Leitsatz

  1. Übertragung einer Wohnung von Eltern an ihre erwachsenen Kinder im Rahmen vorweggenommener Erbfolge gegen Einräumung eines lebenslänglichen, unentgeltlichen Nießbrauchsrechts rechtfertigt keine Verweigerung der Veräußerungszustimmung aus wichtigem Grund
  2. Eine Beschlussfassung ohne hinreichende Versagungsgründe ist insoweit nichtig
  3. Die Eigentümer können die Entscheidungskompetenz zur Frage der Zustimmung durch Beschlussfassung an sich ziehen und sind dann auch die richtigen Antragsgegner eines Antrags auf Zustimmungserteilung
  4. Zur Feststellung einer Hauptsacheerledigung
 

Normenkette

§§ 12, 44 WEG

 

Kommentar

  1. Die Erledigung eines Antrags in der Hauptsache darf vom Gericht nicht von Amts wegen, sondern nur auf entsprechende übereinstimmende oder einseitige Erklärung des Antragstellers einer Beschlussanfechtung festgestellt werden. Ohne eine solche Erledigungserklärung wäre ein in der Hauptsache tatsächlich erledigter Antrag abzuweisen.

    Hat sich im Übrigen ein Antrag bereits in 1. Instanz erledigt, ist eine sofortige Beschwerde nur zulässig, wenn sie auf die Kosten beschränkt wird (h.M.).

  2. Richtiger Antragsgegner eines Verpflichtungsantrags auf Erteilung einer vereinbarten Veräußerungszustimmung ist – wenn nach Teilungserklärung die Veräußerungszustimmung grundsätzlich dem Verwalter obliegt – an sich der Verwalter. Etwas anderes gilt aber, wenn die übrigen Eigentümer – was grundsätzlich zulässig ist – die Erklärungskompetenz an sich gezogen haben (h.M.). Im vorliegenden Fall war hiervon auszugehen, da die Eigentümer über die Erteilung der Zustimmung durch den Verwalter Beschlüsse gefasst haben (wenn auch auf Versagung der Zustimmung).
  3. Ein solcher Beschluss, der gegen die zwingende Gesetzesbestimmung des § 12 Abs. 2 WEG verstößt, ist nichtig, wenn mangels eines wichtigen Verweigerungsgrunds die Pflicht zur Zustimmung besteht (h.M.). Lediglich eine rechtskräftige Abweisung eines Antrags auf Beschlussanfechtung hindert eine spätere Berufung auf etwaige Beschlussnichtigkeit (vgl. § 48 Abs. 4 WEG n.F.; h.M.).
  4. Im vorliegenden Fall bestanden gegen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Erwerber keine begründeten Zweifel. Es ist nicht ersichtlich, dass hier die Kinder der Antragsteller nicht in der Lage wären, im Fall des Erwerbs der Wohnung ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen; der Sohn war bereits approbierter Zahnarzt, die Tochter stand kurz vor dem Abschluss ihrer Ausbildung. Zudem gab es eine Nießbrauchsvereinbarung auf Tragung und ggf. Erstattung aller Kosten durch die übertragenden Eltern. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Erwerber nicht bereit seien, die ihnen obliegenden Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft zu erfüllen, gab es vorliegend nicht.

    Auch eine bloße Antipathie reicht als wichtiger Grund für eine Zustimmungsverweigerung nicht aus (vgl. auch OLG Zweibrücken, ZMR 2006 S. 219, 220 = NZM 2006 S. 144). Um ein konkretes Fehlverhalten in Form von Bedrohungen, Beleidigungen oder sonstigen Übergriffen ging es vorliegend ebenfalls nicht.

 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Beschluss vom 06.08.2009, 16 Wx 133/08 + 134/08, ZMR 2010 S. 55

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