Leitsatz (amtlich)

Ist ein Gebrauchtwagen bei Verkauf bereits drei Jahre und 5 Monate zugelassen und weist dabei eine Leistung von 35.240 km auf, tritt die Bedeutung eines etwaigen Wertverlustes durch die Standzeit von 14 ½ Monaten vor der Erstzulassung insgesamt zurück gegenüber anderen Kriterien, wie insbesondere dem tatsächlichen Erhaltungszustand und der Kilometerleistung. Allein die lange Standzeit vor Erstzulassung führt in einem derartigen Fall nicht dazu, dass ein Sachmangel i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB anzunehmen ist.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 16.07.2010; Aktenzeichen 22 O 48/10)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 16.7.2010 verkündete Urteil der Zivilkammer 22 des LG Berlin wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Berufung war durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherheit einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf den Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 13.12.2010 verwiesen, der im Einzelnen wie folgt lautet:

"Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den in jeder Hinsicht zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

I. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass der Kläger nicht wirksam von dem am 24.7.2009 geschlossenen Kaufvertrag zurückgetreten ist, weil der streitgegenständliche Pkw P.frei von Sachmängeln i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB war, da er bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hatte.

Bei dem verkauften Fahrzeug handelte es sich entsprechend der vertraglichen Vereinbarung um ein gebrauchtes Kraftfahrzeug mit dem Erstzulassungsdatum 23.2.2006 und einem abgelesenen Tachostand von 35.240 km. Zugunsten des Klägers hat das LG als wahr unterstellt, dass das Fahrzeug am 6.12.2004 hergestellt worden ist.

Das LG hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass der Kläger für die Behauptung, ihm sei die Übereinstimmung von Bau- und Zulassungsjahr zugesagt worden, beweisfällig geblieben ist. Soweit sich der Kläger in der Berufungsinstanz zum Beweis dieser Behauptung auf Parteivernehmung bezieht, ist er mit diesem Beweisantritt gem. § 531 Abs. 2 Ziff. 3 ZPO ausgeschlossen. Der Kläger hätte diesen Beweis bereits in der mündlichen Verhandlung am 16.7.2010 antreten können, in der er erstmals behauptet hat, der Verkäufer habe seine Frage, ob Erstzulassungsjahr und Baujahr gleich seien, mit "ja" beantwortet. Der Beklagtenvertreter, der laut Protokoll mit einer Terminsvollmacht gem. § 141 Abs. 3 ZPO versehen war und die Beklagte, deren persönliches Erscheinen angeordnet war, damit wirksam vertreten hat, hat diese Behauptung bestritten. Bei diesem Bestreiten handelt es sich nicht um ein Bestreiten ins Blaue hinein, denn der Beklagtenvertreter hat es hinreichend begründet.

Zutreffend hat das LG in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass der verkaufte Pkw auch dann, wenn er bereits 14 ½ Monate vor der Erstzulassung hergestellt worden sein sollte, den vertraglichen Vereinbarungen entspricht. Der Senat schließt sich den in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des LG, das sich seinerseits im Wesentlichen auf die sehr ausführliche und mit einem nahezu identischen Sachverhalt befasste Entscheidung des OLG Schleswig (NZV 2009, 241) stützt, an. Ist ein Gebrauchtwagen - wie im vorliegenden Fall - bei Verkauf bereits drei Jahre und 5 Monate zugelassen und weist dabei eine Leistung von 35.240 km auf, tritt die Bedeutung eines etwaigen Wertverlustes durch eine Standzeit von 14 ½ Monaten vor der Erstzulassung insgesamt zurück gegenüber anderen Kriterien, wie insbesondere dem tatsächlichen Erhaltungszustand und der Kilometerleistung. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Fahrzeug, da es nach dem 1.10. des Jahres 2004 gebaut worden ist, um ein Fahrzeug des Baujahres 2005 handelt (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rz. 263). Das Fahrzeug weist also genau das Baujahr auf, das nach dem Zeitpunkt der Erstzulassung zu erwarten war (Reinking/Eggert, a.a.O., Rz. 1253, wonach bei einer Erstzulassung im Februar 2004 auf das Baujahr 2003 zu schließen ist).

Zwar hat der BGH (Urt. v. 15.10.2003 - VI ZR 227/02 - veröffentlicht in NJW 2004, 160) zum Neuwagenkauf entschieden, dass ein unbenutztes, als "fabrikneu" verkauftes Fahrzeug nicht mehr fabrikneu und damit mangelhaft ist, wenn zwischen Herstellung des Fahrzeugs und Abschluss des Kaufvertrages ...

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