Leitsatz

  • Bei Begründung von Wohnungseigentum durch eine Bauherrengemeinschaft kann keine faktische Gemeinschaft entstehen

    Ein Bauherr kann jedoch in Prozessstandschaft für den Voreigentümer zur Geltendmachung von Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen berechtigt sein, wenn zu seinen Gunsten bereits eine Auflassungsvormerkung eingetragen und ihm die Wohnung übergeben worden ist

    Gestattete Terrassen-Pergola kann nicht in größeren Wintergarten umgebaut werden

    Keine "Aufrechnung" baulicher Veränderungen gegeneinander

    Vorliegend auch Beseitigung von aufgestellten Pflanzkübeln auf gemeinschaftlicher Dachfläche und anderer vorgenommener Veränderungen

 

Normenkette

§ 3 WEG, § 15 Abs. 3 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 43 Abs. 1 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB

 

Kommentar

1. Bei einer begründeten Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 3 WEG(Teilungsvertrag) ist für die Entstehung einer werdenden/faktischen Gemeinschaft kein Raum (vgl. BayObLG, NJW-RR 92, 597/598); diese Gemeinschaft ist nämlich bereits mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher und der Eintragung der Bauherren als Wohnungseigentümer hinsichtlich ihrer Miteigentumsanteile (gemäß Teilungsvertrag) rechtlich in Vollzug gesetzt worden. Ist ein Rechtsnachfolger nicht als Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen und auch noch nicht Mitglied einer faktischen Gemeinschaft, besitzt er auch kein eigenes Antragsrecht i.S.d. § 43 Abs. 1 WEG.

2. Ein Rechtsnachfolger kann jedoch in Verfahrensstandschaft für den Voreigentümer dessen Ansprüche (fremde Rechte) im eigenen Namen geltend machen, soweit er ein eigenes schutzwürdiges Interesse besitzt und entsprechende Ermächtigung durch den Inhaber des Anspruches vorliegt (hier gegeben); das schutzwürdige Interesse ergibt sich bereits aus der für den antragstellenden Rechtsnachfolger eingetragenen Auflassungsvormerkung im Grundbuch und seinem Bezug der fertiggestellten Wohnung (Besitz-, Nutzungs-, Lastenübergang). Im Kaufvertrag war auch ausdrücklich die entsprechende Verfahrensstandschafts-Ermächtigung geregelt.

3. Ist anstelle eines im Aufteilungsplan im Rahmen der Gestaltung einer Dachterrasse vorgesehenen offenen Rankgerüstes (Pergola) ein Wintergarten errichtet worden (mit Mauersockel), stellt dies eine beseitigungspflichtige bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums i.S.v. § 22 Abs. 1 WEG dar, insbesondere dann, wenn der errichtete Wintergarten über die zugewiesene Grundfläche der Pergola hinausreicht.

Ein Anspruch auf Beseitigung einer Beeinträchtigung erstreckt sich, wenn es um die Rückgängigmachung einer baulichen Veränderung geht, auch auf die Wiederherstellung des früheren Zustandes. Durch eigenmächtige Eingriffe verursachte Schäden am Gemeinschaftseigentum sind vom störenden Eigentümer i.Ü. gem. § 823 Abs. 1, § 249 Satz 1 BGB zu ersetzen.

4. Ein zur Beseitigung verpflichteter Eigentümer kann bei anderen vorgenommenen baulichen Veränderungen seinerseits Beseitigungsansprüche geltend machen; eine "Aufrechnung" baulicher Veränderungen gegeneinander kommt nicht in Betracht, kann also einen Störer nicht rechtfertigen (h.R.M.).

5. Vorliegend war auch der Anspruch auf Entfernung von Pflanzkübeln und Pflanztrögen auf gemeinschaftlicher Dachfläche begründet; das Aufstellen solcher Kübel ist zwar keine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums (keine gegenständliche Veränderung), allerdings ein unzulässiger Gebrauch, da hier von über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehenden Beeinträchtigungen auszugehen war ( § 14 Nr. 1 und 2 WEG). Zur Bewässerung und Pflege solcher Pflanzen muss nämlich das gemeinschaftliche Dach betreten werden (vorliegend mit nicht begehbarer Begrünung versehen und damit bestehendem Beschädigungsrisiko).

6. Begründet war auch der Anspruch, außerhalb der Dachterrasse an der Außenmauer der Wohnung des Störers angebrachte Wasseranschlüsse und Elektroleitungen zu beseitigen. Im Fall der Teilung nach § 3 WEG war es auch unerheblich, zu welchem Zeitpunkt diese Maßnahmen vorgenommen wurden. Auch hier war die Antragsgegnerseite Handlungsstörer i.S.d. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB und zur Beseitigung sowie Wiederherstellung des im Aufteilungsplan vorgesehenen Zustands verpflichtet.

7. Auch die Veränderung eines Fensters in eine Tür stellte sich als nachteilige bauliche Veränderung dar, zumal auch ein (unberechtigtes) Hinaustreten auf gemeinschaftliche Dachfläche durch eine Tür weit näher liege als das Übersteigen einer Fensterbrüstung. Die begrünte, nicht begehbare Dachfläche dürfe hier auch nicht genutzt werden. Die errichtete Schiebetüre müsse deshalb wieder beseitigt und neuerlich durch ein Fenster ersetzt werden.

8. Auch das Unterlassen der Benutzung und des Betretens einer gemeinschaftlichen Dachfläche konnte zu Recht gefordert werden, da von einer tatsächlichen Vermutung für die Besorgnis weiterer Beeinträchtigungen auszugehen war. Eine Ausnahme gelte allein für ein Betreten in Erfüllung der mit dieser Entscheidung auferlegten Verpflichtungen (Beseitigung und Wiederherstellung).

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