Die Ausführungen des LSG Berlin-Brandenburg sind auch für den in ZPO-Verfahren tätigen Rechtsanwalt maßgebend, weil in Verfahren vor den Sozialgerichten die Vorschriften der ZPO über die PKH weitgehend entsprechend gelten. Die Ausführungen des LSG geben Anlass, auf einige in der Rspr. vielfach umstrittene Probleme der Entscheidung näher einzugehen.

1. Grundsätzlich kein Beschwerderecht des PKH-Anwalts

Der Rechtsanwalt ist im Verfahren auf Bewilligung der PKH grds. nicht beschwert, so dass seine Beschwerde im Regelfall nicht statthaft ist. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen:

Der auswärtige Anwalt wird ohne oder gegen seinen Willen nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beigeordnet (OLG Naumburg FamRZ 2012, 1160; OLG Celle FamRZ 2011, 1745; siehe auch BGH FamRZ 2007, 37). In diesem Fall ist im Übrigen auch die bedürftige Partei beschwerdeberechtigt (OLG Brandenburg FamRZ 2005, 2005; a.A. OLG Stuttgart FamRZ 2007, 1111).
Die Beiordnung des Rechtsanwalts wird gegen seinen Willen aufgehoben. Auch in diesem Ausnahmefall kann der Anwalt entsprechend § 78c Abs. 3 ZPO hiergegen Beschwerde einlegen (OLG Karlsruhe FamRZ 1996, 1428; OLG Brandenburg FamRZ 2004, 213; a.A. OLG Naumburg FamRZ 2007, 916). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die PKH gem. § 124 ZPO insgesamt aufgehoben wird.

Vorliegend hatte Rechtsanwalt X sich nicht gegen die Aufhebung seiner Beiordnung als solche beschwert, vielmehr hat er lediglich um Klarstellung gebeten, dass der angefochtene Beschl. keine Feststellung eines Verschuldens i.S.v. § 54 RVG enthalte. Das LSG Berlin-Brandenburg hat mit nachvollziehbaren Gründen ein Rechtsschutzbedürfnis für eine derartige Feststellung verneint.

2. Die Auswirkungen eines schuldhaften Verhaltens auf die Vergütung

a) Gesetzliche Regelung

Hat der beigeordnete Rechtsanwalt – hier also Rechtsanwalt X – die Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts – hier der anwaltlichen Betreuerin – durch schuldhaftes Verhalten veranlasst, kann er Gebühren, die auch für den anderen Rechtsanwalt entstehen, gem. § 54 RVG nicht fordern. Da der Rechtsstreit vor dem SG Berlin hier schon knapp zwei Jahre alt war, als die Aufhebung der Beiordnung des Rechtsanwalts X erfolgte, wird dieser wohl bereits die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG verdient haben. Hat vor dem SG bereits ein Verhandlungstermin stattgefunden, kommt noch die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG hinzu. Fallen diese Gebühren oder jedenfalls eine dieser Gebühren der Betreuerin nach ihrer Beiordnung ebenfalls an, führt dies beim Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 54 RVG in diesem Umfang zur Kürzung des Vergütungsanspruchs des Rechtsanwalts X gegenüber der Landeskasse. Die Regelung des § 54 RVG ist somit eine Einschränkung der Bestimmung des § 45 Abs. 1 RVG, nach der der im Wege der PKH beigeordnete Anwalt die gesetzliche Vergütung aus der Staatskasse erhält.

b) Prüfung des Verschuldens

Hat das Prozessgericht schon bei der Beiordnung des neuen Rechtsanwalts eine Einschränkung dahin vorgenommen, dass dieser nur die Gebühren und Auslagen aus der Staatskasse fordern darf, die nicht bereits für den zuvor beigeordneten Anwalt angefallen sind (vgl. hierzu OLG Düsseldorf AGS 2008, 245; dagegen OLG Celle NJW 2008, 2511; OLG Köln FamRZ 2004, 123; OLG Hamm FamRZ 1995, 748), so ist diese Entscheidung für den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (UdG) im Verfahren auf Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung nach § 55 RVG bindend (OLG Düsseldorf a.a.O.). Dieser Fall hatte hier nicht vorgelegen.

Ist die Beiordnung des neuen Rechtsanwalts – wie hier – ohne eine derartige Einschränkung erfolgt, hat der UdG im Festsetzungsverfahren gem. § 55 RVG von Amts wegen zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 54 RVG vorliegen. Da diese Vorschrift nur dann zu einer Kürzung des Vergütungsanspruchs des Rechtsanwalts führen kann, wenn dem neu beigeordneten Anwalt dieselben Gebühren und Auslagen angefallen sind, kann diese Prüfung sinnvollerweise erst nach Beendigung der Tätigkeit des neu beigeordneten Rechtsanwalts – hier der Betreuerin der Kl. – erfolgen.

c) Schuldhaftes Verhalten

Die Kürzung des Vergütungsanspruchs des beigeordneten Rechtsanwalts, dessen Beiordnung aufgehoben ist, kommt nur dann in Betracht, wenn er durch sein schuldhaftes Verhalten die Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts veranlasst hat. Hierbei genügt einfaches Verschulden.

Ein solches schuldhaftes Verhalten kann einmal darin liegen, dass der Anwalt vor seiner Beiordnung nicht auf Umstände hingewiesen hat, die dazu führen, dass er in dem Verfahren, in dem er beigeordnet worden ist, seine Tätigkeit nicht zu Ende bringen kann. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn der beigeordnete Rechtsanwalt dem Familiengericht nicht mitgeteilt hat, dass er vor Jahren bereits in einer Familiensache die Gegenpartei vertreten hat (siehe den Fall des OLG Oldenburg Rpfleger 1968, 314).
Ein schuldhaftes Verhalten des beigeordneten Rechtsanwalts kann auch darin liegen, dass er die Beiordnung eines anderen Anwalts durch späteres Ve...

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