Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 239/06)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

 

Gründe

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

I. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.

1. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen.

a) Dies ist nicht der Fall, wenn sich das Gericht des ersten Rechtszuges bei der Tatsachenfeststellung an die Grundsätze der freien Beweiswürdigung des § 286 ZPO gehalten hat und das Berufungsgericht keinen Anlass sieht vom Ergebnis der Beweiswürdigung abzuweichen (KG, Urt. v. 8.1.2004 - 12 U 184/02, KGReport Berlin 2004, 269; Senat, Urt. v. 10.5.2004 - 12 U 57/03; vgl. auch KG [22. ZS], KGReport Berlin 2004, 38 = MDR 2004, 533).

§ 286 ZPO fordert den Richter auf, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Das bedeutet, dass er lediglich an Denk- und Naturgesetze sowie an Erfahrungssätze und ausnahmsweise gesetzliche Beweisregeln gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf. So darf er beispielsweise einer Partei mehr glauben als einem beeideten Zeugen oder trotz mehrerer bestätigender Zeugenaussagen das Gegenteil einer Beweisbehauptung feststellen (Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 286 Rz. 13; Senat, Urteil vom 24.9.1998, - 12 U 4638/97; KG, NZV 2004, 355;).

Die leitenden Gründe und die wesentlichen Gesichtspunkte für seine Überzeugungsbildung hat das Gericht nachvollziehbar im Urteil darzulegen. Dabei ist es nicht erforderlich, auf jedes einzelne Parteivorbringen und Beweismittel ausführlich einzugehen; es genügt, dass nach der Gesamtheit der Gründe eine sachentsprechende Beurteilung stattgefunden hat (Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl. 2009, § 286 Rz. 3, 5).

b) An diese Regeln der freien Beweiswürdigung hat das LG sich im angefochtenen Urteil gehalten.

aa) Es hat auf den Seiten 5 ff. des Urteils in sich schlüssig und widerspruchsfrei dargelegt, dass und warum es für bewiesen hält, dass die Klägerin durch einen Anstoß des vom Beklagten zu 2) geführten Fahrzeugs und nicht, wie von den Beklagten behauptet, durch einen Anstoß des von dem Zeugen Weihmann geführten Fahrzeugs zu Fall gekommen ist. Im Rahmen seiner Beweiswürdigung hat das LG den gesamten Prozessstoff gewürdigt und insbesondere dargelegt, dass und warum es der Aussage des Zeugen Weihmann folgt.

bb) Unerheblich ist, dass der Zeuge Weihmann nicht gesehen hat, dass der Transporter die Klägerin berührt hat. Das LG hat auf S. 5 der angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegt, dass bereits aufgrund der beiden medizinischen Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. ... und Prof. Dr. ... sowie dem Rekonstruktionsgutachten des Sachverständigen Dipl-Ing. ... feststeht, dass die Klägerin nicht "von alleine" zu Fall gekommen ist sondern durch den Anstoß eines Fahrzeugs.

cc) Zu Recht hat das LG davon abgesehen, die Beklagten zu 1) und 2) als Partei zu vernehmen. Das Gebot der sog. "Waffengleichheit" rechtfertigt vorliegend eine Vernehmung bzw. Anhörung der Beklagten zu 1) und 2) nicht. Entscheidend für die Notwendigkeit der Parteianhörung ist der Umstand, dass lediglich einer der Parteien ein Zeuge zur Verfügung steht, weil sich nur in ihrem Fahrzeug ein Beifahrer befunden hat, während auf der anderen Seite der im Fahrzeug des Unfallgegners befindliche Fahrer bzw. Halter mitverklagt wird (vgl. LG Berlin MDR 2000, 882; Senat, Urt. v. 9.3.2000 - 12 U 3729/99; zur vergleichbaren Situation eines sog. Vieraugengesprächs, an dem (nur) auf einer Seite ein Mitarbeiter einer Partei beteiligt war: BGH NJW 1999, 363). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Der Zeuge ... stand nicht im Lager der Klägerin. Dass die Beklagten behaupten, der Unfall sei nicht vom Beklagten zu 2) sondern von diesem Zeugen verursacht worden, ist ihm Rahmen der Beweiswürdigung und bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit dieses Zeugen zu berücksichtigen, verpflichtet das Gericht aber nicht, die Beklagten zu 1) und/oder 2) anzuhören bzw. zu vernehmen.

dd) Mit dem Umstand, dass der Sachverständige Dipl-Ing. ... geäußert hat, er halte das von dem Zeugen geschilderte eigene Verhalten nach dem Unfall für "eher untypisch", hat sich das LG auf den Seiten 6 f. der angefochtenen Entscheidung ausreichend auseinander gesetzt.

ee) Der von der Tochter der Klägerin ...

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