Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltsvergütung: Festsetzung von Reisekosten bei uneingeschränkter Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn ein auswärtiger Rechtsanwalt im Wege der Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe uneingeschränkt beigeordnet ist, steht für das Vergütungsfestsetzungsverfahren fest, dass seine Reisekosten zum Termin zu erstatten sind.

 

Normenkette

ZPO § 121; RVG §§ 46, 48

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 07.09.2010; Aktenzeichen 139 AR 61/10, 127 F 8313/07)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 7.9.2010 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Das zulässige Rechtsmittel des Bezirksrevisors hat in der Sache keinen Erfolg. Das AG hat mit zutreffender Begründung die Reisekosten des Rechtsanwalts festgesetzt. Die dagegen vom Bezirksrevisor erhobenen Einwendungen rechtfertigen eine abweichende Entscheidung nicht.

Der Senat hält an seiner ständigen Rechtsprechung fest, dass der im Wege der Prozesskostenhilfe bzw. Verfahrenskostenhilfe beigeordnete auswärtige Rechtsanwalt die ihm für die Anreise zum Termin entstandenen Auslagen ersetzt verlangen kann, wenn er dem Beteiligten gem. § 121 ZPO uneingeschränkt beigeordnet worden ist.

Gemäß § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Dieser Grundsatz hat auch für die dem Rechtsanwalt gem. § 46 RVG zu erstattenden Auslagen zu gelten. Daher geht die ganz überwiegende Ansicht in Rechtsprechung und Literatur zutreffend davon aus, dass für das Vergütungsfestsetzungsverfahren bindend feststeht, dass Reisekosten zu erstatten sind, wenn der Rechtsanwalt dem Beteiligten unbeschränkt beigeordnet worden ist (vgl. z.B. OLG Brandenburg MDR 2009, 175; OLG Dresden JurBüro 2009, 368; OLG Nürnberg, MDR 2008, 112; KG MDR 2004, 474; Müller-Raabe in Gerold/Schmidt, 19. Aufl., § 46 RVG Rz. 33; Zöller/Geimer, 29. Aufl., § 121 ZPO Rz. 13).

Der abweichenden Ansicht (OLG Stuttgart FamRZ 2005, 2007; OLG Naumburg MDR 2002, 177; LAG München NZA-RR 2010, 378) kann nicht gefolgt werden. § 121 Abs. 3 ZPO regelt allein die Voraussetzung, unter der ein im Bezirk des Prozessgerichts nicht niedergelassener Rechtsanwalt beigeordnet werden kann. Diese Voraussetzung ist - ebenso wie die übrigen Voraussetzungen für eine Beiordnung - vor einer Beiordnungsentscheidung zu prüfen. Die Ansprüche des Rechtsanwalts, die sich aus einer vom Prozessgericht beschlossenen Beiordnung ergeben, sind nicht in der ZPO, sondern in §§ 45 ff. RVG geregelt. Konsequenz der Minderansicht wäre, dass im Rahmen der Vergütungsfestsetzung z.B. auch zu prüfen wäre, ob die Voraussetzungen des § 121 Abs. 2 ZPO (Erforderlichkeit der Beiordnung) vorlagen. Derartige Prüfungen können im Vergütungsverfahren nicht vorgenommen werden, da zwischen der Beiordnung selbst und deren Rechtsfolgen zu differenzieren ist.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind gem. § 56 Abs. 2 S. 3 RVG nicht zu erstatten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2552326

JurBüro 2011, 94

Rpfleger 2011, 217

AGS 2010, 612

BerlAnwBl 2010, 482

HRA 2010, 11

NJW-Spezial 2010, 764

RVGreport 2011, 118

VRR 2011, 43

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