Leitsatz (amtlich)

1. Da die Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung über Wirtschaftspläne, Jahresabrechnungen und Sonderumlagen in der Einzelabrechnung den zahlungsunfähigen Wohnungseigentümer, bevor dessen endgültiger finanzieller Ausfall feststeht, einbeziehen müssen (BGH v. 15.6.1989 – V ZB 22/88, BGHZ 108, 44 = MDR 1989, 898 = NJW 1989, 3018), können sie nach Feststehen des Ausfalls die insgesamt entstandenen Wohngeldrückstände (im Wege eines „Nachtragshaushalts”) durch Eigentümerbeschluss unter sich aufteilen, und zwar nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel auf die bei Beschlussfassung vorhandenen Wohnungseigentümer und unter Einschluss eines Wohnungseigentümers, der seine Wohnung zwischenzeitlich ersteigert hat und der damit erstmals durch eine solche Sonderumlage belastet wird (vgl. BGH v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, BGHZ 142, 290 = MDR 2000, 21 = NJW 1999, 3713).

2. Für die Nachtrags-Umlage muss die Zusammensetzung der aufgelaufenen Wohngeldrückstände genau nach den zwischenzeitlichen Wirtschaftsplänen und Jahresabrechnungen und auch nach den Wohnungen des zahlungsunfähigen Wohnungseigentümers festgestellt werden (KG v. 19.9.2001 – 24 W 6354/00, WM 2001, 355 = ZWE 2001, 381 = DWE 2001, 117 = KGReport Berlin 2001, 209).

3. Eventuelle zwischenzeitliche Liquiditätsumlagen mit oder ohne den zahlungsunfähigen Wohnungseigentümer sind als vorläufige Verwaltungsmaßnahmen nicht notwendig, aber auch nicht hinderlich für die endgültige Abrechnung der Wohngeldausfälle.

4. Der Ersteigerer ist nur mit seiner Kostenquote an den umgelegten Wohngeldrückständen zu beteiligen. Dem rechtsgeschäftlichen Erwerber brauchen die Rückstände nicht besonders auferlegt zu werden, wenn in der Gemeinschaftsordnung/Teilungserklärung ohnehin die gesamtschuldnerische Haftung von Verkäufer und Erwerber bestimmt ist (BGH v. 24.2.1994 – V ZB 43/93, MDR 1994, 580 = NJW 1994, 2950).

 

Normenkette

WEG § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 5; ZVG § 56 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 190/01)

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II 174/00)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen, das auch über die Gerichtskosten neu zu befinden hat; außergerichtliche Kosten dritter Instanz sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 5.059,61 Euro (9.895,73 DM) festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Wohnungseigentumsanlage wurde durch notarielle Teilungserklärung vom 12.12.1981 begründet. Teilende Eigentümer waren der Geschäftsführer einer GmbH sowie die von ihm vertretene GmbH. In dem Gebäude wurden 22 Wohneinheiten geschaffen. Nach § 5 Abs. 5 der Teilungserklärung haften der Erwerber zusammen mit dem Veräußerer gesamtschuldnerisch für etwaige Rückstände gleich welcher Art. Die Antragstellerin (Beteiligte zu 1)) ist durch Zuschlagsbeschluss in der Zwangsversteigerung seit dem 16.6.1997 Eigentümerin der Einheiten Nr. 5 und 6. Die Antragstellerin ist ferner durch Zuschlagsbeschluss in der Zwangsversteigerung am 30.6.1997 Eigentümerin der Einheit Nr. 13 geworden. Sie verkaufte die Einheit Nr. 13 mit notariellem Kaufvertrag vom 16.12.1999, die Käuferin ist seit dem 4.4.2001 als Eigentümerin im Wohnungsgrundbuch eingetragen.

In den Feststellungen des LG heißt es wörtlich: In der Vergangenheit wurden für die im Eigentum der teilenden Eigentümer stehenden Einheiten Wohngelder kaum bis gar nicht gezahlt. Es entstanden insgesamt Wohngeldrückstände von 93.355,86 DM. Die übrigen Wohnungseigentümer (Beteiligte zu 2)) schlossen die dadurch entstandenen finanziellen Lücken in der Weise, dass die Wohnungseigentümer aus ihren privaten Vermögen weitere Zahlungen an die Gemeinschaft leisteten. Zum 31.12.2000 entstanden dadurch Verbindlichkeiten zwischen den Wohnungseigentümern i.H.v. 152.000 DM; demgegenüber bestehen keine Verbindlichkeiten der Gemeinschaft ggü. Dritten.

Die Verwalterin (Beteiligte zu 3)) lud mit Schreiben vom 17.4.2000 zu der Eigentümerversammlung am 17.5.2000 ein. Soweit in dritter Instanz noch erheblich, wurde unter TOP I.3. mit 10 Ja-Stimmen ohne Nein-Stimmen und ohne Stimmenthaltungen beschlossen und vom Versammlungsleiter verkündet:

„TOP I.3.: Ausbuchung/Finanzierung der Rückstände W.

Die Rückstände der Wohnungen W. gem. Vermögensübersicht werden ausgebucht und sind von den Eigentümern nach Maßgabe der Miteigentumsanteile zu übernehmen. Zur Finanzierung wird eine Sonderumlage i.H.v. 93.355,86 DM beschlossen, die bis zum 15.6.2000 zu zahlen ist.

Eine Verrechnung mit Guthaben gem. Saldenliste ist zulässig.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen 10

Nein-Stimmen ./.

Stimmenthaltungen ./.

Der Beschlussantrag wurde somit angenommen.”

Mit der an diesem Tage auch eingegangenen Antragsschrift vom 16.6.2000 hat die Antragstellerin u.a. beantragt, den Eigentümerbeschluss zu TOP I.3. für ungültig zu erklären. Das AG hat mit Beschluss vom 30.4.2001 den Eigentümerbeschluss vom 17.5.2000 zu TOP I.3. für ungültig erklärt. In der Eigentümerversammlung vom 1.8.2001 wurde zu TOP I.1. d...

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