Leitsatz (amtlich)

1. Der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek an dem in Deutschland belegenen Gebäudeeigentum eines ausländischen Staates steht die Staatenimmunität entgegen, wenn der ausländische Staat Wohnungen in diesem Gebäude Diplomaten seiner diplomatischen Mission als Dienstwohnung überlassen hat (Abgrenzung zu BVerfGE 15, 25 und zu OLG Köln, FGPrax 2004, 100 = Rpfleger 2004, 478 = IPRax 2006, 170).

2. Dies gilt auch, wenn diese Nutzung für Zwecke der diplomatischen Mission nicht den überwiegenden Teil des Gebäudes betrifft.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 03.03.2009; Aktenzeichen 86 T 702/08)

AG T/Krzbg (Aktenzeichen Bl. 872 N)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten der eingetragenen Eigentümerin zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 312.774,38 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beteiligte erwirkte vor dem AG S. - Stockholms T. - am 18.12.2002 einen Zahlungstitel gegen die eingetragene Eigentümerin. Aufgrund des Beschlusses des LG Köln vom 8.6.2004 - 3 O 138/04 - ist dem Beteiligten eine Teil-Vollstreckungsklausel gegen die eingetragene Eigentümerin erteilt worden.

Der Beteiligte beantragte bei dem Grundbuchamt, auf dem verfahrensgegenständlichen Gebäudeeigentumsrecht eine Zwangssicherungshypothek über Forderungen aus dem Urteil einzutragen. Das Grundbuchamt lehnte mit Beschluss vom 7.10.2008 den Eintragungsantrag ab, da es eine Nutzung des Gebäudes für hoheitliche Zwecke der eingetragenen Eigentümerin für möglich hielt. Das LG hat die Beschwerde des Beteiligten zurückgewiesen.

II. Das hiergegen gerichtete Rechtsmittel ist gem. §§ 78 ff. GBO a.F. zulässig, insbesondere gem. § 80 GBO a.F. formgerecht von dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten eingelegt worden. Anzuwenden ist gem. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das Gesetz in der bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung, weil das Verfahren durch den vor diesem Zeitpunkt gestellten Antrag des Beteiligten eingeleitet worden ist.

Die weitere Beschwerde ist allerdings unbegründet. Das LG hat ohne Rechtsfehler, auf die die weitere Beschwerde gem. § 78 GBO a.F. i.V.m. §§ 546, 547, 559, 561 ZPO allein mit Erfolg gestützt werden könnte, festgestellt, dass es für eine Vollstreckung in das Gebäudeeigentumsrecht gem. Art. 25 GG i.V.m. dem Grundsatz der Staatenimmunität als allgemeiner Regel des Völkerrechts an der Verfahrensvoraussetzung der deutschen Gerichtsbarkeit fehlt.

Nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts ist die Zwangsvollstreckung gegen einen fremden Staat in Gegenstände dieses Staates ohne seine Zustimmung unzulässig, soweit diese Gegenstände im Zeitpunkt des Beginns der Vollstreckungsmaßnahme hoheitlichen Zwecken des fremden Staates dienen (BVerfGE 46, 342, 392; 64, 1, 40; 117, 141; BGH NJW-RR 2003, 1218; 2006, 198; NJW 2010, 769).

1. Die Würdigung des LG, dass hier eine hoheitliche Nutzung Gebäudes stattfinde, die eine Vollstreckung im Wege der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek hindere, ist im Ergebnis bereits deshalb nicht zu beanstanden, weil in dem Gebäude das Russische Haus der Wissenschaft und Kultur als ausländische Vertretung des Russischen Zentrums für internationale, wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit bei dem Außenministerium der Russischen Föderation betrieben wird. Dieses ist eine Kultureinrichtung der eingetragenen Eigentümerin, mit der diese hoheitliche Zwecke, nämlich die Förderung russischer Kultur in der Bundesrepublik, verfolgt (BGH NJW 2010, 769). Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Russische Haus der Wissenschaft und Kultur (im Folgenden: Russisches Haus) Rechtsnachfolger des Hauses der sowjetischen Wissenschaft und Kultur ist und ob es Inhaber eines von der Regierung der DDR am 27.6.1984 verliehenen Nutzungsrechts geworden ist. Entscheidend ist auch nicht die austauschbare Rechtsform, sondern die Funktion, die das Russische Haus erfüllt (BGH, a.a.O.).

Der Umstand, dass der Beteiligte gegen die Entscheidung des Bundesgerichthofs vom 1.10.2009 (a.a.O.) Verfassungsbeschwerde eingelegt hat, begründet weder die Notwendigkeit noch die Möglichkeit einer Aussetzung des vorliegenden Verfahrens. Mit dieser Verfassungsbeschwerde macht der Beteiligte geltend, die Mietforderung der eingetragenen Eigentümerin gegen einen Gewerbemieter, in die in dem Ausgangsverfahren vollstreckt werden sollte, habe nicht als hoheitlichen Zwecken dienend qualifiziert werden dürfen; bei Forderungen sei nicht auf deren beabsichtigte Verwendung zur Finanzierung hoheitlicher Aufgaben abzustellen, sondern darauf, ob die Forderung selbst dem Finanz- oder dem Verwaltungsvermögen des ausländischen Staates zuzuordnen sei. Außerdem beanstandet der Beteiligte, der BGH sei nicht zur eigenen Entscheidung darüber berufen gewesen, ob die nach Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 46, 342) im Rahmen der diplomatischen Immunität geltende Beweiserleichterung zur Frage der Zweckbestimmung eines Vollstreckungsgegenstands (dort: eines Botschaftskontos) auf den Bereich de...

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