgl. auch Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 1038 Rz. 4; Musielak, ZPO, 7. Aufl., § 1038 Rz. 3).

Die Ersatzbestellung ist gem. § 1039 Abs. 1 Satz 2 ZPO nach den Regeln vorzunehmen, die auf die Bestellung des zu ersetzenden Schiedsrichters anzuwenden waren. Diese ist hier wirksam erfolgt, denn die Antragsgegnerin hat wenige Tage nach dem Rücktritt des ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge