Leitsatz

Keine Haftung des Verwalters aus Verkehrssicherungspflichtigkeit, wenn diese Pflichten seitens der Gemeinschaft auf einen zuverlässigen Hauswart übertragen waren (hier: Pkw-Beschädigung aufgrund defekter Signallampe an einem Tiefgaragentor)

 

Normenkette

§ 27 WEG; §§ 278, 823, 831 BGB

 

Kommentar

  1. Da die Signallampe an einem mit Fernbedienung zu öffnenden Tiefgaragenausfahrtstor nicht korrekt auf Rot schaltete, wurde der Pkw eines Eigentümers bei der Ausfahrt von dem plötzlich schließenden Tor beschädigt. Der Schadensersatzanspruch des geschädigten Eigentümers wurde in II. und III. Instanz vollständig abgewiesen.
  2. Die Verkehrssicherungspflicht obliegt primär den Wohnungseigentümern (BGH, NJW 1996, 2646). Die Eigentümer können allerdings die Verkehrssicherungspflicht mit dessen Einverständnis auf den Verwalter übertragen (so war auch hier im Verwaltervertrag geregelt, dass "der Verwalter im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens alles zu tun habe, was zu einer ordnungsgemäßen Weisung notwendig sei"). Eine solche Vertragsregelung umfasst auch die Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflichten bezüglich des Gemeinschaftseigentums. Dabei kann es bei einer solchen Vertragsregelung dahinstehen, ob sich die Verkehrssicherungspflicht des Verwalters unmittelbar aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 und 3 WEG sowie § 27 Abs. 2 Nr. 4 WEG ergibt (so Horst, MDR 2001, 191) oder ob eine gesonderte Delegation der Verkehrssicherungspflicht auf den Verwalter erforderlich ist (so OLG Frankfurt a.M. v. 4.12.2001, 3 U 93/01, WuM 2002, 619).

    Vorliegend hat der Verwalter seine Verkehrssicherungspflichten allerdings nicht verletzt, sodass auch Ansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 1 BGB gegen ihn nicht begründet sind. Er hat nämlich die Verkehrssicherungspflicht vorliegend auf einen Dritten, den Hauswart, übertragen, sodass ihn lediglich die Pflicht zur Überwachung des Hauswarts trifft. Dabei kann er im Allgemeinen darauf vertrauen, dass der Dritte den ihm übertragenen Verpflichtungen auch nachkommt, solange nicht konkrete Anhaltspunkte bestehen, die dieses Vertrauen erschüttern (BGH v. 22.7.1999, III ZR 198/98, BGHZ 142, 227/233). Vorliegend war nach den rechtsfehlerfrei getroffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des LG der Hauswart (Streithelferin in diesem Verfahren) als leistungsfähige Firma bekannt und hatte im Übrigen seit knapp 8 Jahren übertragene Hauswarttätigkeiten bisher ordnungsgemäß durchgeführt. Für den Verwalter bestand deshalb auch keine Veranlassung, zu überprüfen, ob der Rolltormechanismus (wie im Hauswartvertrag vorgesehen) auch täglich überprüft wurde.

    Die Verwaltung muss sich bei dieser Regelung auch nicht ein eventuelles Fehlverhalten des Hauswarts zurechnen lassen. Eine Zurechnung nach § 831 BGB scheidet schon deshalb aus, weil eine ordnungsgemäße Auswahl erfolgt und eine laufende Überwachung nicht geboten war. Aber auch eine Zurechnung über § 278 BGB kommt nicht in Betracht, da zwischen der Verwaltung und dem Hauswart kein Vertragsverhältnis bestand, da dieser Hauswartvertrag im Namen der Wohnungseigentümer abgeschlossen wurde. Der Hauswart ist deshalb auch nicht in Erfüllung einer Verbindlichkeit des Verwalters tätig geworden, sondern hat die Verkehrssicherungspflicht für die primär verantwortlichen Wohnungseigentümer übernommen; der Verwalter wurde hier nur als Vertreter der Gemeinschaft tätig und haftet damit nicht nach § 278 BGB. Dass der Verwalter mit der Beauftragung des Hauwarts zugleich eigene Verkehrssicherungspflichten auf einen Dritten übertragen hat, ist demgegenüber unerheblich. Die Befreiung von der Verpflichtung zur Vornahme eigener Maßnahmen hat der Verwalter nämlich nicht dadurch erlangt, dass er für sich einen Dritten beauftragt hat, sondern dadurch, dass eigene Maßnahmen des Verwalters nicht mehr erforderlich waren, weil die Wohnungseigentümer selbst (vertreten durch den Verwalter) alles zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht Erforderliche unternommen haben, sodass auch ein weiteres Tätigwerden des Verwalters nicht notwendig war.

 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 08.09.2004, 2Z BR 144/04

Anmerkung

In der Verwalterbranche dürfte dieses Entscheidungsergebnis sicher sehr begrüßt werden, da in vielen Fällen gleiche oder ähnliche Vertragskonstellationen (Verwaltervertrag, Hausmeisterdienstvertrag) existieren. Dennoch kann auch Verwaltern nur dringend angeraten werden, selbst bei bestehenden Dienstanweisungen bzw. Leistungskatalogen in einem Hausmeistervertrag mit einer Gemeinschaft als Arbeitgeber bzw. Auftraggeber doch von Fall zu Fall zu überprüfen, ob auch ein bisher zuverlässiger Hausmeister seine vertraglichen Pflichten korrekt erfüllt und gerade dann stets aufs Neue ordnungsgemäß erfüllt, wenn es vielleicht jahrelang insoweit zu keinerlei Beanstandungen gekommen ist. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der risikobehafteten und gefahrgeneigten Anlagen sowie Einrichtungen des Gemeinschaftseigentums wie z.B. Rolltor, Aufzugsanlage, Heizzentrale, ausreichende Lichtschaltung au...

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